Der Kampf ums Wasser ist aus verschiedensten Aspekten in der Vergangenheit ein Thema gewesen, wird aber oftmals beim Kampf um andere Rohstoffe übersehen. In drei bedeutenden Ländern nehmen die Spannungen stark zu: China, Pakistan und Iran. Die chinesische Regierung erklärt nun, die Fokussierung auf die Wasserressourcen des Landes ausbauen zu wollen.
Thema Wasser gewinnt für drei Länder an Priorität
Am 16. Januar verkündete das chinesische Ministerium für Wasserressourcen, dass Peking im Jahr 2022 mehr als 1 Billion Yuan (148 Mrd. US-Dollar) in die Bewirtschaftung der Wasserressourcen investieren wird, was einer Steigerung von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das geht aus einem Bericht des Magazins Geopolitical Futures hervor, das von George Friedman betrieben wird. Friedman gilt als ausgewiesener Geopolitik-Experte mit besten Kontakten in den US-Sicherheitsapparat.
Im vergangenen Sommer berichtete der Guardian, dass Fabriken im Südwesten Chinas ihre Arbeit einstellen mussten, nachdem eine rekordverdächtige Dürre einige Flüsse des Landes, darunter auch Teile des Jangtse, zum Austrocknen gebracht hatte. Es war die schwerste Hitzewelle in China seit sechs Jahrzehnten. Die bereits bestandene Dürre verschärfte sich dadurch, was sich wiederum auf die Lebensmittel- und Fabrikproduktion, die Stromversorgung und den Verkehr in einem großen Teil des Landes auswirkte. Auch die Wasserkraft und die Schifffahrt litten unter dieser Situation und die Lage in der Provinz Sichuan wurde als „ernste Situation“ eingestuft, da sie mehr als 80 Prozent ihrer Energie aus Wasserkraft erzeugt.
Pakistan könnte schon ab 2025 wasserarmes Land sein
Pakistan sucht derweil den Schulterschluss mit China in punkto Wasserversorgung. Wie die pakistanischen Zeitung Daily Times berichtet, machte die Regierung in Islamabad den Vorschlag, dass Projekte zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen eine Priorität für den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor werden müssen, da Pakistan im Jahr 2025 voraussichtlich ein wasserarmes Land sein wird.
Pakistan befindet sich in einer ähnlichen Lage. Der Indus ist eine Quelle für mehr als 17 Gigawatt Wasserkraft und unterstützt das Bewässerungssystem des Indus-Beckens mit Wasser, das mehr als 90 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion des Landes abdeckt. Schlechtes Wassermanagement, schnelles Bevölkerungswachstum, Dürren und Überschwemmungen haben zu einer bedrohlichen Situation geführt.
Iran leidet unter halbtrockenem Klima und wenig Regen
Auch der Iran sieht sich mit Wasserknappheit konfrontiert. Anfang Januar hatte ein iranischer Beamter dem Medium Iran International bestätigt, dass 270 Städte und Gemeinden unter akutem Wassermangel litten, da der Wasserstand in den Dämmen auf ein kritisches Niveau gesunken war. Im Iran haben das halbtrockene Klima und der Rückgang der Niederschläge in den letzten zehn Jahren ihren Teil zu der Krise beigetragen.
Die seit den 1990er Jahren andauernde ineffiziente Wasserbewirtschaftung ist allerdings das größere Problem, wie eine Studie von Science Direct darlegt. Nach der Revolution von 1979 verfolgte das neue Regime eine Politik der nationalen Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, die darin bestand, genügend Grundnahrungsmittel zu produzieren, um den Eigenbedarf des Landes zu decken, anstatt auf Importe angewiesen zu sein. Zu diesem Zweck wurde die landwirtschaftliche Produktion von der Grundwasserentnahme abhängig gemacht, und die sich langsam füllenden Grundwasserleiter konnten mit der wachsenden Zahl der Wassernutzer und -entnahmen nicht Schritt halten.
Wasser als Waffe im Krieg
Diese Probleme sind zwar nicht neu, aber sie werden immer dramatischer. Die Tatsache, dass alle drei Länder (China, Pakistan und Iran) geografisch miteinander verbunden sind, ist ein Signal für andere Nationen auf der ganzen Welt, die mit ähnlichen Wasserknappheiten kämpfen und unter den damit verbundenen Folgen zu leiden haben, oder bald damit konfrontiert sein werden.
In der Tat ist Wasser für die Geopolitik so grundlegend, dass es oft übersehen wird. Die Wasserversorgung spielt eine entscheidende Rolle für die Erhaltung von Leben, Landwirtschaft und Industrie. Die Wasservorräte selbst können aus Gründen, die außerhalb der Kontrolle einer Regierung liegen, dramatisch schwanken. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Wasserknappheit und der sich daraus ergebenden Konsequenzen, ergreifen die Regierungen jedoch zunehmend drastischere Maßnahmen, um die Versorgung sicherzustellen.
Streitigkeiten über die Kontrolle von Wasserressourcen enden in der Regel mit Gewalt. Der historische Streit zwischen Äthiopien und Ägypten um das Wasser des Nils ist wahrscheinlich derjenige, der am meisten Aufmerksamkeit erregt hat. Auch heute noch spielt die Wasserversorgung eine entscheidende Rolle. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Sprengung der Brücke von Kertsch oder der russische Angriff auf das Dnipro-Wasserkraftwerk.
