Politik

EU lehnt Gesetz zum Schutz von Whistle-Blowern ab

Die EU hat einen europaweiten, einheitlichen Schutz von Whistle-Blowern abgelehnt. Während sich die Politiker um einen Foto-Termin mit Edward Snowden reißen, leben Whistle-Blower in einigen EU-Staaten im rechtsfreien Raum.
01.11.2013 01:30
Lesezeit: 1 min

Die Europäische Kommission hat kein Interesse, Whistleblower zu schützen. Vergangene Woche wurde eine dementsprechende Anfrage abgewiesen. Mitglieder des Europaparlaments stellten einen Kriminalitätsbericht vor, der ein EU-weites Gesetz zum Schutz von Informanten fordert. Dieser sollte in der europäischen Menschenrechtskonvention verankert werden.

Doch während die EU Staubsauger (hier) und Klobrillen (hier) reguliert, kämpfen Whistle-Blower in einigen Staaten auf verlorenem und gefährlichem Posten (jüngstes Beispiel aus Deutschland - hier).

Vier bis fünf Prozent des BIP der Europäischen Union versickert in Korruption, so die Einschätzung des konservativen italienischen Abgeordnete Salvatore Iacolino, der den Bericht koordinierte (mehr hier). Der Kampf gegen Korruption ist ohne Whistleblower schwer zu gewinnen (hier).

Cecilia Malmstrom, EU-Kommissarin für Inneres, teilte den Abgeordneten nun mit, die Kommission habe keine Absichten, ein solches Gesetz einzuführen. Schutzbestimmungen für Informanten wären bereits national geregelt. Neue Rechtsvorschriften zur Definition von Korruption wären nicht notwendig, wird sie vom EUObserver zitiert.

Die Regelungen unterscheiden sich stark in den einzelnen Mitgliedsstaaten. SPD, Grüne und die Linke haben im vergangenen Jahr vorgeschlagen, Whistleblower-Gesetze zu stärken. Das wurde von der schwarz-gelben Regierung abgeschmettert.

In Deutschland herrscht eine sogenannte „Treuepflicht“ zum Arbeitsgeber. Jemand, der Verstöße bemerkt, die auf den „ersten Blick keine Straftaten sind“, muss seinen Arbeitsgeber auf das Fehlverhalten hinweisen, bevor er zur Polizei oder in die Medien geht. Erst wenn der Arbeitgeber nicht oder nicht ausreichend reagiert, kann der Staatsanwalt informiert werden, heißt es im Deutschen Arbeitsrecht.

In Großbritannien gibt es europaweit die umfangreichsten Gesetze für Hinweisgeber. Seit 1998 werden fast alle Beschäftigten im privaten und öffentlichen Sektor vor Strafverfolgung geschützt.

In Rumänien und Slowenien werden Whistleblower nur geschützt, wenn sie im öffentlichen Dienst arbeiten.

Ungarn hat zwar ein Whistleblower-Gesetz, aber keine Behörde, die es umsetzt.

Frankreich hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, um Hinweisgeber zu den Themen öffentliche Gesundheit und Sicherheit zu schützen.

In den Niederlanden und Irland liegen Gesetzesentwürfe in den jeweiligen Parlamenten. Dänemark und Griechenland haben ebenfalls nur Gesetzesentwürfe angekündigt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...