Politik

EU-Kommission bremst Orban durch Finanz-Entzug aus

Die Anstrengungen von Ungarn zur Umsetzung der Bedingungen für EU-Mittel haben nicht ausgereicht. Die EU-Kommission empfiehlt die Gelder nicht auszuzahlen. Streitpunkt waren die Bereiche Justiz und Korruption.
01.12.2022 13:05
Aktualisiert: 01.12.2022 13:05
Lesezeit: 2 min

Der Streit über die EU-Mittel, die Ungarn bisher verwehrt geblieben sind, geht weiter. Die EU-Kommission sprach am 30. November die Empfehlung aus, die vorgesehenen 13 Milliarden Euro nicht auszuzahlen. Ungarn hatte mit einem Plan für Konjunkturhilfen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie versucht die Vorgaben zu erfüllen und der EU entgegenzukommen. Die EU-Spitze stimmte zwar dem Plan der ungarischen Regierung für die Konjunkturhilfen zu, die dafür geplanten 5.8 Milliarden Euro sollen aber nicht ausgezahlt werden, solange Ungarn nicht alle Bedingungen der EU erfüllt.

Zu den Bedingungen die Ungarn erfüllen muss, gehören die Maßnahmen, welche im Rechtsstaatlichkeitsverfahren festgelegt wurden. Die Kommission ist in Fall von Polen im Juli 2022 ähnlich vorgegangen. Die EU sah im Juli auch im Falle von Ungarn große Schwierigkeiten beim Thema Korruption. Dem Land wurde eine fehlende Unabhängigkeit der Justiz vorgeworfen. Ein weiteres Streitthema waren der Lobbyismus, der Wechsel von Politikern in die Wirtschaft und die Parteien- und Wahlkampffinanzierung.

Einfrieren der Zahlungen würde Ungarn hart treffen

Die EU beklagte laut der Zeit im Juli, dass unabhängige Kontrollmechanismen in Ungarn nicht genügen würden, um gegen Korruption vorzugehen. Man sprach von einem „Umfeld, in dem die Risiken von Klientelismus, Günstlings- und Vetternwirtschaft in der hochrangigen öffentlichen Verwaltung nicht angegangen werden.“ Weiter wurde kritisiert, dass regierungsfreundliche Medien Vorteile bei der Unterstützung durch staatliche Werbung bekommen würden und man warf der Regierung Viktor Orbans vor, während der Covid-19-Pandemie auffällig stark von auf ihre Berechtigungen zurückgegriffen zu haben, auch in Bereichen, welche keine Verbindung mit der Pandemie haben.

Neben der Verweigerung der Auszahlung der 5,8 Milliarden Euro für die Konjunkturhilfen forderte die EU auch die für Ungarn bestimmten 7,5 Milliarden Euro zur Angleichung der Lebensverhältnisse im europäischen Staatenbund einzufrieren. Die Entscheidung der EU-Kommission könnten ein harter Schlag für Ungarn bedeuten. Alleine die 7,5 Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds der EU gleichen fünf Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Ungarns im bisherigen Jahr 2022. Ungarn befindet sich in großen finanziellen Problemen. Ende Oktober verdeutlichte laut der Nachrichtenagentur Reuters Entwicklungsminister Marton Nagy, dass die Inflation auf 21 Prozent angestiegen sei und man erwarte, dass sie bis zum Ende des Jahres auf 25 Prozent hochgehen wird.

Abstimmungsverhalten als Druckmittel gegen die EU

Ob die Empfehlung der EU-Kommission zur Einbehaltung der Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt für Ungarn von einem EU-Ministerrat angenommen wird, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Dafür braucht es jedoch eine qualifizierte Mehrheit. Eine qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass 15 der 27 EU-Staaten die insgesamt 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung ausmachen, absegnen müssen. Ungarn muss nun diese Abstimmung abwarten. Durch den Sieg von Georgia Meloni bei den Parlamentswahlen Ende September in Italien hat sich die Anzahl der Unterstützer der ungarischen Regierung und Orbans in Europa erhöht. Es ist nicht gesichert ob also die Empfehlung der EU-Kommission angenommen wird.

Sollte die Empfehlung der EU-Kommission tatsächlich durchkommen, hat Ungarn trotzdem einige Druckmittel gegen die EU in der Hand. Es könnte insbesondere weitere Sanktionen gegen Russland blockieren, ebenso die Nato-Erweiterung durch die beiden EU-Staaten Schweden und Finnland. Hier benötigen EU beziehungsweise die NATO eine Einstimmigkeit, um Beschlüsse durchzubringen. Ungarn könnte dieser Einstimmigkeit einen Strich durch die Rechnung machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weniger Azubi-Stellen: Ausbildungszahlen sinken weiter, zweiter Rückgang in Folge
11.12.2025

Für junge Menschen wird es im Zuge der Wirtschaftsflaute schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Angesichts der Konjunkturschwäche...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Ab Sonntag neuer Fahrplan – Ausdünnung in der Fläche
11.12.2025

Am kommenden Sonntag tritt der neue Fahrplan im Fernverkehr der Deutschen Bahn in Kraft. Er bringt für Fahrgäste unter anderem...

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: US-Notenbank senkt erneut US-Leitzins - Folgen für Deutsche?
11.12.2025

Der jüngste Fed-Zinsentscheid der US-Notenbank bewegt Wechselkurse, Finanzmärkte und deutsche Geldbeutel. Doch wem nützt der niedrigere...

DWN
Politik
Politik Steuerfreie Überstundenzuschläge in der Kritik: Reform bringt fast nichts
11.12.2025

Steuerfreie Überstundenzuschläge sollen ab 2026 die Arbeitsmotivation der Deutschen ankurbeln: Mehrarbeit soll sich lohnen. Deshalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Medienkrieg: Warum Paramount Skydance das Netflix-Angebot sprengt
10.12.2025

Ein Übernahmekampf erschüttert die US-Medienbranche, weil Paramount Skydance das vermeintlich entschiedene Rennen um Warner Bros....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen beendet Fahrzeugproduktion: Umbaupläne für Gläserne Manufaktur in Dresden
10.12.2025

Die VW-Fahrzeugproduktion in Dresden endet aus wirtschaftlichen Gründen nach mehr als 20 Jahren. Über die Zukunft des ehemaligen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jobabbau bei BASF und Co.: Deutsche Chemie-Industrie historisch schlecht ausgelastet
10.12.2025

Teure Energie, Wirtschaftskrise und Preisdruck: Die deutsche Chemiebranche steckt in der schwierigsten Krise seit 25 Jahren. Auch 2026...

DWN
Politik
Politik Schutz vor Einschüchterung: Bundesregierung beschließt besseren Schutz vor Schikane-Klagen
10.12.2025

Die Bundesregierung schützt Journalisten, Wissenschaftler und Aktivisten künftig besser vor sogenannten Schikane-Klagen. Mit dem Vorhaben...