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Wirtschaft warnt: Habeck sabotiert Beziehung zu Deutschlands wichtigstem Handelspartner

Lesezeit: 4 min
15.09.2022 09:00  Aktualisiert: 15.09.2022 09:23
Während Deutschland in die Rezession steuert will das grün geführte Wirtschaftsministerium Handel und Investitionen mit China erschweren.

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Die deutsche Wirtschaft warnt vor Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, das China-Geschäft der Firmen zu bremsen. „Die staatliche Förderung und Absicherung des China-Geschäfts deutscher Unternehmen muss grundsätzlich erhalten bleiben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Asien-Pazifik-Ausschusses (APA) der deutschen Wirtschaft, Friedolin Strack, der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag.

Hintergrund ist der Unmut vieler Unternehmen, dass das von dem Grünen-Politiker Habeck geführte Wirtschaftsministerium darüber nachdenkt, Instrumente wie staatliche Investitions- und Exportgarantien oder Messeförderung für China zurückzufahren. „Eine angemessene Präsenz auf dem zentralen Wachstumsmarkt China ist wichtig - nicht nur für einzelne Unternehmen, sondern auch aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive.“

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte zuvor schon vor Einschnitten gewarnt. Sowohl APA als auch DIHK vertreten Firmen im Auslandsgeschäft, alleine in China sind rund 5000 deutsche Unternehmen aktiv. Die grün geführten Wirtschafts- und Außenministerien dringen dagegen auf einen härteren Kurs gegenüber China und verweisen auf Menschenrechtsverletzungen und die Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von China.

Lesen Sie dazu: Ifo-Chef warnt Europa vor Teilnahme am US-Feldzug gegen China

Der APA-Hauptgeschäftsführer verwies darauf, dass die Bundesregierung selbst immer wieder betone, eine breite wirtschaftliche Entkopplung von China sei nicht im Interesse Deutschlands. Dies hatte zuletzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mehrfach gesagt. Auch der APA befürworte eine Diversifizierung von Absatz- und Beschaffungsmärkten in Asien. „Das Ziel darf aber nicht ein Abzug aus China, sondern muss die zusätzliche Erschließung weiterer Wachstumsmärkte in Asien und anderen Weltregionen sein“, sagte Strack. Dafür sei eher ein Ausbau der Außenwirtschaftsförderung nötig. „Insbesondere der exportorientierte deutsche Mittelstand ist auf effektive Außenwirtschaftsinstrumente wie Investitionsgarantien und Hermes-Bürgschaften angewiesen.“ Wenn man diese etwa für China überarbeite, müsse man dies an klaren Kriterien ausrichten. „Der strategische Nutzen muss den Schaden für die deutsche Wirtschaft rechtfertigen“, sagte Strack.

„Die international aktive deutsche Wirtschaft ist aktuell massiv von Lieferkettenstörungen betroffen und kämpft mit teilweise immens gestiegenen Preisen für Rohmaterialien und Vorprodukten“, sagte auch DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier zu Reuters. „In dieser Phase wäre eine strategisch betriebene Abkehr von unserem größten Handelspartner ein weiterer herber Schlag ins außenwirtschaftliche Kontor.“

Habeck will Cosco-Einstieg in Hamburg verhindern

Differenzen mit dem Habeck-Ministerium gibt es auch bei chinesischen Investitionen in Deutschland. APA-Hauptgeschäftsführer Strack wollte sich zwar nicht zum Fall des geplanten Einstieg des chinesischen Reederei-Riesen Cosco in eine Betriebsgesellschaft an einem der vier Container-Terminals im Hamburger Hafen äußern. Eine Prüfung ausländischer Investitionen in kritische Infrastruktur sei angemessen. Aber er fügte hinzu: „Chinesische Investitionen sollten aus Sicht des APAs in Deutschland und Europa willkommen bleiben.“ Die Eingriffsrechte müsse die Bundesregierung mit Blick auf wirtschaftliche Interessen „besonnen“ einsetzen.

Habeck hatte im Reuters-Interview gesagt, dass er dazu tendiere, den vom Hamburger Hafen ausdrücklich gewünschten Einstieg von Cosco zu verbieten. Auch der DIHK-Außenwirtschaftschef Treier sagte gegenüber Reuters: „Wenn keine klaren Sicherheitskriterien nachvollziehbar sind, hat die Untersagung von Investitionen des für unsere Wirtschaft so wichtigen Handelspartners China negative Auswirkungen auf die Investitionsattraktivität unserer Standorte.“

Die Autoren des aktuellen Hellmeyer-Reports kritisieren Habecks drohende Blockade scharf:

Wie erwartet, hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gegen einen Einstieg des chinesischen Reedereikonzerns Cosco beim Containerterminal-Betreiber Tollerort am Hamburger Hafen positioniert, obwohl der Hamburger Hafen eine Absage offen als „Katastrophe“ kommuniziert. Da Cosco eine der weltgrößten Reedereien ist, wäre eine Beteiligung für den Hafen ein Wettbewerbsvorteil.

