In Pakistan bahnt sich eine schwere politische und wirtschaftliche Krise an. Beobachtern zufolge dürfte auch ein durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) in der vergangenen Woche vergebener Not-Kredit in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar daran nichts ändern, berichtet die Financial Times.
Infolge des Notkredites erhöht sich das Volumen des 2019 beschlossenen Kredit-Pakets des IWF für Pakistan von ursprünglich 6 auf über 7 Milliarden Dollar.
Für die Gewährung dieser Kredite fordert der IWF jedoch Gegenleistungen, die nun massive gesellschaftliche Probleme in Pakistan ausgelöst haben. So musste die Regierung bestehende Subventionen für Treibstoff und andere Energieträger abschaffen, was zu einer sprunghaften Verteuerung führte. Diese treibt nun die ärmeren Bevölkerungsschichten auf die Straße.
Der zunehmende Unmut ist politisch bedeutsam, weil erst im April der langjährige Präsident Imran Khan abgesetzt wurde und seitdem an einem Comeback arbeitet. Am Sonntag konnte Khans Partei im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Punjab einen Sieg erringen.
Rupie sackt ab
Infolge der Krise hat die pakistanische Rupie einen Allzeit-Tiefstand beim Wechselkurs zum Dollar markiert. 229 Rupien hatten am Montag nur noch den Wert von einem Dollar, wie Daten der Zentralbank zeigen. Der dazugehörige Kurseinbruch von 7,6 Prozent war der stärkste seit Oktober 1998.
Die Kurse pakistanischer Staatsanleihen sanken in den vergangenen Wochen ebenfalls deutlich.
Pakistans Zentralbank hatte den Leitzins vor einigen Tagen deutlich um 125 Basispunkte auf jetzt 15 Prozent angehoben, um der Kapitalflucht ausländischer Investoren entgegenzuwirken. Offiziellen Angaben zufolge beträgt die Geldentwertung derzeit 21 Prozent.
Die US-Ratingagentur Fitch stufte den Ausblick zur Bonität des Landes kürzlich auf „negativ“ herab und gab als Grund eine „signifikante Verschlechterung von Pakistans Liquiditätsposition und Finanzierungsbedingungen“ an. Fitch zufolge seien die Devisenreserven des südasiatischen Landes im Juni auf rund 10 Milliarden Dollar zusammengeschmolzen, nachdem sie im Juni des Vorjahres noch um 16 Milliarden Dollar gelegen hätten.
Sri Lanka kämpft mit Unruhen
Pakistan ist das zweite Land in der Region, das vor ernsten Problemen steht. In Sri Lanka hatte ein massives Aufgebot von Sicherheitskräften am vergangenen Freitag das wichtigste Protestlager von Regierungsgegnern beim Präsidentenbüro gestürmt und aufgelöst. Beim Einsatz von rund 1000 Polizisten und Soldaten wurden nach Polizeiangeben neun Menschen festgenommen und später auf Kaution wieder freigelassen. 14 verletzte Protestler seien nach der Razzia in das National Hospital eingeliefert worden, sagte ein Sprecher.
Der Protest der Menschen richtet sich unter anderem gegen den neuen Präsidenten Ranil Wickremesinghe, der wenige Stunden zuvor vereidigt wurde. Sie sehen in ihm einen Vertreter der Machtelite um den nach beispiellosen Massenprotesten ins Ausland geflüchteten Ex-Präsidenten Gotabaya Rajapaksa. Sri Lanka steckt in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise, für die Menschen ein Missmanagement der politischen Führung verantwortlich machen.
Als neuer Regierungschef wurde am Freitag das langjährige Mitglied der Regierungspartei, Dinesh Gunawardena, gemeinsam mit 17 Ministern vereidigt. Der 73-jährige Gunawardena war zuvor vom neuen Präsidenten ernannt worden. Auch der neue Premier gilt als langjähriger loyaler Anhänger des geflüchteten Ex-Präsidenten.
Zum Zeitpunkt der Razzia waren nach Polizeiangaben rund 200 Menschen anwesend. Einsatzkräfte rissen Zelte und Banner beim Präsidentenbüro nieder und errichteten Barrikaden. Einige Protestler versammelten sich rund 100 Meter weiter weg vom Hauptprotestort. «Wir werden in der Gegend bleiben, wo wir kampieren», sagte Protester Senadhi Guruge der Deutschen Presse-Agentur. Am Freitag demonstrierten zudem nach Polizeiangaben rund 400 Menschen in der Hauptstadt.
Das gewaltsame Vorgehen gegen die Protestierenden könnte Verhandlungen des stark verschuldeten Landes mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) beeinträchtigen. Sri Lanka hat angesichts der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten auch beim IWF um Kredite gebeten.
Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern galt einst als neues Singapur, als aufstrebendes Land mit einer wachsenden Mittelklasse. Inzwischen müssen die Menschen tagelang bei Tankstellen anstehen, um Benzin oder Diesel zu erhalten. Regelmäßig fällt der Strom aus. Gas zum Kochen und Medikamente fehlen, die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren. Wegen des Treibstoffmangels und dadurch Transportproblemen waren zuletzt auch viele Schulen und Büros geschlossen.
Die Gründe für die Krise sind vielfältig: Misswirtschaft und Korruption spielen eine Rolle, aber auch die Folgen der Corona-Pandemie, die vor allem den wichtigen Tourismus-Sektor hart getroffen haben. Ein striktes Düngemittel-Verbot hat zudem dazu geführt, dass die Nahrungsmittelproduktion einbrach.