Finanzen

Kampf gegen das Bargeld: Australien testet digitale Währung

Lesezeit: 5 min
14.08.2022 08:17  Aktualisiert: 14.08.2022 08:17
Die Zentralbank Australiens arbeitet an der Einführung einer digitalen Währung. Damit folgt sie einem Aufruf der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) an alle weltweit führenden Zentralbanken.
Kampf gegen das Bargeld: Australien testet digitale Währung
Australiens Zentralbank arbeitet an einer Digitalwährung. (Foto: dpa)
Foto: Dean Lewins

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Zentralbank Australiens arbeitet an der Einführung einer digitalen Währung. In einem Pilotprojekt soll die Umsetzung des digitalen australischen Dollars erprobt werden. Damit folgt die Zentralbank einem Aufruf der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) an alle weltweit führenden Zentralbanken, die Einführung digitaler Währungen vorzubereiten. Neben Australien treiben auch die USA, die EU und China die Abschaffung des Bargelds voran.

Die australische Zentralbank startet ein einjähriges Pilotprojekt zur Erprobung einer digitalen Währung. Das vermeldete die australische Zentralbank in einer Pressemitteilung. Die Reserve Bank of Australia (RBA) arbeitet dabei mit dem Forschungszentrum Digital Finance Cooperative Research Centre (DFCRC) zusammen, um Anwendungsfälle für eine digitale Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC) in Australien zu untersuchen. Neben den beiden Institutionen wird auch das australische Finanzministerium als Mitglied des Lenkungsausschusses des Projekts teilnehmen.

Testphase für digitalen australischen Dollar angelaufen

Das Pilotprojekt sieht eine „geschützte Umgebung“ vor, in der eine digitale Währung verwendet wird, die einen echten Anspruch bei der Zentralbank darstellt. Die von der Bank und dem Forschungszentrum ausgewählten Teilnehmer wollen Projekte entwickeln, die zeigen sollen, das die digitale Währung „zur Unterstützung von Unternehmen und Haushalten“ eingesetzt werden könnte. Am Ende der Pilotphase sollen die Ergebnisse in einem Bericht veröffentlicht werden. „Die Ergebnisse werden zu den laufenden Untersuchungen über die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit eines CBDC in Australien beitragen“, erklärte die Bank.

Der Leiter des Forschungszentrums DFCRC, Andreas Furche, sagte dem Sydney Morning Herald, es sei bereits bewiesen worden, dass eine digitale Zentralbankwährung technisch machbar sei. „Die wichtigsten Forschungsfragen sind nun, welche wirtschaftlichen Vorteile eine digitale Zentralbankwährung ermöglichen könnte und wie sie gestaltet werden könnte, um diese Vorteile zu maximieren“, so Furche.

Die australische Zentralbank hat bereits früher ihr Interesse an einer digitalen Währung bekundet, die ein digitales Äquivalent des australischen Dollars sein und mit Kryptowährungen konkurrieren soll. Die stellvertretende Gouverneurin der Reserve Bank of Australia, Michele Bullock, bezeichnete das Projekt als einen wichtigen nächsten Schritt in der Erforschung der digitalen Zentralbankwährung, der es ermöglichen würde, die potenziellen Vorteile besser zu verstehen.

Reserve Bank of Australia folgt Aufruf der „Zentralbank der Zentralbanken“

Die Abschaffung des Bargeldes und der Übergang zu rein digitalen Zentralbankwährungen wird von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die die Zusammenarbeit zwischen den weltweit wichtigsten Zentralbanken koordiniert und deshalb auch als „Zentralbank der Zentralbanken“ bezeichnet wird, international vorangetrieben. Bargeld sowie private Kryptowährungen als mögliche Konkurrenz zu CBDCs sind ihr dabei ein Dorn im Auge und die Bestrebungen seitens der BIZ nehmen zu, den Kryptomarkt streng zu regulieren. In einem BIZ-Bericht zu Kryptowährungen heißt es:

„Eine ungleiche regulatorische Behandlung von Banken und Kryptobörsen sowie Datenlücken legen nahe, dass ein proaktiver, ganzheitlicher und vorausschauender Ansatz zur Regulierung und Überwachung der Kryptowährungsmärkte erforderlich ist. Er sollte sich darauf konzentrieren, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Finanzdienstleistungen zu gewährleisten, die von etablierten Finanzinstituten und Intermediären im Krypto-Schattenfinanzsystem angeboten werden, und zwar durch die Einführung einer strengeren Regulierung und Aufsicht.“

Jedoch betonte die BIZ später in einem öffentlichen Appell, dass Zentralbanken weltweit ihre eigenen digitalen Währungen in Betracht ziehen sollten. Digitales Zentralbankgeld sei ein Konzept, dessen Zeit gekommen sei, hieß es in dem Aufruf, und das dies eine „neue Ära für das Geldsystem“ einläuten werde. Wichtig dabei sei jedoch, dass digitale Zentralbankwährungen künftig international miteinander kompatibel sind und sich in das bestehende Finanzsystem eingliedern ließen.

„Damit digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr verbessern können, müssen die Zentralbanken grundlegende Entscheidungen über den Zugang zum Ausland und die Art und Weise treffen, wie CBDCs über Ländergrenzen hinweg verbunden werden. Diese Entscheidungen müssen in einem frühen Stadium getroffen werden, und internationale Zusammenarbeit und Koordinierung sind die Voraussetzungen dafür“, lautete die wichtigste Schlussfolgerung eines gemeinsamen Berichts der BIZ, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank.

