Unternehmen

Lebensmittelbranche: Rosenkrieg zwischen Händlern und Industrie

Der Einzelhandel hat nicht nur gegen die verschiedenen Krisen anzukämpfen, sondern sieht sich auch gegenüber der Industrie in die Defensive gedrängt.
Autor
07.08.2022 09:59
Lesezeit: 2 min
Lebensmittelbranche: Rosenkrieg zwischen Händlern und Industrie
Zwischen Lebensmittel-Händlern und der Lebensmittel-Industrie ist das Verhältnis zur Zeit sehr angespannt. (Foto: dpa) Foto: Soeren Stache

Ein Kampf mit harten Bandagen: Der Einzelhandel wie auch die Ernährungsindustrie kämpft derzeit mit allen Mitteln gegen die Krise an. Ob Corona, Lieferketten-Probleme, Inflation, Energiekrise oder Mieterhöhungen: Die Hiobsbotschaften scheinen nicht abzureißen. Und: Die einzelnen Verbände schlagen zwar Alarm, aber die gesendeten Warnsignale werden von der Politik kaum erhört. Zuletzt hat sich auch noch das Kaufverhalten der Kunden verändert. Sie wenden sich vermehrt Eigenmarken zu und überlegen es sich genau, was sie einkaufen.

Deshalb ist es weiter auch nicht verwunderlich, dass die Konflikte zwischen Einzelhändlern und der Lebensmittelindustrie immer stärker anschwellen, und mit Sorgenfalten auf der Stirn – zumindest im begrenzen Maße – aufeinander losgehen.

REWE geht in die Offensive

So wirft die Rewe Group der Industrie vor, die Inflation anzuheizen, indem viele Preiserhöhungen übertrieben seien, und die Lebensmittelhersteller in Deutschland mehr als in anderen Ländern verlangten.

Hans-Jürgen Moog, Einkaufschef der REWE Group sagte in einem Interview mit der Lebensmittelzeitung (LZ): "Viele Lieferanten wollen die aktuelle Situation ausnutzen, um ihre Gewinne zu maximieren.“ Mit Preiserhöhungen, die über dem Niveau der Kostensteigerungen liegen, würden Teile der Industrie die ohnehin schon hohen Inflationsraten weiter nach oben treiben.

Zudem lägen bei der Rewe Group momentan in Deutschland eine ganze Reihe von Preiserhöhungen auf dem Tisch, die es international nicht gibt. Auch sei es die Regel, dass der deutsche Konsument von den Konzernen als Erster und am stärksten abkassiert wird. Beispielhaft führte Moog an, dass derselbe Hersteller in Frankreich eine Preiserhöhung von 6 Prozent vorgelegt habe und in Deutschland 30 Prozent, obwohl die gleichen Rohstoffe genutzt werden und die Produkte aus denselben Produktionsstätten stammen.

Die Rewe Group liegt Branchenberichten zufolge bereits seit einiger Zeit mit dem Cerealien-Produzenten Kellogg im Clinch. Außerdem haben mittlerweile mehrere internationale Konsumgüterhersteller wie Nestlé, Unilever und Danone mit guten Zahlen für das erste Halbjahr 2022 den Handel irritiert. Trotz der aktuell widrigen wirtschaftlichen Umstände stiegen die Ergebnisse teilweise sogar im zweistelligen Prozentbereich.

Edeka droht mit Klage

Einen anderen Weg schlägt hingegen Edeka ein. Der Lebensmittel-Einzelhändler mit Sitz in Hamburg beklagt nicht die Preissteifgerungen, sondern fordert die Industrie zu einer Rückkehr zu Lieferquoten auf Vorkrisenniveau auf, andernfalls droht Edeka von der Industrie Strafzahlungen zu verlangen.

Und: Zu allem Überfluss leiden Supermärkte derzeit auch noch unter Personalengpässen, obwohl viele ehemals in der Gastronomie tätige Arbeitnehmer in die Einzelhandelsbranche abgewandert sind.

Aber hohe Krankenstände, Urlaubszeit und eine ohnehin schon dünne Personaldecke machten den Supermärkten zu schaffen. Im Bedienthekenbereich komme es bereits in einzelnen Filialen zu Einschränkungen. Deshalb werde verstärkt nach alternativen Lösungen gesucht.

Vorneweg marschieren dabei die trotz Krise expandierenden Discounter. So hat zum Beispiel Aldi kürzlich eine Filiale ohne Kassierer in der holländischen Stadt Den Haag eröffnet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...