Nach wie vor ist die Knappheit an Neuwagen das große Problem im deutschen Neuwagenmarkt. Ein Effekt sind weiter steigende Nettopreise, sprich die Neuwagen Nachlässe werden immer weniger. Der Effekt trifft besonders auf Elektroautos zu, wie der neue CAR Auto-Report zeigt. Zusätzlich steigen die Lieferzeiten im Auto-Abo-Marktsegment für vollelektrische Neuwagen weiter an, während bei Verbrennern und und Plug-IN Hybriden der Anstieg der Lieferzeiten weniger beobachtbar ist.
Das Elektroauto wird knapper und teurer. Insgesamt sind die Preissteigerungen im Automarkt deutlich höher als die offziellen Daten, etwa des statistischen Bundesamtes, zeigen. Hauptgrund: Die amtliche Statistik konzentriert sich auf die Entwicklung der Listenpreise und nicht der Nettopreise, die Rabatte und Incentives mit berücksichtigt. Ausgrechnet bei Rabatten und Incentives gibt es die größten Verschiebungen. Autos werden auch in den nächsten Monaten deutlich teurer, denn die Autobauer werden Materialpreissteigerungen mit in die Listenpreisrunden aufnehmen. Die Inflation ist im Automarkt angekommen und Inflations-Gewinner sind derzeit die Autobauer.
Abb. 1 zeigt die Entwicklung des CAR-Auto-Index. Zwar liegt nach den Indexwerten eine leichte Steigerung auf 121 Punkte im Mai vor, das sind aber statistische Sondereffekte, die ein falsches Bild vermitteln. Ein Grund des leichten Anstieg beim Index ist die leicht gestiegene Anzahl von Abo-Angeboten. Die gestiegene Zahl der Abo-Angebote kommt allerdings nur durch die Angebote einer Plattform – des Anbieters Faaren - zustande. Die Angebote sind nahezu volligständig Händerangebote mit zum Teil sehr schlechten Preis-Wert-Verhältnissen. Es wird der Eindruck vermittelt, dass einzelne Händler aus der Knappheit mit hohen Preisen zusätzlichen Profit schlagen wollen. Das zeigt Abb. A1 im Anhang. Ein zweiter wichtiger Grund für den leichten Anstieg bei CAR-Auto-Index ist die leicht gestiegene Eigenzulassungsquote auf 24,1% wie in Abb. 1. Dieser Effekt kommt zu großen Teilen dadurch zustande, dass im Monat April 2022 ein Minus von 22% bei den Pkw-Neuwagenzulassungen zu beobachten war. Bei wenig Neuwagenzulassungen machen sich Eigenzulassungen für Dienst- und Vorführwagen natürlich stärker im Eigenzulassungsanteil bemerkbar. Damit ist auch die leicht gestiegene Quote der Eigenzulassung ein Sondereffekt, der bei einer Gesamtbetracchtung des Marktes berücksichtigt werden muss.
Damit bleiben im Monat Mai als wichtige Preis-Effekte die Rückgänge bei den Internet- Rabatten bei Eletroautos (BEV) und Plug-In (PHEV). In diesen Rabatten und Nettopreisen sind die staatlichen Prämien für Elektroautos und Plug- IN Hybride berücksichtigt. Daher die hoch erscheinden Internet-Rabatte von 26,9% bei beiden Fahrzeug-Kategorien. Nimmt man also den deutlichen Rückgang von 0,9% in Abb. 1 bei beiden Gruppen als Maßstaab, kann man auch im Mai von deutlichen Erhöhungen der Nettopreise sprechen. Also Autos – sprich BEV und Plug-In - wurden auch im Mai erneut teurer.
Elektroautos mit größten Netto-Preissteigerungen
Elektroautos sind derzeit für Autokäufer besonders kanpp und erneut teurer geworden. Das zeigt der Vergleich der Internet-Rabatte zwischen den 30 meistverkauften Verbrenner und jeweils Top 15 BEV und Plug-IN in Abb. 2. In Abb. 2 wurden die staatlichen Prämien bei Plug-In und vollelektrischen Neuwagen „herausgerechnet“. Berücksichtigt wurde allerdings der Herstelleranteil an der staatlichen Elektroautoprämie. Während im Mai die BEV lediglich mit 9,8% Nachlass bei Herausrechnung des staatlichen Anteils der Umweltprämien angeboten wurden waren es bei Plug-In und Verbrenner jeweils 16,1% bzw. 16,3% Discount. Dabei wurde im Mai der durchschnittliche Verbrenner mit 25.837 Euro, der BEV mit 41.864 Euro und der Plug-In mit 46.094 Euro angeboten.
