Weltwirtschaft

Kooperation wird verlängert: Japan setzt weiterhin auf russisches Gas

Lesezeit: 2 min
01.09.2022 13:00
Trotz der gegen Moskau erlassenen Sanktionen hält Tokio an der Zusammenarbeit im Energiebereich fest.
Kooperation wird verlängert: Japan setzt weiterhin auf russisches Gas
Japan: Zwei Frauen bestaunen einen weihnachtlich geschmückten Park. Japan benötigt viel Energie, die teilweise aus Russland importiert wird. (Foto: dpa)
Foto: Kimimasa Mayama

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Japanische Unternehmen werden sich nicht aus einem großen Energie-Gemeinschaftsprojekt in Russland zurückziehen. Wie mehrere Medien berichten, haben sowohl Mitsubishi als auch der Mitsui-Konzern eine Verlängerung der Beteiligung an dem Sachalin 2-Projekt vertraglich festgelegt beziehungsweise werden dies zeitnah tun.

Die russische Regierung hatte Anfang Juli beschlossen, die Besitzstruktur des Sachalin 2-Projekts zu ändern. Fortan wird eine russische Entität in Form des staatlichen Gaskonzerns Gazprom alle Rechte und Verpflichtungen übernehmen. Die ausländischen Minderheitseigner (sie kontrollieren demnach maximal 49,99 Prozent) wurden Anfang August aufgefordert, sich innerhalb eines Monats zu entscheiden, ob sie das Projekt verlassen oder nicht und welchen Anteil sie in Zukunft übernehmen möchten.

Am Standort Sachalin 2 wird Erdgas gefördert, welches dort zu Flüssiggas (LNG) umgewandelt und exportiert wird. Das Projekt Sachalin 1 widmet sich der Ölförderung. Beide Standorte liegen im fernen Osten Russland auf der gleichnamigen Insel, unweit von Japan entfernt.

Russland – wichtiger Baustein in Japans Energieversorgung

Japans Regierung wünscht sich, dass sowohl Mitsubishi als auch Mitsui ihre Anteile behalten. Der englischsprachige Dienst von Reuters zitierte Japans Industrieminister Koichi Hagiuda Anfang August mit den Worten: „Das Sachalin 2-Projekt ist für die stabile Energieversorgung Japans extrem wichtig und wir werden praktisch unsere Anteile behalten.“

Japan hatte sich nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine den Sanktionen westlicher Länder angeschlossen und mehrere Maßnahmen gegen die russische Regierung erlassen, scheut sich angesichts der bedeutenden Funktion Russlands als Energielieferant offensichtlich aber davor, die Verbindungen auf den Energiemärkten abzubrechen. Japan importiert etwa 10 Prozent seines Bedarfs an LNG aus Russland, wobei das Sachalin-Projekt hierfür eine überragende Bedeutung hat.

Darüber hinaus war Russland im Vorjahr mit einem Marktanteil von über 11 Prozent Japans zweitgrößter Kohlelieferant und 3,6 Prozent allen importierten Rohöls stammten aus Russland. Nach Indien und China gilt Japan als der weltweit drittgrößte Konsument von Kohle.

Tokio ist deshalb daran gelegen, dass Mitsui und Mitsubishi ihre langfristigen Verträge mit Sachalin 2 behalten. Ein Ausstieg würde bedeuten, dass sich beide Unternehmen auf dem weltweiten Spot-Markt nach LNG umschauen müssten – ein Unterfangen, das angesichts der gegenwärtigen Preisexplosionen sehr teuer werden könnte.

Lesen Sie hierzu: Energiekrise in Europa treibt Preise für LNG-Frachter in die Höhe

Mitsui und Mitsubishi kontrollierten bislang 22,5 Prozent des alten, nun aufgelösten, Konsortiums Sakhalin Energy. Der dritte ausländische Anteilseigner, der niederländisch-britische Shell-Konzern, will sich hingegen zurückziehen und sucht gegenwärtig nach einem Käufer für seinen Anteil.