Cosco strebt eine Beteiligung in Höhe von 35 % an, was von Tollerort befürwortet wird und hätte damit keine Mehrheitsbeteiligung inne. Habeck vertritt die Auffassung, dass Deutschland kritischer gegenüber Investments Chinas in Europa werden solle und möchte daher die Beteiligung untersagen.

Wir zitieren an dieser Stelle das Statistische Bundesamt aus diesem Jahr: „Die Volksrepublik China ist erneut Deutschlands wichtigster Handelspartner.“ Dies ist sie zum sechsten Mal in Folge. In Deutschland sind laut dem IW Köln 1,1 Millionen Arbeitsplätze vom Handel mit China abhängig, mit Familien, deren Wohl und Wehe auch von den Entscheidungen unseres Wirtschaftsministers abhängt.

Steigt denn die Abhängigkeit von Deutschland gegenüber China, wenn China in Hamburg investiert, oder ist es umgekehrt? Reicht nicht die aktuelle Insolvenzwelle aus, als dass von uns ausgehend das Kriegsbeil gegen China ausgegraben werden muss? Vorher wäre zumindest eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes notwendig, um die Folgen verkraften zu können. Aktuell ist das Gegenteil der Fall. In Deutschland wird 21.046 Studenten Volkswirtschaftslehre an den Universitäten gelehrt, während ein Schriftsteller in Berlin die Praxis übt. Wessen Studium ist für Deutschland teurer?

DIHK und Auslandshandelskammer kritisieren Pläne

„China mit seinen 1,4 Milliarden Menschen ist ein großer Markt. Es ergibt aus ökonomischer Sicht keinen Sinn, diesen Markt aufzugeben - auch wenn vieles schwierig ist und bleibt“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier am Freitag zu Reuters. „Bevor Fakten bei den außenwirtschaftlichen Instrumenten gegenüber China seitens der Bundesregierung geschaffen werden, ist es wichtig, dass die Wirtschaft ihre Argumente und praktischen Erfahrungen in die avisierte China-Strategie der Bundesregierung einbringen kann.“ Kritisch äußerte sich auch die Deutsche Handelskammer in China, wo mehr als 5000 deutschen Firmen tätig sind.

„Unser außenwirtschaftlicher Erfolg hängt in hohem Maße davon ab, dass deutsche Unternehmen bei ausländischen Handelspartnern auch direkt investieren können“, sagte Treier. „Eine staatliche Genehmigungspflicht durch bundesdeutsche Behörden von Direktinvestitionen im Ausland würde höchstwahrscheinlich ein Bürokratiemonster erschaffen.“

Damit würden deutsche Unternehmen auf viele für Deutschlands Wohlstand wichtige Investitionsvorhaben im Ausland verzichten. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums betonte am Freitag jedoch: „Dass deutsche Investitionen in China unter Verdacht gestellt werden oder unter Kontrolle gestellt werden, das kann ich nicht bestätigen.“

Die deutsche Außenhandelskammer in China kritisierte eine Beschränkung der Außenwirtschaftsförderung: „Der chinesische Markt ist für viele deutsche Unternehmen von größter Bedeutung, sie können es sich einfach nicht leisten, ihre Investitionen einzustellen“, sagte Jens Hildebrandt, Geschäftsführender Direktor der Deutschen Handelskammer in China, zu Reuters. „Daher würde der Verlust solcher Maßnahmen das Risiko für die Unternehmen in einem zunehmend volatilen Umfeld erhöhen. Die deutschen Unternehmen wären demnach aufgeschmissen.“

DIHK-Experte Treier verwies auf eine Reihe von Schwierigkeiten, die den Unternehmen bereits zu schaffen machen. „Die international aktive deutsche Wirtschaft ist aktuell massiv von Lieferkettenstörungen betroffen und kämpft mit teilweise immens gestiegen Preisen für Rohmaterialien und Vorprodukte. In dieser Phase wäre eine strategisch betriebene Abkehr von unserem größten Handelspartner ein weiterer herber Schlag ins außenwirtschaftliche Kontor.“

Auch die chinesische Regierung reagierte mit Kritik. Eine Einschränkung der deutsche Außenwirtschaftsinstrumente im China-Geschäft sei sinnlos und wäre „äußerst absurd“, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking auf Anfrage. „Trotz verschiedener ungünstiger Bedingungen haben der bilaterale Handel und die Investitionen zwischen China und Deutschland in diesem Jahr von Januar bis Juli weiter zugenommen“, sagte sie. China sei entschlossen, sich weiter zu öffnen. „Ich glaube auch, dass die Attraktivität des chinesischen Marktes für ausländisches Kapital noch zunehmen wird“, fügte sie hinzu. „Wir hoffen, dass Deutschland eine rationale und pragmatische China-Politik verfolgen kann.“ Die Bundesregierung soll keinen „Fels anheben, um ihn dann auf die eigenen Füße fallen zu lassen.“


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