Einschätzungen zum Chipmangel bei CAR Symposium
Nach Einschätzungen des Europapräsidenten des großen Halbleiterproduzenten Qualcomm beim CAR Symposium, aber auch deutscher Premiumhersteller, erwartet man in der zweite Jahreshälfte eine leichte Verbesserung der Lage. Aussagen über stabile Lieferketten lassen sich danach allerdings nicht machen. Die Lieferketten bleiben fragil aufgrund der Unsicherheit über möglich Covid-Lockdowns in China. Neben den Halbleitern ist man bei Elektroautos stark auf Lithium-Batterie-Zellen aus China angewiesen. Auch bei der Versorgung von Lithium-Ionen-Zellen besteht ein deutlicher Engpass. Also kann man davon ausgehen, dass Elektroautos auch in den nächsten 18 Monaten knapp und teurer bleiben. Eine Absenkung der staatlichen Umweltprämie für Elektroutos, wie vom grünen Wirtschaftsminister Habeck geplant, birgt damit das höhere Risiko, dass der Schwung beim Elektroauto in Deutschland „unter die Räder“ kommt. Mit den von der OPEC jetzt erhöhten Förderquoten für Rohöl kann man in einigen Monaten mit besseren Spritpreisen rechen. Der Verbrenner wird damit preiswerter und das Elektroauto teurer. Wer jetzt die Prämien herausnimmt muss mit einem zusätzlichen negativen Preisseffekt für das Elektroauto rechnen. Hohe Nettopreise und lange Lieferzeiten bei Elektroautos sind nicht unbedingt eine Motivation zum Umstieg.
Wie die Lieferzeiten aussehen, zeigt für das Auto-Abo-Segment die Abb.3. Deutlich erkennbar die erneut im Mai gestiegenen Lieferzeiten für BEV. Im Mittel hat das Abo-Auto im Mai eine Lieferzeit von 10 Wochen. Es gilt die Regel, je kürzer die Lieferzeitzeit, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto von einem Autohändler in das Abo-System eingespiet wurde, und damit umso höher der Preis, sprich schlechter das Wert-Preis-Verhältnis. Das Beispiel der Auto-Abo-Plattform Faaren zeigt, dass Händlerangebote nach unserer Einschätzung zum Teil deutlich „überteuert“ angeboten werden. Der ein oder andere Händler nutzt die knappe Verfügungbarkeit zu kräftigen Preisaufschlägen aus.
Auto-Abos können faire Zwischenlösung sein
Ein Großteil der Auto-Abo-Angebote ist trotz des engen Angebotsumfeld mit sehr gutem Preis-Wert-Verhältnis ausgestattet. Das zeigt die Abb. 4
Auto-Abos mit Car-Abo-Faktoren bis zu 1,8% etwa schneiden oft deutlich besser in ihrem Preis-Wertverhältnis ab als der konventionelle Kauf oder das konventionelle
Leasing. Das zeigt Abb. 4. Der Interessent sollte aber auf jeden Fall die Preiswürdigkeit des einzelnen Angebots – etwa durch Bestimmung des Car-Abo-Faktors – sich anschauen. Es gibt auch beim Car-Abo schwarze Schafe, welche die derzeitige Angebotsschwäche unverfroren ausnutzen.
Fazit:
Der deutsche Automarkt leidet auch im Mai extrem am knappen Angebot. Die Nettopreise sind weiter gestiegen. Aufgrund höherer Materialpreise kann man davon ausgehen, daß bei den regulären Preisrunden der Autobauer in den nächsten Monaten auch mit einem stärkeren Anstieg der Listenpreise zu rechnen ist. Die vom statistischen Bundesamt ausgewiesenen Preissteigerungsraten für Neuwagen lassen den Effekt der reduzierten Incentives außer acht, und geben daher nur ein Teilbild der Preis-und Inflations-Realität im deutschen Automarkt wider. Die größten Netto-Preissteigerungen treten bei den vollelektrischen Neuwagen auf. Da die OPEC sich auf größere Öl-Fördermengen verständigt hat, ist im Laufe des Jahres mit sinkenden Spritpreisen zu rechnen. Damit werden Verbrenner attraktiver. Die Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, auch die Umweltprämie für vollelektrische Neuwagen zu senken bergen daher das Risiko, dass dem Elektroauto in Deutschland der Schwung genommen wird. .. und das ausgerechnet von einem grünen Minister.