Mit Zuversicht der Krise trotzen: Während die verschiedenen Verbände Deutschlands ob der Energiekrise seit längerem Alarm schlagen, blickt der größte Chemiekonzern der Welt mit Hauptsitz in Ludwigshafen ohne in Panik zu verfallen in die Zukunft. Mit ein Grund: Der mit Abstand größte Erdgasverbraucher Deutschlands kann auf mehrere Standbeine zählen.
„Natürlich ist das Unternehmen“ so BASF-Pressesprecherin Daniela Rechenberger, gegenüber den DWN „von den Mehrkosten beim Erdgas betroffen“, und weist darauf hin, dass der Chemiekonzern sein Gas ausschließlich von westeuropäischen Lieferanten beziehe.
Das Öl- und Gasgeschäft von Wintershall Dea
Allerdings: BASF ist auch zu 72,2 Prozent an Wintershall Dea mit Hauptsitz in Kassel beteiligt. Das ist ein Öl- und Gas-Förderungsunternehmen, das unter anderem im Nahen Osten, Südamerika, und in Russland tätig ist. Dort erzielt es die Hälfte seiner Erlöse. Allein im laufenden Jahr hat das Unternehmen, das sein Geschäft wohl auch derzeit noch in Russland weiterführt, Öl und Gas im Wert von rund 14 Milliarden Euro nach Deutschland transportiert.
Und: Vor allem dank des Öl- und Gas-Geschäfts von Wintershall hat BASF im zweiten Quartal erneut überraschend hohe Gewinne verbucht. So lag das operative Ergebnis zwischen April und Juni bei 2,34 Milliarden Euro und damit fast so hoch wie im ersten Quartal und sogar deutlich höher als im vergangenen Jahr.
Das, obwohl sich die Mehrkosten aufgrund der gestiegenen Erdgaspreise für die europäischen BASF-Standorte gegenüber dem Vorjahresquartal 2021 im zweiten Quartal 2022 auf 800 Millionen Euro erhöht haben. Im Vergleich mit dem zweiten Quartal des Jahres 2020 lag der Anstieg bei einer Milliarde Euro. Aber: „Um diese höheren Kosten abzufedern, hat BASF Preiserhöhungen vorgenommen und wird dies auch weiterhin tun“, so Rechenberger.
Hoher Gasverbrauch
Der Konzern hat am Standort Ludwigshafen einen so hohen Gasverbrauch, weil der Rohstoff zur Hälfte als reine Hitzewelle genutzt wird. Dazu gehört zum Beispiel der Steamcracker oder die Acetylen-Anlage. Zur anderen Hälfte werden Produkte mit dem Rohstoff Gas produziert. „Jedoch versucht das Unternehmen das Gas, das ausschließlich für die Energieerzeugung gebraucht wird, durch erneuerbare Energien zu ersetzen“, sagt Rechenberger.
Kurz erklärt: Beim Steamcracken, auf Deutsch Dampf spalten, wird Naphtha aufgespalten. Die Acetylen-Anlage hingegen dient der Verarbeitung von Acetylen. Das ist ein bedeutender Ausgangsstoff für Produkte wie Kunststoff, Arzneimittel, Lösemittel, Elektrochemikalien oder Textilfasern.
In Ludwigshafen glaubt niemand an eine Abstellung oder energiebedingte Drosselung der Produktion. Und: „Bei 50 Prozent des maximalen Erdgasverbrauches,“ meint Rechenberg, „kann der Standort immer noch mit reduzierter Last weiterbetrieben werden.“ Erst wenn die Versorgung dauerhaft unter 50 Prozent sinken würde, müsste die BASF das Werk herunterfahren, was erhebliche Folgen für das Unternehmen, die Kunden und die Mitarbeiter hätte.
Gas vom freien Markt
Aber solange nicht die Notfallstufe Gas eintrete, und sich das Unternehmen das nötige Gas direkt auf dem freien Markt beschaffen könne, sehe man zuversichtlich in die Zukunft. Sollte es jedoch zu einer Zuweisung der Bundesnetzagentur kommen, würde man zumindest davon ausgehen, dass Teile der Produktion zur kritischen Infrastruktur gezählt würden.
Grundsätzlich hat sich der Chemieriese, der sich den Vorwurf gefallen lassen muss, über die Rekordgewinne von Wintershall Dea auch die russische Kriegskasse zu füllen, ziemlich ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt.
Die Klimaziele des Konzerns
So will der Konzern bis 2030, 100 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbarer Energie generieren. Derzeit sind es noch bescheidene 16 Prozent.
Auch soll im nächsten Jahr die zusammen mit dem schwedischen Energieunternehmen Vattenfall gebaute Offshore-Windparkanlage in der niederländischen Nordseeküste vollständig in Betrieb gehen. Es ist mit einer installierten Gesamtleistung von 1,5 Gigawatt die weltgrößte Anlage dieser Art. BASF selbst investierte dabei mehr als eine Milliarde Euro.
Im Jahr 2050 dann will das Unternehmen so weit sein, im Rahmen seiner Emissionsminderungsziele kein Kohlenstoffdioxid (Co2) mehr in die Umwelt auszustoßen.
BASF beschäftigt weltweit rund 111.000 Mitarbeiter und betreibt sechs Verbundstandorte und 232 Produktionsstandorte in 90 Ländern in Afrika, Asien-Pazifik, Europa, den Mittleren Osten, und in Nord- und Südamerika.