In Istanbul haben Tausende Menschen gegen die Verurteilung eines Rivalen von Präsident Recep Tayyip Erdogan wenige Monate vor der Präsidentenwahl demonstriert. Ein Gericht hatte den beliebten Bürgermeister der Metropole, Ekrem Imamoglu, zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt und ihm die politische Betätigung untersagt.
Die Demonstranten schwenkten am Donnerstag vor der Stadtverwaltung türkische Fahnen und skandierten Parolen gegen Erdogans AK-Partei, während patriotische Musik aus Lautsprechern erklang. Imamoglu selbst führte das Urteil auf seine politischen Errungenschaften zurück. "Manchmal bleibt in unserem Land kein Erfolg unbestraft."
Haft für potenziellen Rivalen
Das Urteil vom Mittwoch - etwa sechs Monate vor der Präsidentenwahl - erging wegen Beleidigung von Amtsträgern. Der CHP-Politiker Imamoglu hatte bei der Istanbuler Kommunalwahl 2019 die Wahlleiter als "Narren" bezeichnet. Das Urteil muss von einem Berufungsgericht bestätigt werden. Der Istanbuler Bürgermeister gilt als wichtigster Bewerber der Opposition bei der Wahl. Offiziell gibt es noch keinen Spitzenkandidaten. Der Ausgang hängt davon ab, ob es der CHP und anderen Oppositionsparteien gelingt, sich auf einen gemeinsamen und auch chancenreichen Kandidaten zu einigen.
Imamoglu hatte die Kommunalwahlen im März 2019 knapp gegen den AKP-Kandidaten gewonnen. Dann wurde die Abstimmung für ungültig erklärt. Die Wiederholung gewann Imamoglu mit großem Vorsprung. Sein Sieg beendete die 25-jährige Herrschaft der AKP in der mit 16 Millionen Einwohnern größten Stadt der Türkei und wurde auch als Niederlage Erdogans gewertet. Dieser regiert mit seiner AKP die Türkei seit zwei Jahrzehnten. Kritiker werfen ihm einen zunehmend autoritären Kurs vor. Tausende Regierungsgegner sind in Haft oder haben ihren Arbeitsplatz verloren. Zudem gilt die türkische Justiz als parteiisch. Die Regierung weist den Vorwurf zurück.