Kanada will seine Beziehungen zu pazifischen Staaten ausbauen und damit seine einseitige wirtschaftliche Ausrichtung auf den Handel mit den USA reduzieren. Das sieht eine am vergangenen Sonntag beschlossene Indopazifik-Strategie vor, für die Mittel im Umfang von 2,3 Milliarden kanadischer Dollar (1,65 Milliarden Euro) vorgesehen sind, die unter anderem in Rüstung und Cyber-Sicherheit fließen sollen. Geplant ist, die Beziehungen zu über 40 Ländern im Pazifik zu vertiefen.
Hintergrund der Neuausrichtung ist ein zunehmend restriktiver Kurs der USA in Wirtschaftsbeziehungen und wachsende Kritik am Freihandel. Erklärtes Ziel der Regierung des Ministerpräsidenten Justin Trudeau ist die Diversifizierung der Handelsbeziehungen. Nach offizielle Daten für September entfallen 68 Prozent des kanadischen Außenhandels auf die USA, während China nur sieben Prozent einnimmt.
China wird allerdings in der neuen Strategie auch als problematisch wahrgenommen. Mit Blick auf die Volksrepublik heißt es in dem 26-seitigen Strategiepapier, die Regeln für Auslandsinvestitionen würden verschärft, um geistiges Eigentum zu schützen und zu verhindern, dass chinesische Unternehmen Zugriff auf heimische Bodenschätze bekämen. Dennoch sei die Zusammenarbeit mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt notwendig, um Probleme wie den Klimawandel oder die Beschränkung von Atomwaffen anzugehen.
Protektionismus ruft auch Europäer auf den Plan
Frankreich setzt auf Ausnahmen von Zöllen und Beschränkungen beim großen Industrie- und Subventionsprogramm der USA. Wichtig sei vor allem, dass Europa seine wirtschaftlichen Interessen schütze, sagte Finanzminister Bruno Le Maire am Sonntag. Er begleitet den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in der neuen Woche bei einem Staatsbesuch in den USA.
Die US-Regierung hat mit dem sogenannten Inflation Reduction Act und anderen Maßnahmen zur Industriepolitik massive Anreize für Investitionen in den USA geschaffen. Europäer fürchten dadurch Rückschläge und Einbußen für europäische Unternehmen, welche geneigt sein könnten, ihre Produktion angesichts der Milliarden-Subventionen in die USA zu verlegen und Europa den Rücken zu kehren.
„Frankreich könnte um Ausnahmen von einigen Zöllen und Beschränkungen bitten, die von der US-Regierung eingeführt wurden“, sagte Le Maire dem Fernsehsender France 3. „Aber die eigentliche Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Welche Art von Globalisierung liegt vor uns.“ Denn China bevorzuge die chinesische Produktion, Amerika bevorzuge die amerikanische Produktion. „Es ist an der Zeit, dass Europa die europäische Produktion bevorzugt“, sagte der Minister. Alle europäischen Staaten müssten verstehen, „dass wir heute angesichts dieser amerikanischen Entscheidungen lernen müssen, unsere wirtschaftlichen Interessen besser zu schützen und zu verteidigen.“
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Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hatte sich jüngst im Reuters-Interview besorgt um Folgen des US-Vorgehens geäußert: „Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass es die Gefahr gibt, dass Industriearbeitsplätze aus Deutschland und Europa verschwinden könnten, die dann nicht so schnell zurückkommen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Freitag bei einem Treffen mit Frankreichs Regierungschefin Elisabeth Borne gesagt, man müsse „für Fairness im Miteinander zwischen Europa und den Vereinigten Staaten Sorge tragen.“
Habeck kündigt „robuste Antwort“ an
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine „robuste Antwort“ der Europäischen Union auf das US-Inflationsgesetz angekündigt. Der Grünen-Politiker sagte am Dienstag auf einer Industriekonferenz in Berlin, Europa müsse seine Hausaufgaben machen. Es gehe darum, schneller Investitionsbedingungen herzustellen. Habeck sprach von einem Zukunftsplan für die Industrie in Europa.
Habeck sagte, die Amerikaner hätten sich entschieden, in einer Phase hoher Inflation die zukünftige Wirtschaft mit einem großen Investitionsprogramm aufzubauen. Die Leitmärkte der Zukunft würden grüne Märkte sein. Es gebe aber noch eine „Schattenseite“, so Habeck. Vorschriften, dass in Amerika produziert werden müsse, seien nicht kompatibel mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Parallel zu Gesprächen mit den USA müsse es einen europäischen Plan geben. „Wir reden über Wochen“, sagte Habeck.
Die Schiedsgerichte der WTO wurden von der Trump-Administration bewusst ausgehebelt. Seitdem gilt die Organisation als nicht mehr vollumfänglich leistungsfähig.
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Der Minister sagte, das kommende Jahr werde im Zeichen der Industriepolitik stehen. Es gehe um die Sicherung des Standorts und um Rahmenbedingungen, die es Industrieunternehmen ermöglichten, in Deutschland zu bleiben und hier zu produzieren. Habeck warnte vor einem Schlechtreden des Standorts Deutschland und einem „lustvollen Beschreiben des Niedergangs.“ Die Bundesregierung werde den Industriestandort in Deutschland nicht kaputt gehen lassen.
Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte, die Gefahr einer Abwanderung von Unternehmen sei real. Er verwies auf die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten. Dies sei ein „Handicap.“