Wirtschaft

LNG-Deal mit Bulgarien: Erdogan baut Stellung der Türkei als Energie-Hub aus

Die Türkei hat einen Gas-Importvertrag mit Bulgarien abgeschlossen. Das Abkommen dürfte den Einfluss des Landes im Energiesektor weiter ausbauen.
11.01.2023 10:00
Lesezeit: 2 min
LNG-Deal mit Bulgarien: Erdogan baut Stellung der Türkei als Energie-Hub aus
Die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan schließt einen LNG-Deal mit Bulgarien ab. (Foto: dpa) Foto: Christoph Soeder

Ende Dezember hatte die Türkei mit der Ankündigung von neuen Gasreserven Fortschritte beim Ziel der Regierung gemacht, das Land zu einem wichtigen Standort im internationalen Energiehandel zu etablieren.

Am 3. Januar konnte das Land der britischen Agentur Middle East Eye zufolge nun die nächste positive Nachricht verkünden. Bulgarien und die Türkei haben ein langfristiges Abkommen über den Zugang zu türkischen Flüssiggas-Terminals unterzeichnet. Dieser Schritt könnte dazu beitragen, die Gasversorgung der Region von Russland weg zu diversifizieren und das Ziel der Türkei, ein regionales Energiezentrum zu werden, zu fördern.

Abkommen erhöht Liefersicherheit in der Balkanregion

Das neue Abkommen wird es der Türkei ermöglichen, ihre Nachbarn auf dem Balkan mit etwa der Hälfte seines jährlichen Energiebedarfs zu versorgen. Die Vereinbarung zwischen dem staatlichen bulgarischen Gasbetreiber Bulgargaz und dem staatlichen türkischen Gasunternehmen Botas wird es Bulgarien ermöglichen, Flüssiggas (LNG) an den Gasterminals des Nachbarlandes zu entladen und das Botas-Netz für den Gastransport zu nutzen.

Bulgariens Interims-Energieminister Rosen Hristov war glücklich nach der Unterzeichnung des Abkommens: „Dank dieses Abkommens haben wir die Möglichkeit, Gas von allen internationalen Produzenten zu kaufen und es in der Türkei zu entladen, wo es für uns logistisch am günstigsten ist.“ Auch sein türkischer Kollege, Energieminister Fatih Donmez war zufrieden: „Das Abkommen ist wichtig für die Erhöhung der Liefersicherheit in der Balkanregion.“

Bulgarien ist eines der ärmsten Länder der EU und war jahrzehntelang fast vollständig von Russland abhängig, um seinen jährlichen Bedarf von etwa drei Milliarden Kubikmetern Gas zu decken. Moskau setzte im April die Lieferungen an das 7-Millionen-Land aus, nachdem sich Sofia nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine geweigert hatte, in Rubel zu zahlen. Das 13-Jahres-Abkommen würde es Bulgarien ermöglichen, bis zu 1,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zu transportieren und damit etwa die Hälfte des heimischen Energiebedarfs zu decken.

Das Abkommen ist ein Gewinn für die Türkei, die hofft, die an Bulgarien grenzende Region Thrakien als Energiezentrum für die gesamte Region zu positionieren. Im November stimmte Rumänien zu, aserbaidschanisches Gas über die Türkei zu importieren.

In Europa herrscht Energieknappheit, nachdem die Europäische Union beschlossen hat, die russischen Gasimporte um zwei Drittel zu kürzen. Dies geschah nach dem Krieg in der Ukraine und den ungeklärten Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines, die Russlands Exporte auf den Kontinent effektiv unterbrachen.

Türkei will sich zu einem Gashandelszentrum entwickeln

Die Türkei sieht die Situation als Chance, sich zu einem Gashandelszentrum zu entwickeln, das Maßstäbe setzen und die Region mit einer Mischung aus Gas aus Russland, Aserbaidschan, dem Iran und sogar LNG-Lieferungen versorgen könnte. Ankara investiert in neue LNG-Speicherkapazitäten und prüft neue Gasimportverträge. Einige Experten haben dem Middle East Eye gegenüber jedoch die Befürchtung geäußert, dass die Türkei dadurch eine Hintertür für russisches Gas schaffen könnte, welches fortan über Anatolien in die EU gelangen würde.

„Dank dieses Abkommens sind wir nun in der Lage, Gas von Produzenten aus der ganzen Welt zu kaufen“, sagte Rosen Hristov gegenüber Reportern. Bulgarien könne nicht kontrollieren, woher das Gas stamme, das ins Land komme, werde aber keine Verträge über LNG-Lieferungen aus Russland unterzeichnen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft kritisiert Bundesregierung: Unternehmen bewerten aktuelle Politik überwiegend schlecht
26.11.2025

Eine Erhebung des BDA zeigt: Die Wirtschaft in Deutschland ist mehr als unzufrieden mit der aktuellen Regierung. Drei Viertel der deutschen...

DWN
Politik
Politik EU USA Handel: Wie Washington die EU mit Digitalforderungen unter Druck setzt
26.11.2025

Die USA erhöhen den Druck auf Brüssel und verknüpfen den Zollstreit plötzlich mit Europas Digitalregeln. Washington fordert...

DWN
Politik
Politik USA und Ukraine einig über Friedensplan: Moskau bestätigt Pläne über Witkoff-Besuch
26.11.2025

US-Präsident Donald Trump will Tempo bei den Ukraine-Verhandlungen und schickt seinen Sondergesandten Steve Witkoff nach Moskau. Russland...

DWN
Politik
Politik Kritik an Brandmauer: Erster Wirtschaftsverband offen für Gespräche mit AfD
26.11.2025

Die Brandmauer-Debatte hat die Wirtschaft erreicht: Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Postzentrum Frankfurt: Noch fließt die Paketflut aus China
26.11.2025

Briefe waren gestern, die Luftpost am Frankfurter Flughafen wird von kleinen Warensendungen aus Fernost dominiert. Doch das könnte sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Bankenregulierung: Neue Regelungen setzen Europas Institute unter Druck
26.11.2025

Die europäische Bankenaufsicht ringt derzeit mit der Frage, wie sich Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit neu austarieren lassen, ohne...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...