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Neuer Warenkorb: Inflationsrate sinkt deutlich

Lesezeit: 2 min
22.02.2023 10:13  Aktualisiert: 22.02.2023 10:13
Die Inflationsrate für 2022 wird deutlich nach unten korrigiert, weil Energie im neuen Warenkorb weniger Gewicht hat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Neuer Warenkorb: Inflationsrate sinkt deutlich
Im neuen Warenkorb wird Energie weniger stark berücksichtigt. Dadurch ist die Inflationsrate für 2022 deutlich gesunken. (Foto: dpa)
Foto: Karl-Josef Hildenbrand

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Die Inflation in Deutschland hat sich zu Jahresbeginn deutlich beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im Januar um durchschnittlich 8,7 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Dezember hatte die Teuerungsrate noch 8,1 Prozent betragen, im November 8,8 Prozent. "Wir beobachten Preiserhöhungen bei vielen Waren und zunehmend auch bei Dienstleistungen", sagte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brandt. Im Vergleich zum Vormonat zogen die Preise um 1,0 Prozent an.

Experten hatten mit einer stärkeren Teuerung zu Jahresbeginn gerechnet - auch weil das Statistikamt die Gewichtung innerhalb des Warenkorbes geändert hat, der zur Ermittlung der Inflationsrate herangezogen wird: Den neuen Berechnungen liegen nun die Konsumgewohnheiten aus dem Jahr 2020 zugrunde, nicht mehr die von 2015. Dadurch wurde die Inflationsrate für das vergangene Jahr deutlich nach unten korrigiert - nämlich von 7,9 auf 6,9 Prozent, weil Energie im neuen Warenkorb weniger Gewicht hat.

"Der erneute Anstieg im Januar war zu erwarten, weil der Dezember-Wert durch die Übernahme der Abschlagszahlungen bei Erdgas und Wärme durch den Bund nach unten gedrückt war", sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. "Nichtsdestotrotz dürfte es sich bei dem Januar-Anstieg um einen Zwischenanstieg handeln." In den kommenden Monaten dürften Strom- und Gaspreisbremse den Inflationsdruck bei Energie begrenzen. Hinzu komme, dass etwa die Preise für Kraftstoffe und Heizöl seit dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine wieder gefallen seien.

"Für eine Entwarnung an der Inflationsfront ist es aber viel zu früh", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. So sei die Kernteuerungsrate - bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden - im Januar von 5,2 auf 5,6 Prozent gestiegen. "Die EZB sollte ihre Leitzinsen weiter entschieden anheben", sieht Krämer die Frankfurter Währungshüter daher in der Pflicht, mit einer strafferen Geldpolitik die Inflation zu begrenzen.

BUNDESBANK WARNT

Preistreiber Nummer eins blieb trotz staatlicher Entlastungsmaßnahmen die Energie. Sie kostete durchschnittlich 23,1 Prozent mehr als im Januar 2022. Erdgas verteuerte sich um 51,7 Prozent, Fernwärme um 26,0 Prozent. Für Brennholz, Holzpellets oder andere feste Brennstoffe wurden 49,6 Prozent und für leichtes Heizöl 30,6 Prozent mehr verlangt. Strom kostete 25,7 Prozent - trotz Strompreisbremse und Wegfall der sogenannten EEG-Umlage. Kraftstoffe wie Benzin kosteten hingegen nur 7,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Für Nahrungsmittel mussten 20,2 Prozent mehr bezahlt werden. Erheblich teurer wurden Molkereiprodukte und Eier (+35,8 Prozent) sowie Speisefette und Speiseöle (+33,8 Prozent). Deutlich spürbare Preisanstiege gab es auch bei Brot und Getreideerzeugnissen (+22,7 Prozent).

Die hohe Inflation dürfte der Bundesbank zufolge auch wegen hoher Tarifabschlüsse noch eine Weile anhalten. "Spürbare Zweitrundeneffekte auf die Preise sind absehbar", heißt es im aktuellen Monatsbericht. "Sie tragen dazu bei, dass die Inflationsrate über einen längeren Zeitraum deutlich über dem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent für den Euroraum bleiben wird." Viele Ökonomen befürchten, dass die Unternehmen wegen höherer Personalkosten ihre Verkaufspreise weiter anheben könnten. Solche sogenannten Zweitrundeneffekte wiederum dürften die Inflation anheizen. "In den jüngsten Tarifabschlüssen sind die Auswirkungen der hohen Preissteigerungsraten bereits klar erkennbar", warnt die Bundesbank. (Reuters)


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