Finanzen

Trotz Zinswende: Zentralbanken kaufen weiter Gold

Lesezeit: 3 min
10.09.2022 12:19  Aktualisiert: 10.09.2022 12:19
Die Zentralbanken bauen ihre Goldbestände dieses Jahr weiter aus. Vor allem eine Reihe von Schwellenländern zeigten zuletzt eine starke Nachfrage nach Gold.
Trotz Zinswende: Zentralbanken kaufen weiter Gold
Die Zentralbanken stocken ihre Goldreserven weiter auf. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die neueste verfügbaren Daten des World Gold Council zeigen, dass die Zentralbanken auch im Juli eine robuste Nachfrage nach Gold beigehielten. Ihre Goldreserven stiegen netto um 37 Tonnen, nachdem sie bereits im Juni um 64 Tonnen gestiegen waren. Die erneuten Zukäufe bringen die Nachfrage der Zentralbanken seit Jahresbeginn in Richtung der Marke von 300 Tonnen.

Die Käufe im ersten Halbjahr entsprachen dem entsprechenden Fünfjahresdurchschnitt von 266 Tonnen. "Dies ist eine Fortsetzung der starken Käufe, die wir im letzten Jahr gesehen haben, und wir erwarten nun, dass die Nachfrage der Zentralbanken für das gesamte Jahr 2022 auf dem Niveau von 2021 liegen wird", so ein Bericht des World Gold Council, der Interessenverband der Goldindustrie.

Für seine Analyse nutzt der World Gold Council die Daten des Internationalen Währungsfonds und der jeweiligen Zentralbanken. Bis auf die Monaten Januar und März weisen im laufenden Jahr alle Monate Netto-Goldkäufe durch die Zentralbanken auf. Im Monat Juli waren nur wenige Zentralbanken aktiv am Goldmarkt, es zeigt sich jedoch eine klare Zielrichtung.

Die Zentralbank von Katar war im Juli der größte Goldkäufer. Sie fügte ihren offiziellen Reserven im Juli 15 Tonnen Gold hinzu. Dies war offenbar der größte monatliche Zuwachs, der jemals in Katar verzeichnet wurde (seit 1967), wobei jedoch zu beachten ist, dass die frühen Daten uneinheitlich sind. Niemals zuvor hat Katar so viel Gold besessen wie heute. Die Goldreserven des Landes belaufen sich nun auf 72 Tonnen und machen damit 10 Prozent seiner gesamten Währungsreserven aus.

Die indische Zentralbank, die regelmäßig Gold kauft, stockte ihre Goldreserven im Juli erneut um mehr als 13 Tonnen auf. Dies war der stärkste monatliche Kauf seit September 2021, als Indien 19 Tonnen kaufte. Damit steigen die gesamten indischen Goldreserven auf 781 Tonnen, was einem Anstieg um 27 Tonnen seit Jahresbeginn entspricht.

Die türkische Zentralbank hat ihre offiziellen Goldreserven im Juli um 12 Tonnen erhöht. Dies entspricht im Großen und Ganzen dem bisherigen Monatsdurchschnitt in diesem Jahr. Seit Jahresbeginn hat die Türkei nun bereits 75 Tonnen Gold gekauft. Die gesamten offiziellen Goldreserven belaufen sich nun auf 469 Tonnen - so viel wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Die Zentralbank von Usbekistan kaufte im Juli weitere 9 Tonnen Gold - die gleiche Menge wie im Juni. Nach Verkäufen von 25 Tonnen im ersten Quartal belaufen sich die Nettokäufe im bisherigen Jahresverlauf aber nur auf 11 Tonnen. Die Goldreserven belaufen sich nun auf 373 'Tonnen und machen damit 61 Prozent der Gesamtreserven aus.

Die Nationalbank von Kasachstan war laut den offiziell gemeldeten Daten der einzige nennenswerte Verkäufer weltweit. Sie verkaufte im Juli 11 Tonnen Gold, womit ihre Nettoverkäufe im Jahresvergleich auf knapp 30 Tonnen anstiegen. Die gesamten offiziellen Goldreserven von Kasachstan belaufen sich nun auf 373 Tonnen, was 64 Prozent der gesamten Reserven entspricht. Wie Bloomberg berichtet, erklärte die Bank, dass weitere Verkäufe von den Marktbedingungen abhängen würden.

Zusätzlich zu den offiziell gemeldeten Daten berichtete Reuters über einen Rückgang der Goldreserven der venezolanischen Zentralbank im ersten Halbjahr 2022 um 6 Tonnen auf 73 Tonnen. Diese Veränderung der Goldreserven muss sich noch in den IWF-Statistiken widerspiegeln, wo der letzte verfügbare Datenpunkt zu Venezuela aus dem Juni 2018 stammt.

Die Zentralbanken fügten den globalen Reserven im letzten Jahr 463 Tonnen Gold hinzu. Das waren 82 Prozent mehr als 2020. Das vergangene Jahr war das zwölfte Jahr in Folge, in dem die Zentralbanken der Welt Nettokäufer von Gold waren. In diesen zwölf Jahren haben die Zentralbanken netto insgesamt 5.692 Tonnen Gold zu ihren Goldreserven hinzugefügt.

Laut der jährlichen Umfrage des World Gold Council zu den Goldreserven der Zentralbanken sind "die Performance von Gold in Krisenzeiten und seine Rolle als langfristiges Wertaufbewahrungsmittel beziehungsweise Inflationsschutz die wichtigsten Faktoren für die Entscheidung der Zentralbanken sind, Gold zu halten".

Die Nachfrage der Zentralbanken belief sich 2019 auf 650,3 Tonnen. Das war das zweithöchste Niveau seit 50 Jahren und lag nur knapp unter den Nettokäufen von 656,2 Tonnen im Jahr 2018. Nach Angaben des World Gold Council war 2018 der höchste Stand jährlicher Netto-Goldkäufe der Zentralbanken seit der Aussetzung der Konvertierbarkeit des Dollars in Gold im Jahr 1971 und der zweithöchste Jahreswert in der Geschichte.

Nach den Rekordjahren 2018 und 2019 verlangsamten sich die Goldkäufe der Zentralbanken im Jahr 2020 mit Nettokäufen von insgesamt nur rund 273 Tonnen. Die geringere Kaufrate im Jahr 2020 war angesichts der starken Zentralbankkäufe in den Jahren 2018 und 2019 erwartet worden. Das durch die Coronavirus-Pandemie verursachte Wirtschaftschaos wirkte sich ebenfalls auf den Markt aus.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Elektroauto-Krise schwächt deutsche Autokonzerne kaum - bisher
28.04.2024

Trotz der Marktflaute bei E-Autos und der schwachen Nachfrage in Deutschland erwirtschaften Volkswagen und BMW tolle Gewinne. Bei anderen...

DWN
Technologie
Technologie Neurotechnologie und Transhumanismus: Fortschritt, Chancen und Herausforderungen
28.04.2024

Wie sind die aktuellen Trends und potenziellen Auswirkungen von Neurotechnologie? Neben der Künstlichen Intelligenz entwickelt sich dieser...

DWN
Panorama
Panorama Neue Regelungen im Mai: Ticketsteuer, Biosprit und Autokauf
28.04.2024

Der Mai bringt frische Regulierungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen: Flugtickets könnten teurer werden, Autofahrer können...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...