Der registrierte Füllstand der deutschen Gasspeicher hat sich dem ersten Speicherziel von 75 Prozent weiter angenähert. Wie am Freitag aus vorläufigen Daten der europäischen Gasspeicherbetreiber im Internet hervorging, waren die Speicher am Mittwochmorgen zu 74,4 Prozent gefüllt. Das waren etwa 0,6 Prozentpunkte mehr als am Vortag.
Der Füllstand wird immer erst zwei Tage später gemeldet. In den ersten zehn Augusttagen stieg der Füllstand im Schnitt jeden Tag um 0,53 Prozentpunkte. Es ist also möglich, dass seit Mittwochmorgen bereits so viel weiteres Gas eingespeichert wurde, dass die 75-Prozent-Marke bis Freitagmorgen bereits überschritten wurde - trotz der seit Wochen deutlich reduzierten Liefermengen aus Russland.
Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. September zu mindestens 75 Prozent gefüllt sein müssen. Am 1. Oktober sollen es mindestens 85 Prozent und am 1. November mindestens 95 Prozent sein. Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit eine Art Puffersystem für den Gasmarkt.
Der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden war am Mittwoch zu 52,3 Prozent gefüllt. Seit einigen Wochen kommen dort täglich rund 0,8 Prozentpunkte hinzu. Auf den Speicher entfallen allein rund 18 Prozent der deutschen Speicherkapazität.
Verbände: Bundesregierung tut zu wenig fürs Energiesparen
Die Bundesregierung tut aus Sicht mehrerer Verbände deutlich zu wenig, um den Energieverbrauch zu drosseln und Energie effizienter zu verbrauchen. "Die Bundesregierung hinkt ihren eigenen Zielen nicht nur hinterher, sie handelt ihnen sogar zuwider", bemängelte der geschäftsführende Vorstand des Branchenverbands Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff), Christian Noll, am Freitag in Berlin. Wie schon die schwarz-rote Vorgängerregierung konzentriere sich auch die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zu einseitig auf die Quellen von Energie und zu wenig auf den Verbrauch.
Das kritisierte auch der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert. Zudem brauche es nicht nur Anreize und Appelle, sondern auch staatliche Vorgaben. Ein befristeter Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus sei eine "absolut rechtlich unsichere Scheinlösung", warnte Niebert. Diese trügen nur sechs Prozent zur deutschen Stromversorgung bei - wenn das Brennmaterial länger genutzt würde, sänke dieser Wert auf etwa drei Prozent. Einsparungen in der gleichen Größenordnung ließen sich etwa erzielen, wenn man alle unbenutzten Elektrogeräte nicht mehr in den Standby-Betrieb schicken, sondern ausschalten würde.
Die Energiesparkampagne der Bundesregierung kritisierte Noll als "halbherzig". Sie werde angesichts erneuter Förderkürzungen bei Programmen im Gebäudebereich zudem ad absurdem geführt. Thomas Engelke, Energie- und Bauexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, erklärte, sein Verband unterstütze die Kampagne zwar weiter, sie gehe aber nicht weit genug und sei zu wenig präsent.
Engelke forderte mit Blick auf die ab Oktober greifende Gasumlage auch weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger: "Wir brauchen ein weiteres Hilfspaket, das spätestens zu Beginn der Umlage am Start sein muss." Die Umlage soll Gasimporteuren zugute kommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende Gasmengen aus Russland kaufen müssen, diese Mehrkosten aber bisher nicht weitergeben können. Er rechne dadurch mit Zusatzkosten von 300 bis über 1000 Euro für einen Privathaushalt mit durchschnittlichem Gasverbrauch, sagte Engelke.
Der Geschäftsführer des Energieberaterverbands GIH, Benjamin Weismann, erklärte, die Bundesregierung veranstalte einen "Wärmepumpen-Hype". Diese Geräte seien zwar wichtig, der Einbau mache bei einem schlecht sanierten Gebäude aber wenig Sinn.