In der Krim-Krise lenkt der Westen offenkundig ein und akzeptiert den Anschluss der Krim an Russland. Diese Entwicklung dürfte eine Folge eines Gesprächs zwischen US-Präsident Barack Obama und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sein, bei dem die beiden am Sonntag eine Kompromiss-Linie im Streit um die Ukraine entwickelt haben (mehr dazu hier).
Die EU-Sanktionen, die im Laufe des Tages beschlossen werden sollten, seien wohl zeitlich begrenzt, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Zudem könnten keine Sanktionen der Welt ändern, was am Sonntag auf der Krim geschehen sei. Sein britischer Kollege William Hague sagte, geplant seien Einreiseverbote und das Einfrieren von Konten von Einzelpersonen. Österreich und Tschechien hatten sich bereits zuvor ablehnend zu harten Sanktionen geäußert (hier).
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte, bei der Verhängung von Sanktionen behutsam vorzugehen. "Wir werden das so entscheiden, dass in den Tagen danach eine Kontaktaufnahme mit Russland weiterhin möglich sein wird, um auf einen Weg von Verhandlungen zurückzukommen", sagte Steinmeier in der ARD. Vor den Beratungen in Brüssel forderte er Russland auf, eine internationale Beobachtermission in der Ukraine zuzulassen. Dies müsse in den nächsten Tagen geschehen, nicht erst in Wochen oder Monaten. Der Schwerpunkt der Beobachter solle im Osten und Süden der Ukraine liegen, sagte Steinmeier.
Die europäischen Staaten wollen keinen Wirtschaftskrieg, und die Russen auch nicht. Bezeichnend ist eine Gestes des Gazprom-Konzerns: Russlands größter Gasproduzent erwägt, seine Verträge zu ändern, um den Kunden im Westen entgegenzukommen. Demnach solle eine Klausel geändert werden, die Kunden zur Zahlung zwinge, auch wenn die angeforderte Menge Gas gar nicht abgenommen worden sei, berichtete die Zeitung Wedomosti am Montag unter Berufung auf dem Unternehmen nahestehende Kreise. Damit wolle der Konzern seine europäischen Kunden halten. Gazprom deckt rund ein Drittel des Gasbedarfs der EU und hat bereits Preissenkungen zugestimmt, um wichtige Kunden wie den deutschen E.ON -Konzern zu halten.
US-Präsident Barack Obama bezeichnete das Referendum als reine Augenwischerei, die nur durch "eine russische Militärintervention" zustande gekommen sei. Die Krise könne aber nach wie vor diplomatisch gelöst werden. Das russische Militär müsse dazu aber erst damit aufhören, in die Ukraine "einzufallen". Russland hat nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch vor drei Wochen faktisch die Kontrolle über die Krim übernommen. Putin signalisierte nach Angaben des Kreml in dem Telefonat mit Obama Entgegenkommen, indem er sich offen für eine internationale Beobachtermission zeigte. Das Referendum aber bezeichnete er als rechtmäßig.
Der Aufnahmeantrag der Krim wird zunächst Putin zugeleitet. Dieser reicht das Ansinnen an die Parlamentskammern weiter, die dann einen Vertrag zwischen Russland und der Krim ausarbeiten. Wenn dieser unterzeichnet ist, muss der russische Verfassungsgerichtshof das Abkommen absegnen. Danach stimmen erneut Staatsduma und Föderationsrat ab. Die Regierung in Moskau rechtfertigt ihr Vorgehen auf der Krim, wo die Mehrheit der zwei Millionen Einwohner ethnische Russen sind, damit, "friedliche Bürger" zu schützen.
Unklar ist, wie sich die ukrainischen Soldaten auf der Krim nach dem Referendum verhalten werden. Bis kommenden Freitag wurde nach Angaben der Regierung in Kiew eine Waffenruhe auf der Halbinsel zwischen dem ukrainischen und dem russischen Militär vereinbart. Der Präsident Chef des Krim-Parlaments Wladimir Konstantinow erklärte am Montag, die ukrainischen Einheiten würden aufgelöst. Das ukrainische Parlament billigte die Entscheidung des Präsidenten zur Teilmobilmachung von 40.000 Reservisten.
Dem offiziellen Ergebnis zufolge votierten 96,77 Prozent für einen Anschluss der Krim an Russland. Die Halbinsel beantragte am Montag formell die Aufnahme in die Russische Föderation.