Zwischen Indien und Pakistan kommt es in der Grenzregion Kaschmir auch deshalb immer häufiger zu Streitigkeiten, da Indiens Hauptstadt Neu-Delhi immer größere Probleme hat, die Wasserversorgung sicherzustellen. Die Metropolregion hat rund 32 Millionen Einwohner und das nötige Wasser muss aus immer weiter entfernten Teilen des Hochgebirges gewonnen werden.
Ernährungsunsicherheit Nordafrikas wird zunehmen
Aber Wasser ist nur ein Teil der Gleichung. Die Dürre von 2022, gefolgt von dem wärmsten Winter seit Jahren in der nördlichen Hemisphäre, hat viele Regierungen in diesem Jahr verunsichert, da die Auswirkungen der Wasserknappheit immer deutlicher werden. Die potenzielle Nahrungsmittelkrise, die ursprünglich auf die Energiekrise des letzten Jahres zurückzuführen war, könnte sich noch verschärfen. Am stärksten werden die Auswirkungen Experten nach in Ländern wie Afrika und dem Nahen Osten zu spüren sein, wo Wasserknappheit ein ständiges Problem darstellt.
Die Flüchtlingsströme aus Ländern wie dem Irak, Syrien und Jemen werden Geopolitical Futures zufolge möglicherweise zunehmen, ein Bericht der UNHCR bestätigt dies. Die Ernährungsunsicherheit wird in Ländern wie Algerien, Marokko und Tunesien wahrscheinlich zunehmen. Und da unklar ist, wie viele Nahrungsmittel von normalerweise großen Erzeugern wie Russland und der Ukraine im Jahr 2023 für den Export zur Verfügung stehen werden, haben Länder mit begrenzter inländischer Produktion noch mehr Grund zur Sorge.
Aber auch für Großmächte wie China, Pakistan und den Iran wird es wahrscheinlich erst einmal schlimmer werden, bevor es besser wird. Alle drei haben bereits mit sozioökonomischen Problemen zu kämpfen. Es ist nicht bekannt, wie sehr die COVID-19-Pandemie die chinesische Wirtschaft geschädigt hat, aber es sieht nicht gut aus, und Berichte zeichnen ein besonders düsteres Bild für die Jugendarbeitslosigkeit. (Ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Problemen, die China unabhängig von der Pandemie hat). Pakistan erlebt Geopolitical Futures zufolge seine schlimmste soziopolitische Krise seit Jahren. Der Iran wird seit Monaten durch anhaltende Bürgerproteste erschüttert. Die Inflation ist in allen drei Ländern hoch, ebenso wie wirtschaftliche Unruhen aufgrund von Klassenungleichheit. Wenn zu dieser Lage noch Wasserknappheit hinzukommt, könnte die Lage noch explosiver werden.
Spillover-Effekt könnte entstehen
Eine weitere Instabilität in einem der drei Hauptakteure wird wahrscheinlich einen Spillover-Effekt im Nahen Osten und darüber hinaus haben. Ein unruhiges Pakistan und ein unruhiger Iran werden die Türkei und Saudi-Arabien sicherlich nervös machen. Und was in China geschieht - einem der größten Ressourcenverbraucher der Welt und einer ihrer größten Wirtschaftsmotoren - ist für den Rest der Welt von Bedeutung. Fabrikschließungen aufgrund von Wasserknappheit in China würden neue Schocks in der Lieferkette auslösen, die sowohl Europa als auch die USA betreffen würden. Beide haben ihre eigenen Wasserprobleme zu bewältigen. Niedrigere Pegelstände des Rheins haben im vergangenen Jahr die europäische Binnenschifffahrt in Alarmbereitschaft versetzt; ein weiterer Rückgang wird wahrscheinlich die Wirtschaftstätigkeit in Westeuropa beeinträchtigen.
Im vergangenen Jahr sah sich die US-Regierung laut einem Bericht von Politico aufgrund der Wasserknappheit gezwungen, die Wasserabgabe in den westlichen Bundesstaaten einzuschränken. Wenn sich die Lage weiter verschlimmert, werden die politischen Entscheidungsträger in den USA gezwungen sein, zwischen der Wasserabgabe, der Stromerzeugung sowie der Industrie- und Nahrungsmittelproduktion einerseits und der Wassereinsparung andererseits zu wählen.
Unweigerliche Spannungen sind zu erwarten
Wasser ist ein endlicher Rohstoff, und es ist klar, dass die Sorgen um seine Nutzung und Verteilung mit dem Schwinden der Reserven zunehmen werden. Unter dem wachsenden Druck der Bürger werden die Regierungen nach schnellen Lösungen suchen. Wenn eine Lösung für ein Land auf Kosten eines anderen geht, wird es unweigerlich zu Spannungen kommen - vielleicht sogar zu Gewalt. Jede Regierung wird die Situation anders handhaben oder versuchen, sie zu handhaben.
In ärmeren Ländern könnten Milizen weiterhin um Wasser kämpfen, während in wohlhabenderen Ländern neue Richtlinien zur Wassernutzung und wahrscheinlich neue Technologien zur Erhaltung und Verbesserung der Wasserinfrastruktur diskutiert werden. Alles in allem stellt der Wasserstress eine weitere sozioökonomische Herausforderung dar, die die Welt in Angriff nehmen muss, bevor es noch schlimmer wird.