Deutschland

Vor Freispruch: Gericht schlägt Einstellung des Prozesses gegen Wulff vor

Der Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff kann nach Ansicht des Gerichts rasch eingestellt werden. Wie Richter Frank Rosenow am Donnerstag in Hannover feststellte, konnte bislang keine bewusste Entgegennahme von Vorteilen durch Wulff nachgewiesen werden.
21.12.2013 00:26
Lesezeit: 2 min

Der Richter verwies er auf die mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft wandte sich allerdings gegen eine vorzeitige Einstellung des Verfahrens, das eigentlich bis Anfang April angesetzt ist. Die Anwälte wollen einen Freispruch erreichen. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt nun beim Richter. Dieser kündigte an, im neuen Jahr sollten auf jeden Fall noch zwei Ermittlungsbeamte als Zeugen befragt werden.

Der Prozess gegen Christian Wulff läuft auf einen glatten Freispruch hinaus (unsere Einschätzung zur Wulff-Affäre - hier).

Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer sagte, er halte eine Fortsetzung der Beweisaufnahme für geboten. Aus seiner Sicht gebe es nach wie vor ausreichend Hinweise, dass Wulff sich wissentlich von dem wegen Vorteilsgewährung mitangeklagten Filmproduzenten David Groenewold habe einladen lassen. Nach Ansicht von Wulffs Verteidigern kommt nur ein Freispruch infrage. "Es kommt keine Einstellung mit oder ohne Auflagen in Betracht", sagte Anwalt Michael Nagel nach der Verhandlung.

Groenewold soll anlässlich eines Besuchs des Münchner Oktoberfests im Jahr 2008 für Wulff und dessen Familie die Kosten für Hotel und Kinderbetreuung von insgesamt 510 Euro übernommen haben. Hinzu kommt die Rechnung für ein Abendessen über 209,40 Euro sowie ein Festzeltbesuch mit weiteren Personen im Gesamtwert von 3209 Euro. Laut Staatsanwaltschaft sollte Wulff damit motiviert werden, sich als Ministerpräsident bei Siemens für eine Unterstützung bei der Vermarktung des Films "John Rabe" einzusetzen. Zeitnah soll Groenewold eine entsprechende Bitte an Wulff gerichtet haben. Wulff soll dem nachgekommen sein, indem er in einem Brief an den damaligen Siemens-Chef Peter Löscher für das Projekt warb.

Wulff bestreitet einen solchen zeitlichen Zusammenhang und fühlt sich von der Staatsanwaltschaft zu Unrecht beschuldigt. Er habe sich im Amt immer korrekt verhalten, hatte er zum Prozessauftakt vor fünf Wochen gesagt. Für Wulffs Version sprechen eine Reihe von Zeugenaussagen, wie auch Richter Rosenow anmerkte. Bislang wurden mehr als 20 Personen gehört. Noch-Ehefrau Bettina machte vergangene Woche deutlich, Wulff und Groenewold habe eine enge Freundschaft verbunden. Bei Treffen habe mal der eine, mal der andere bezahlt. Die Videobefragung der Wiesn-Kellnerin brachte indes keine neuen Erkenntnisse.

Staatsanwalt Eimterbäumer sagte, die Zwischenbilanz des Richters überzeuge nur teilweise. Ein anderes Ergebnis sei nicht zu erwarten gewesen, da die Erinnerungen der meisten Zeugen vage und die Aussagen unergiebig gewesen seien. Die Einlassungen der Angeklagten ließen sich weder bestätigen noch widerlegen. Notwendig sei ein überzeugendes Bild. Eine Frage ist etwa, ob Wulff davon gewusst hatte, dass Groenewold die Kinderbetreuungskosten und einen Teil der Hotelrechnung trug. Wulff will dem Filmunternehmer die Kosten für die Babysitterin direkt bar erstattet und von den Hotel-Kosten erst Jahre später erfahren haben. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft spricht jedoch alles dafür, dass beide Angeklagte die Kostenüberübernahme so vereinbart hätten.

Wulffs Anwälte zeigten sich zufrieden mit den Ausführungen des Richters. Das Zwischenfazit bestätige ihre eigene Version und sei von Wulff so erwartet worden. "Ehrabschneidend" sei es, seinen Mandaten der Verschleierung und der Lüge zu bezichtigen, sagte Anwalt Bernd Müssig. Der Prozess soll am 2. Januar fortgesetzt werden.

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