Kritiker fürchten, digitales Zentralbank ebnet den Weg in den Überwachungsstaat

Die geplante Einführung digitaler Währungen stößt immer wieder auf Kritik, sowohl von Bürgern als auch aus der Finanzindustrie selbst. Die Finanzindustrie fürchtet, dass digitales Zentralbankgeld künftig Bankruns erleichtern könnte. Bankkunden würden dann in Krisenzeiten ihre Ersparnisse bei Privatbanken abziehen und sie in das vermeintlich sichere Zentralbankgeld anlegen, so die Befürchtung der Finanzindustrie.

Datenschutzverbände und Bürgerinitiativen fürchten dagegen eine Abschaffung der bürgerlichen Anonymität durch den Wegfall von Bargeld. Da viele CBDC-Ansätze auf einer zentralen Blockchain-Technologie basieren, die jede Transaktion aufzeichnet und nachvollziehbar macht, hätte der Staat vollen Zugriff auf die Finanzaktivitäten eines jeden Bürgers, so die Kritiker. Das würde wiederum Tür und Tor für Machtmissbrauch durch staatliche Institutionen öffnen und eine dystopische Welt schaffen, die Whistleblower Edward Snowden „digitalen Finanz-Faschismus“ nennt.

Die BIZ versuchte zuletzt wiederholt, diese Bedenken zu zerstreuen. Erste Untersuchungen würden zeigen, dass digitalen Währungen so konzipiert werden könnten, dass „sie den Nutzern, einschließlich der normalen Bankkunden, viel mehr Kontrolle über ihre privaten Daten geben“. Diese Daten hätten einen „immensen wirtschaftlichen Wert“ , der derzeit an allein private Banken und Finanztechnologieunternehmen gehe, die damit Geld verdienen.

USA, China und EU planen ebenfalls Einführung digitaler Währungen

Weltweit bereiten derzeit 110 Länder die Einführung digitaler Währungen vor. Neben Australien wollen auch die USA, die EU und China künftig auf digitale Währungen umstellen. Die US-Notenbank Federal Reserve arbeitet bereits mit Hochdruck an der Entwicklung eines digitalen Dollar – und die Arbeiten sind bereits sehr weit voran geschritten, wie kürzlich veröffentlichte Dokumente zeigen. Das sogenannte „Projekt Hamilton“ (benannt nach Alexander Hamilton, der im Jahr 1791 die Etablierung der ersten US-Zentralbank durchgesetzt hat) hat einen digitalen Dollar entwickelt, der als Stablecoin fungieren und auf der Bitcoin-Technologie basieren soll.

Doch im Gegensatz zu Bitcoin, das derzeit nur etwa 7 Transaktionen pro Sekunde ermöglicht, sollen sich über den digitalen Dollar mindestens 100.000 Transaktionen pro Sekunde abwickeln lassen. Möglich ist das nur, weil dabei keine dezentrale Blockchain zum Einsatz kommt. Der digitale Dollar soll stattdessen zentral gesteuert werden und der Kontrolle der Federal Reserve unterliegen. Die US-Notenbank hätte damit auch die vollständige Kontrolle über die Geldmenge in Echtzeit und könnte auf Knopfdruck beliebig viele digitale Dollar schaffen oder vernichten.

Bereits 2021 hatte China angekündigt, in absehbarer Zukunft einen digitalen Yuan einführen zu wollen. Die chinesische Zentralbank ist dafür ein Joint Venture mit dem internationalen Finanznetzwerk Swift eingegangen. Der digitale Yuan durchlief bereits eine umfangreiche Testphase, womit China mit seiner Digitalwährung weiter vorangeschritten ist, als jedes andere Land. Laut einem Bericht der Global Times versucht die chinesische Zentralbank derzeit, die Akzeptanz des digitalen Yuan durch umfangreiche Geldgeschenke anzukurbeln. Im April wurden in der Metropole Shenzhen insgesamt 15 Millionen Yuan in digitaler Form (rund 2,2 Millionen Euro) über Gewinnspiele in den sozialen Medien unters Volk gebracht. Zuvor hatte China bereits die unliebsame Konkurrenz privater Kryptowährungen durch Mining- und Transaktionsverbote aus dem Weg geräumt.

In Europa bereitet derzeit die Europäische Zentralbank (EZB) die Einführung eines digitalen Euro vor. Im Sommer 2021 startete eine auf zwei Jahre angesetzte Probephase der Digitalwährung. In der Pilotphase soll es nicht nur um technische Aspekte gehen, sondern auch um „den Datenschutz und die Privatsphäre der Nutzer“. Der digitale Euro solle Bargeld dabei nicht ersetzen, sondern nur um eine weitere Bezahlmöglichkeit ergänzen, so die EZB. Was die technische Umsetzung angeht, testet die EZB gerade verschiedene Ansätze und Technologien zur Bereitstellung der Digitalwährung, darunter auch zentralisierte und dezentralisierte Blockchain-Technologien. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

                                                                            ***

André Jasch ist freier Wirtschafts- und Finanzjournalist und lebt in Berlin.  


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW hält an Werksschließungen fest - Sparansage auch bei Bosch
24.11.2024

Im Streit um Einsparungen bei VW bleibt das Unternehmen hart: Die Kapazitäten sollen schnell runter. Die IG Metall reagiert in der...

DWN
Panorama
Panorama Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten
24.11.2024

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem...

DWN
Panorama
Panorama Migration, Terrorgefahr und Krieg: Die größten Sorgen der EU-Bürger
24.11.2024

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird von Menschen in Osteuropa als ernste Bedrohung wahrgenommen. Doch betrachtet man die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Wo die Probleme in Deutschland liegen und was passieren muss
24.11.2024

In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren größere Versäumnisse, sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft, die das Wachstum...

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.11.2024

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
23.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
23.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Panorama
Panorama 2050: Was erwartet Kinder in der Zukunft?
23.11.2024

Klimawandel, technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen werden das Aufwachsen von Kindern in der Zukunft prägen, so die...