Unternehmen

Kein deutscher Konzern mehr unter "Top 100" an Weltbörsen

Unter den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt ist kein einziges deutsches mehr. Die USA dominieren die Liste, die den Niedergang Europas widerspiegelt.
29.12.2022 09:41
Aktualisiert: 29.12.2022 09:41
Lesezeit: 2 min

Die Weltbörsen werden Ende des Jahres 2022 mehr denn je von US-Konzernen dominiert, obwohl Technologiefirmen in den vergangenen zwölf Monaten stark an Wert verloren haben, wie aus einer Analyse der Unternehmensberater von EY von Donnerstag hervorgeht. Elf der zwölf teuersten börsennotierten Unternehmen (Stand: Börsenschluss am 27. Dezember) haben ihren Sitz in den USA, angeführt vom iPhone-Hersteller Apple, der mit einem Marktwert von 2,07 Billionen Dollar als einziger die Zwei-Billionen-Marke überschreitet. In die Phalanx der Amerikaner kann nur der arabische Ölriese Saudi Aramco auf Platz zwei einbrechen, der mit 1,87 Billionen Dollar für die Renaissance der Öl- und Energiewerte im Schatten des Ukraine-Krieges steht.

Das deutsche Aushängeschild SAP ist mit knapp 121 Milliarden Dollar zwar immer noch das wertvollste Unternehmen des Landes, der Softwarekonzern ist in der Rangliste von EY aber auf Platz 106 zurückgefallen. Deutschlands Nummer zwei ist der Münchner Technologiekonzern Siemens, der sich mit 109 Milliarden Dollar und dem 116. Platz zufriedengeben muss. Die Deutsche Telekom erreicht als 130. noch knapp die 100-Milliarden-Dollar-Schwelle. Sie hat als einzige der elf deutschen Firmen unter den weltweiten Top 300 im laufenden Jahr an Wert zugelegt - um 14 Prozent. Die Porsche AG ist mit einem Marktwert von knapp 92 Milliarden Dollar als 145. der bestplatzierte Neueinsteiger weltweit. Der Sportwagenbauer hat den Mutterkonzern Volkswagen deutlich abgehängt, der seit Ende 2021 rund 44 Prozent seines Börsenwertes verloren hat.

Die deutschen Top-Unternehmen stehen sinnbildlich für den langfristigen Abwärtstrend Europas an den Weltbörsen. Kamen im Jahr 2007 noch 46 der 100 wertvollsten Börsenwerte vom alten Kontinent und allein sieben aus Deutschland, sind 2022 gerade noch 15 aus Europa - und keiner aus Deutschland. Die Zahl der Firmen aus den USA und Kanada in der Rangliste hat sich in der gleichen Zeit auf 62 von 32 fast verdoppelt. Aus der Schweiz kommen mit Nestle (Platz 23, 321 Milliarden Dollar), Roche (Platz 32, 262 Milliarden) und Novartis (Platz 45, 196 Milliarden) immerhin drei der Top 50.

WO SIND DEUTSCHLANDS ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN?

"Angesichts der nach wie vor erheblichen Bedeutung deutscher Unternehmen für die Weltwirtschaft ist Deutschland an den Weltbörsen klar unterrepräsentiert", sagt EY-Deutschland-Chef Henrik Ahlers. "Aber an den Börsen zählen nicht die Erfolge der Vergangenheit, sondern Zukunftsperspektiven." Deren Beweis sei Deutschland bisher schuldig geblieben. "Wir erleben fundamentale Umwälzungen - wobei die Regeln derzeit von amerikanischen und asiatischen IT-Konzernen gemacht werden." Der Eindruck entstehe, dass Europa nur von der Seitenlinie aus zuschaue. Viele Firmen aus Europa seien in einem tiefgreifenden Umbau, nur wenige junge Unternehmen vom Kontinent schafften es an die Weltspitze.

Auch der zersplitterte Kapitalmarkt in Europa trage zu dem Rückstand an den Börsen bei, sagt der EY-Chef. "Einheitliche Kapitalmarktregeln in Europa wären ein wichtiger Schritt." Der mit Abstand schwerste Wert im deutschen Leitindex Dax, der Gasekonzern Linde, steht vor dem Rückzug von der Frankfurter Börse, weil er sich von den dort geltenden Regeln benachteiligt fühlt. In der weltweiten Börsen-Rangliste hat sich das Unternehmen mit offiziellem Firmensitz in Irland mit einem Marktwert von 162 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf Platz 59 von 71 verbessert.

KURSSTURZ BEI AMAZON UND TESLA

Der Abschwung an den Börsen ist an den teuersten Unternehmen nicht spurlos vorübergegangen. Die Top 100 verloren zusammen 7,2 Billionen Dollar Börsenwert, das sind 20 Prozent ihrer gesamten Marktkapitalisierung. Die Aktien von Spitzenreiter Apple und der Nummer drei, Microsoft, büßten jeweils 30 Prozent ein, beim Google-Mutterkonzern Alphabet (Platz vier) lag das Minus bei 41 Prozent, Amazon (Platz fünf) verlor in den vergangenen zwölf Monaten sogar die Hälfte seines Marktwertes. Der Elektroautobauer Tesla fiel mit einem Kurssturz um zwei Drittel von Platz sechs auf 20, der Facebook-Betreiber Meta von Platz sieben auf 26 zurück. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

 

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell leichter: Kurspotenzial weiter hoch – jetzt Rücksetzer nutzen und Silber kaufen?
04.12.2025

Der Silberpreis hat am Mittwoch ein Rekordhoch erreicht. Doch der starke Anstieg des Silberpreises in den vergangenen Monaten stellt die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Porsche-Aktie: 1.900 Stellen fallen weg
04.12.2025

Porsche verschärft seinen Sparkurs und fordert deutliche Zugeständnisse der Beschäftigten. 1.900 Stellen sollen bis 2029 wegfallen,...