Die Deutsche Bank hat ihren Gewinn dank höherer Zinsen und eines florierenden Handelsgeschäfts im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 5,02 Milliarden Euro, ein Anstieg um 159 Prozent, wie das Institut am Donnerstag mitteilte. Damit übertraf das größte deutsche Geldhaus die Erwartungen der Analysten, die im Schnitt mit einem Nettogewinn von 4,17 Milliarden Euro gerechnet hatten. Das selbstgesteckte Ziel, eine Eigenkapitalrendite von 8 Prozent zu erzielen, übertraf die Bank mit 9,4 Prozent deutlich. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 0,30 je Aktie bekommen. "2022 haben wir das beste Ergebnis seit fünfzehn Jahren erzielt", erklärte Konzernchef Christian Sewing.
Das einstige Sorgenkind der europäischen Bankenbranche schloss damit das dritte Jahr infolge mit Gewinn ab. Mit dem Schlussquartal 2022 endet nun auch die dreijährige Umbauphase, mit der Sewing das Institut aus der Verlustzone führte. "Indem wir uns auf unsere Stärken konzentriert haben, sind wir deutlich profitabler, diversifizierter und effizienter geworden", erklärte er. Seine Ziele hin zu einem attraktiveren Aufwand-Ertrags-Verhältnis und somit zu einer höheren Profitabilität musste Sewing im vergangenen Sommer von 70 Prozent auf "die Spanne im mittleren bis niedrigen 70-Prozent-Bereich" korrigieren, erwartete also mehr Kosten, um einen bestimmten Ertrag zu erzielen als zuvor. Zum Ende 2022 lag dieser Profitabilitäts-Indikator bei 75 Prozent - und damit unter den Erwartungen der Analysten. Im vierten Quartal 2022 trugen Kosten für Rechtsstreitigkeiten, Vergleiche und "aufsichtsrechtliche Maßnahmen" zu den Aufwendungen bei, die insgesamt um fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr sanken.
HANDELSGESCHÄFT RETTET DIE INVESTMENTBANK
Die Volatilität auf den Märkten beflügelte insbesondere das Handelsgeschäft mit Anleihen und Währungen, bei dem die Erträge um 26 Prozent auf 8,9 Milliarden stiegen. Die Händler retteten damit die Gewinne der Investmentbank, der die Flaute bei Fusionen und Übernahmen nicht erspart blieb: Die Erträge der Investmentbanker im Emissons- und Beratungsgeschäft sanken um 62 Prozent auf eine Milliarde Euro gegenüber dem Vorjahr. Demzufolge wurden die Boni der Investmentbanker gekürzt und einige Stellen gestrichen.
Doch die Bilanz der Deutsche Bank wurde durch die Flaute im Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (M&A) nicht so stark belastet wie etwa die der US-Rivalen. Goldman Sachs und Morgan Stanley, deren Erträge vielmehr vom Investmentbanking abhängen, hatten im Schlussquartal 2022 Gewinnrückgänge von bis zu 70 Prozent verbucht.
Sewing hatte sich als Ziel gesetzt, die Erträge der Bank auf die weniger volatile Bereiche, wie das Privat- und Unternehmenskundengeschäft zu stützen. Unerwarteten Rückenwind bekamen diese Geschäftsbereiche im vergangenen Jahr vor allem durch die Zinswende: Erträge im Geschäft mit Unternehmenskunden stiegen um 23 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro und auch das Privatkundengeschäft brachte mit 1,7 Milliarden elf Prozent höhere Erträge als im Vorjahr.
Doch der unsichere wirtschaftliche Ausblick birgt Risiken für das Institut: Die Vorsorge für Kreditausfälle stieg 2022 auf 1,2 Milliarden Euro von 515 Millionen Euro. Das Brutto-Kreditengagement in Russland sank um 42 Prozent auf 806 Millionen Euro. Ein schwächeres Wachstum, die steigende Inflation oder die Rückkehr zu Niedrigzinsen könnten laut Analysten von Goldman Sachs den Aktienkurs der Bank wieder einbrechen lassen. (Reuters)