Deutschland

Krise in Schwedt fliegt der Bundesregierung um die Ohren

Lesezeit: 2 min
20.02.2023 13:00  Aktualisiert: 20.02.2023 13:44
Berlin hat ein Embargo gegen russisches Öl erlassen, ohne einen Plan B für die Raffinerie in Schwedt zu haben. Polen könnte helfen, fordert aber Gefälligkeiten.

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Die Krise um die bislang mit russischem Erdöl versorgte Raffinerie in Schwedt spitzt sich zu. Für die Versorgung der brandenburgischen Raffinerie steht nach dem Öl-Embargo gegen Russland weiter eine tragfähige Lösung aus. „Wir brauchen die Verlässlichkeit, um planbarer zusammenarbeiten zu können“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke am Montag nach einer Sondersitzung der Task-Force-Schwedt von Bund, Brandenburg und Kommunen.

Sein Wirtschaftsminister Jörg Steinbach sagte, man müsse so schnell wie möglich belastbare Lieferverträge über Danzig bekommen. Der polnische Hafen Danzig hat eine zentrale Rolle für Schwedt nach dem Embargo gegen russisches Öl, das ab Jahresbeginn gegriffen hat.

Wird Warschau mit Enteignung besänftigt?

Derzeit läuft die Raffinerie mit einer Auslastung von unter 60 Prozent. Als Ziel gilt mindestens 70 Prozent. Im April und Mai würden Wartungsarbeiten die Kapazität auf unter 50 Prozent drücken, sagte Steinbach. Es werde aber keine Versorgungsprobleme in dieser Zeit geben. Über Schwedt werden viele ostdeutsche Tankstellen mit Benzin und Diesel versorgt.

Wegen der Revision habe man auch von der polnischen Seite angebotene Nutzungszeiten von Danzig teils nicht genutzt. Polen ist bislang aber nicht bereit, dauerhaft die Versorgung von Schwedt zu unterstützen. Ein Grund ist, dass der russische Konzern Rosneft zwar unter deutscher Treuhand steht, aber rechtlich weiter Mehrheitseigentümer ist. Polen dringt auch auf ein Aus für Rosneft, da es Interesse an einem Einstieg der polnischen Orlen hat. Der Wirtschaftsstaatsekretär des Bundes, Michael Kellner, verwies als Task-Force-Leiter auf ein neues Gesetz zu Enteignungen. Dies könne mit Blick auf Hindernisse bei der Eigentümer-Struktur hilfreich bei der Versorgungs-Sicherung sein.

Die Änderung der Eigentümerstruktur gilt als Schlüssel, um Polen dauerhaft einzubinden. Denn auch Shell als zweitgrößter Eigner will seine Anteile abstoßen. Interesse an einem Einstieg in Schwedt haben auch deutsche Unternehmen wie Enertrag und Verbio oder Alcmene. Einem Medienbericht zufolge will auch der niedersächsische Mineralöl-Händler Hoyer einsteigen.

Die Bundesregierung hat jetzt mit einem neuen Gesetzentwurf den Weg für einen schnellen Verkauf der Anteile von Rosneft geebnet. Anteile von Unternehmen, die unter Treuhand-Verwaltung stehen, sollten künftig direkt übertragen werden können. Eine vorherige Verstaatlichung mit hohen Hürden ist demnach nicht mehr nötig. Das Gesetz soll im März im Bundeskabinett beschlossen und im Mai in Kraft treten. Dies wäre also zum Ende der Wartungsarbeiten in Schwedt. Das Gesetz könne bei der Gesellschafterstruktur hilfreich sein, sagte Kellner.

Die PCK-Raffinerie Schwedt spielt mit ihren gut 3000 direkt und indirekt Beschäftigten für die Versorgung von Ostdeutschland mit Benzin und anderen Raffinerieprodukten eine zentrale Rolle. Aber auch Teile Westpolens werden ebenso wie der Flughafen Berlin-Brandenburg mitversorgt.

Woidke skeptisch

Das Bundeswirtschaftsministerium hat Bedenken einer zu geringen Versorgung der Raffinerie zurückgewiesen. „Die Versorgung mit Produkten in der Region ist sicher und die befürchteten Preiseffekte sind ausgeblieben“, schrieb Staatssekretär Michael Kellner am Montag bei Twitter. Nach einer länger geplanten Revision im Frühjahr hofft Kellner auf eine wieder höhere Auslastung. „Das Ziel muss ja sein, dass mit Abschluss der Revision dann zum Sommer hin (...) die Eigentümer eine möglichst dauerhafte hohe Auslastung in Schwedt haben“, sagte der Grünen-Politiker nach einer Sondersitzung einer PCK-Arbeitsgruppe in Potsdam. Revisionen fänden immer wieder statt, ohne dass es Schwierigkeiten in der Versorgung gebe, sagte Kellner.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigte sich insgesamt skeptisch. „Wenn ich zufrieden wäre, hätte ich nicht zu einer Sondersitzung der Task Force eingeladen“, sagte der SPD-Politiker. Es gebe eine Reihe von Gründen, warum die Auslastung der Raffinerie bei 58 bis 59 Prozent liege. „Allerdings könnte momentan mehr bezogen werden“, sagte Woidke mit Blick darauf, dass wegen der geplanten Revision einige mögliche Öllieferungen über Danzig nicht von PCK genutzt werden.


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