Politik

Lagebericht Ukraine: Stromausfälle nach russischen Raketenangriffen

Russische Raketenangriffe auf Kiew, Charkiw und Saporischschja haben am Freitag Schäden am Stromnetz der Ukraine verursacht. Die Gruppe Wagner bedrängt Bachmut.
10.02.2023 17:52
Aktualisiert: 10.02.2023 17:52
Lesezeit: 2 min

Einen Tag nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in London, Paris und Brüssel hat Russland sein Nachbarland mit einer neuen Angriffswelle überzogen. Zwar schossen ukrainische Kräfte nach Angaben der Luftwaffe 61 von insgesamt 71 russischen Raketen ab. Allerdings entstanden erneut Schäden am ukrainischen Stromnetz. Im Großteil des Landes seien die Behörden zu Notabschaltungen gezwungen worden, erklärte Energieminister Herman Haluschtschenko.

Russland weist Vorwürfe zurück, zivile Ziele ins Visier zu nehmen, und erklärt, die angegriffenen Einrichtungen seien für die Ukraine kriegsrelevant. Die an die Ukraine grenzende Republik Moldau warf Russland vor, eine Rakete habe das Land überflogen.

Wie schon mehrmals zuvor folgte die Angriffsserie Russlands einer diplomatischen Initiative der Ukraine im Westen. Präsident Selenskyj bekam dort viel Zuspruch, aber keine öffentliche Zusage für die von ihm geforderte Lieferung von Kampfjets.

EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte am Freitag auf Twitter, die EU stehe hinter der Ukraine und werde die Bereitstellung von Rüstungsgütern beschleunigen - auch von Luftabwehrsystemen. Die russischen Angriffe verurteilte Michel als willkürlich. Sie stellten Kriegsverbrechen dar.

Ziel der jüngsten Attacken war laut der Ukraine auch Kiew. Die ukrainischen Streitkräfte hätten zehn russische Raketen über der Hauptstadt abgeschossen, erklärte Bürgermeister Vitali Klitschko auf dem Kurznachrichtendienst Telegram unter Berufung auf das ukrainische Militär. Es habe keine Opfer gegeben, schrieb der Bürgermeister. Das Stromnetz sei aber beschädigt worden. Die Reparaturarbeiten hätten bereits begonnen.

UKRAINE: BISHER SCHWERSTER LUFTANGRIFF AUF SAPORISCHSCHJA

Insgesamt sei das ukrainische Stromnetz in sechs Regionen getroffen worden, erklärte Energieminister Haluschtschenko. Ziel sei neben Elektrizitätswerken auch Hochspannungs-Infrastruktur gewesen. Am schwierigsten sei die Lage in den Regionen Saporischschja im Südosten, Charkiw im Nordosten und Chmelnyzkyj in der Westukraine. In Saporischschja sei es der schwerste Luftangriff seit Beginn der russischen Invasion vor knapp einem Jahr gewesen, erklärten die Behörden.

Die Ukraine warnte angesichts des bevorstehenden Jahrestags am 24. Februar vor einer neuen russischen Großoffensive. Laut dem britischen Verteidigungsministerium sind Kräfte der Söldner-Gruppe Wagner offenbar zuletzt schneller auf die Stadt Bachmut vorgerückt. Russische Truppen seien zudem einige Vorstöße in Richtung Wuhledar gelungen. Wuhledar ist eine von der Ukraine gehaltene Bastion am strategischen Schnittpunkt zwischen der östlichen und der südlichen Frontlinie.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die eigenen "Militäroperationen" nahe Wuhledar und Bachmut machten "gute Fortschritte". Zu einem Bericht des britischen Geheimdienstes, dass russische Truppen bei einem gescheiterten Angriff bei Wuhledar mindestens 30 weitgehend intakte gepanzerte Fahrzeuge zurückgelassen hätten, äußerte sich Russland nicht.

Am Freitag bestellte die Regierung der Republik Moldau, die vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Turbulenzen am selben Tag ihren Rücktritt erklärte, den russischen Botschafter wegen Verletzung des Luftraums ein. Rumänien widersprach unterdessen der Darstellung der Ukraine, eine russische Rakete mit Ziel Ukraine habe auch das Nato- und EU-Land überflogen.

Die Ukraine wehrt sich nunmehr seit fast einem Jahr vehement gegen die russischen Angriffe und bemüht sich immer wieder intensiv um die Aufmerksamkeit und Unterstützung des Westens. Unterdessen wuchs der Druck auf das Internationale Olympische Komitee (IOC), Russland von den Olympischen Spielen 2024 auszuschließen. So wollen 35 Staaten - darunter Deutschland - nach Darstellung Litauens ein Teilnahmeverbot für Athleten aus Russland und auch Belarus fordern. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...