Energieversorger unterzeichnen Verträge

Angesichts des Wohlwollens der Regierung in Tokio gegenüber Sachalin 2 haben inzwischen zwei große japanische Energieversorger eine Fortsetzung der Lieferungen vertraglich vereinbart. Der größte Gasversorger des Landes, Tokyo Gas, schloss Ende August einen langfristigen Liefervertrag mit dem neuen russischen Mehrheits-Eigentümer von Sachalin 2 ab. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, seien alle wesentlichen Geschäftsdetails des Vorgängervertrages beibehalten worden.

Wenige Tage zuvor hatte Japans größter Energiekonzern JERA einen entsprechenden LNG-Vertrag abgeschlossen. Auch hierbei sollen alle wesentlichen Parameter der bestehenden Verträge beibehalten worden sein, berichtete ein Sprecher des Unternehmens.

Neben Tokyo Gas und JERA wägen derzeit noch weitere japanische Versorger Vor- und Nachteile eines Verbleibs ab, darunter Kyushu Electric Power, Saibu Gas Holdings, Tohoku Electric Power, Toho Gas, Hiroshima Gas und Osaka Gas.

Firmen scheuen Rückzug aus Russland

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass viele japanische Unternehmen einen Rückzug aus Russland ablehnen, obwohl die Regierung sie dazu aufgefordert hatte.

Eine Mehrheit der 168 in Russland registrierten Firmen wird ihre Aktivitäten dort auch in Zukunft unverändert fortführen. 74 Unternehmen kündigten eine (zeitlich befristete) Stilllegung ihrer Produktion an. Nur sechs Unternehmen werden Russland demnach endgültig den Rücken kehren, wie aus Daten von Teikoku Databank hervorgeht, von denen die South China Morning Post berichtet.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Belarus wird BRICS-Partner: Was bedeutet das für Europa?
12.11.2024

Belarus wird BRICS-Partner! Was bedeutet das für Europa? Mit der Aufnahme von Belarus in die BRICS-Gruppe verschiebt sich das...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX rutscht ab: Unternehmensprognosen dämpfen die Anlegerstimmung
12.11.2024

Der DAX hat seine Gewinne vom Wochenbeginn am Dienstag wieder abgegeben und sich der psychologisch bedeutenden Marke von 19.000 Punkten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Start-up-Gründungen: Wirtschaftsminister Habeck will Frauenförderung verbessern
12.11.2024

In Deutschland wird weniger als jedes fünfte Start-up von einer Frau gegründet. Wirtschaftsminister Habeck betrachtet die...

DWN
Technologie
Technologie Cyberangriffe in Deutschland: Neue Gefahren und Sicherheitslücken
12.11.2024

Die IT-Sicherheitslage in Deutschland ist angespannt. Betroffen sind nicht nur Unternehmen, sondern auch Kommunen.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Öl- und Gasproduktion 2023: Rekordzahlen und Klimarisiken
12.11.2024

Auf dem Klimagipfel in Baku diskutieren die Staaten über den weiteren Verlauf des Kampfes gegen die Erderwärmung. Doch die anhaltend hohe...

DWN
Politik
Politik Hasspostings im Internet: Polizei durchsucht Wohnungen bundesweit
12.11.2024

Im Zentrum der Durchsuchungen stehen vor allem die Urheber von antisemitischen Hassbotschaften im Internet. Die Fallzahlen nehmen stark zu,...

DWN
Politik
Politik Neuwahl: BSI verstärkt technische Absicherung
12.11.2024

Bundestags-Neuwahl und Cybergefahren – Wie bereitet sich das #BSI auf Hackerangriffe und Fake-News vor? Lesen Sie, welche neuen...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs auf Rekordhoch: Warum steigt der Bitcoin und sollten Anleger nun Bitcoin kaufen?
12.11.2024

Der Bitcoin-Kurs befindet sich nach der US-Präsidentschaftswahl in einer kräftige Aufwärtsrally. Mit einem Anstieg von rund 30 Prozent...