Der Finanzausschuss des Bundestages hat den Weg freigemacht für das Jahressteuergesetz 2022, das auch eine Gewinnabschöpfung bei Mineralöl- und Gasunternehmen sowie eine Erhöhung der Erbschaftssteuer vorsieht. Mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP beschloss der Ausschuss am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern zahlreiche Änderungen am ursprünglichen Entwurf des Finanzministeriums.
So sollen der Wohnungsbau und kleine Solarstromanlagen mit größeren Steuervorteilen gefördert werden als bisher geplant, wie Reuters bereits am Dienstagabend berichtet hatte. Die Homeoffice-Pauschale wird von fünf auf sechs Euro pro Tag angehoben. Auch der Sparerpauschbetrag steigt deutlich.
Versteckte Steuererhöhung im Jahressteuergesetz
Im Entwurf des Jahressteuergesetzes waren auch versteckte Erhöhungen der Erbschafts- und Schenkungsteuer enthalten. Diese Änderungen betreffen vor allem Eigentümer von Wohneigentum, die dieses vererben möchten. Im Gesetzesentwurf heißt es lediglich, dass eine „Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung […] des Bewertungsgesetzes an die Immobilienwertermittlungsverordnung“ vorgesehen ist.
Doch hinter dieser sperrigen Formulierung verbirgt sich für Immobilienbesitzer eine weitreichende Gesetzesänderung. Durch eine Änderung der Berechnungsgrundlage sowie eine Erhöhung der Steuersätze drohen Immobilienbesitzern bzw. deren Erben immense Mehrkosten, die im ungünstigsten Fall einen Notverkauf der Immobilie erfordern werden.
Der Eigentümerverband Haus & Grund teilte mit, dass der Anstieg der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Wohnhäusern und Eigentumswohnungen leicht 20 bis 30 Prozent erreichen könne. Bei (teil-)gewerblich genutzten Immobilien kommt auf die Erben sogar eine Verdoppelung der Besteuerung zu. Trotz einer späten politischen Debatte über das Thema, blieb der Passus bestehen.
Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne
Ebenfalls im Gesetz enthalten ist der Paragraf zur sogenannten Übergewinnsteuer. Ungewöhnlich hohe Gewinne von Unternehmen in der Gas-, Öl-, Kohle- und Raffinieriebranche sollen mit einer Sonderabgabe in Höhe von 33 Prozent abgeschöpft werden. „Die Unternehmen leisten damit einen Beitrag zur Bewältigung der Energiekrise“, sagte SPD-Steuerexperte Michael Schrodi Reuters.
Sein FDP-Kollege Markus Herbrand hatte nach der internen Einigung der Ampel-Koalition am Dienstagabend bereits unterstrichen, dass dies der laut EU-Vorgabe niedrigstmögliche Satz sei. Die Grünen hätten sich einen höheren Steuersatz gewünscht, räumte deren Steuerexpertin Katharina Beck ein.
„Wir haben aber noch einen wichtigen Paragrafen hinzugefügt, um die Umgehung der Abgabe durch Steuergestaltung etwas einhegen zu können.“
Höhere Pauschalen: Entlastungen für Arbeitnehmer
Schrodi wertete die Regelungen als Entlastungen für Beschäftigte sowie als Schub für Wohnungsbau und Ausbau von kleinen Solarstromanlagen. Die Pauschale für das häusliche Arbeitszimmer bei der Steuererklärung und die Homeoffice-Pauschale werden ab 2023 in einer Tagespauschale von sechs Euro (bisher fünf) zusammengeführt. Sie kann für 210 Tage geltend gemacht werden.
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei den Werbungskosten wird auf 1230 Euro statt geplanter 1200 Euro erhöht. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt von 4008 Euro auf 4260 Euro. Der Sparer-Pauschbetrag für Zins- und Kapitaleinkünfte wird von 801 Euro auf 1000 Euro angehoben.
Einnahmen aus kleinen Solarstromanlagen sollen nun rückwirkend ab Jahresanfang 2022 steuerfrei sein. Die geplante Ertragssteuerbefreiung für Photovoltaik-Anlagen bis zu einer Leistung von 30 Kilowatt sollte ursprünglich erst ab 2023 greifen. Es bleibt dabei, dass für Kauf und Installation von PV-Anlagen bis zu dieser Größe und Stromspeichern ab 2023 die Umsatzsteuer komplett entfällt. Den Nullsteuersatz wertete Herbrand als „richtigen Investitionsanreiz für eine erfolgreiche und wirtschaftliche Energiewende“.
Weitere Anreize für Wohnungsbau enthalten
Im Mietwohnungsbau soll es eine neue Sonderabschreibung geben, die allerdings an den hohen Energieeffizienzwert EH 40 gekoppelt ist. Für vier Jahre könnten jeweils fünf Prozent der Herstellungskosten steuerlich abgesetzt werden - vorausgesetzt, der sehr hohe Standard des Energieeffizienz-Hauses 40 wird eingehalten und die Baukosten liegen nicht über 4800 Euro pro Quadratmeter.
Zudem soll die Anhebung der linearen Abschreibung für Wohngebäude von zwei auf drei Prozent zum 1. Januar 2023 in Kraft treten und damit sechs Monate früher als vorgesehen. „Mit dem Vorziehen stellt die Ampel die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Neubauoffensive im neuen Jahr“, sagte Herbrand.
Das Jahressteuergesetz bündelt jährlich verschiedene Regelungen. Es sieht in diesem Jahr auch eine Neuregelung vor, einen direkten Auszahlungsweg etwa von staatlichen Hilfen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer zu schaffen. Der Bundestag soll das Gesetz am Freitag beschließen.