Wirtschaft

Indien und China beteiligen sich nicht an Ölpreis-Deckel

Indien und China werden sich nicht an die von der EU und anderen Staaten beschlossene Ölpreis-Obergrenze halten.
05.12.2022 11:56
Aktualisiert: 05.12.2022 11:56
Lesezeit: 2 min

Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar hat sehr zurückhaltend auf den europäischen Preisdeckel für russisches Öl reagiert. Nach einem Gespräch mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verwies er am Montag in Neu-Delhi darauf, dass die Europäer seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar mehr fossile Energieträger aus Russland importiert hätten als die nächsten zehn Staaten weltweit zusammen.

„Ich verstehe, dass es einen Konflikt gibt. Die EU hat ihre Position“, sagte er. Priorität für die EU habe, zunächst sich selbst zu versorgen. Indem die Europäer nun aber zunehmend fossile Rohstoffe aus dem Mittleren Osten einkauften, trieben sie die Preise auch für Länder wie Indien nach oben. Er wünsche sich, dass europäische Regierungen stärker wahrnehmen würden, wer eigentlich wo was kaufe.

Hintergrund ist der Beschluss der EU, seit Wochenbeginn einen Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel Öl aus Russland festzusetzen. Die EU-Staaten und die mit ihnen verbündeten führenden Industrienationen wollen Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine finanziell unter Druck setzen. EU-Schifffahrtsunternehmen dürfen russisches Rohöl nur noch befördern, wenn es unter oder zu der Preisobergrenze verkauft wird. Diese Bedingung gilt auch für Versicherer und Rückversicherer, die etwa Schiffe versichern, oder andere Finanzierungen des Ölgeschäfts. Indien hat seine Energie-Importe aus Russland seit Kriegsbeginn massiv erhöht.

China baut Energie-Kooperation mit Russland aus

Die EU-Staaten und die mit ihnen verbündeten Industriestaaten müssen bei ihrem Ölpreisdeckel gegen Russland auch auf chinesische Hilfe verzichten. Peking wolle seine Energiekooperation mit Russland auf der Grundlage von Respekt und gegenseitigem Nutzen fortsetzen, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA am Montag unter Berufung auf das chinesische Außenministerium. Die Volksrepublik hat ihre Importe von russischem Öl in diesem Jahr erhöht, das deutlich günstiger zu haben ist als andere Ölsorten.

Einem Insider zufolge bereitet die russische Regierung als Reaktion auf den Preisdeckel ein Dekret vor. Es soll heimischen Unternehmen und Händlern geschäftliche Kontakte mit Ländern und Firmen verbieten, die sich an der Obergrenze orientieren. Dadurch werde die Ausfuhr von Erdöl und Erdölerzeugnissen solche Länder untersagt, sagte der Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

Der österreichische Energieexperte Walter Boltz rechnet damit, dass das Ölembargo gegen Russland die Preise für einige Wochen um bis zu 20 Prozent nach oben treiben könnte. Insgesamt erwarte er jedoch keine massiven Auswirkungen auf die europäischen Endkundenmärkte, sagte der frühere Chef des Energieregulators E-Control und derzeitige Berater der Bundesregierung im ORF Radio. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir für ein bis zwei Monate höhere Preise bei manchen Produkten, wie Diesel, Benzin und Heizöl haben“, sagte Boltz. „Da können es schon mal zehn, 15 oder 20 Prozent sein“, fügte er an.

Vom Deckel ausgenommen ist Pipeline-Öl, das nach Europa fließt. Darauf hatte unter anderem Ungarn gedrungen. Die deutsche Bundesregierung will ab 2023 aber auch auf diesem Weg kein russisches Öl mehr abnehmen. Sie sucht nach anderen Wegen, um die Belieferung der für die Treibstoffversorgung im Osten Deutschlands wichtigen Raffinerie in Schwedt zu sichern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump spricht mit Putin – doch der Frieden in der Ukraine bleibt Illusion
05.06.2025

Putin droht offen mit Vergeltung, Trump schweigt dazu – und der Papst bittet um Gnade. Inmitten von strategischen Bombern,...

DWN
Politik
Politik Hitzeschutzplan für Sporttreibende: Das Gesundheitsrisiko soll gemindert werden
05.06.2025

Durch die Klimakrise wird es in Deutschland immer heißer. Gerade für Sporttreibende kann das im Sommer zur Gefahr werden: Mit ihrem neuen...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission startet Defizitverfahren gegen Österreich
05.06.2025

Österreich steht wegen seiner hohen Neuverschuldung unter Druck. Die EU-Kommission will ein Defizitverfahren einleiten – und könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerentlastungen: Bundesregierung will Investitionen ankurbeln
05.06.2025

Steuerliche Anreize sollen die deutsche Wirtschaft aus der Flaute holen. Die Bundesregierung setzt auf Abschreibungsmöglichkeiten und eine...

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...