Politik

Ausbau der Windkraft – Abbau von Schutzrechten für Mensch und Tier

Werner Thiede entkräftet den Mythos von der „klimafreundlichen“ und für Mensch und Tier ungefährlichen Windkraft. Der von der Bundesregierung angestrebte radikale Ausbau trägt totalitäre Züge.
26.02.2023 10:00
Lesezeit: 3 min
Ausbau der Windkraft – Abbau von Schutzrechten für Mensch und Tier
Die Rotoren von Windkraftanlagen drehen sich nach Sonnenuntergang. (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Bekanntlich leben wir in einer Beschleunigungsgesellschaft: Immer mehr Fortschritt ist mit immer mehr Tempo verbunden. Dabei ist in letzter Zeit die Einsicht gewachsen, dass zunehmende Beschleunigung nicht unbedingt der Natur des Menschen entspricht. Geändert hat das freilich bislang kaum etwas. Die neueste Tempozuwachs betrifft den Ausbau von Windrädern in Deutschland.

In den letzten Jahren hatte sich dieser Ausbau in Deutschland eher verlangsamt statt beschleunigt. Jetzt aber schaltet die Regierung auf Turbo: Im Durchschnitt sollen bis 2030 täglich vier bis fünf Windräder an Land hinzukommen. Dieser „Fortschritt“ solle generalstabs­mäßig angegangen und monatlich kontrolliert werden, ließ Bundeskanzler Olaf Scholz in der ersten Februarwoche 2023 verlauten. Im Grunde besteht die radikale Beschleunigung bei der Aufstellung von Windrädern freilich im Abbau von Schutzrechten für Mensch und Natur, wie sie ja bisher in ihren guten Sinn anerkannt waren.

Der Fortschritt des beschleunigten Ausbaus dient am Ende genau der generellen Beschleu­nigung ungefähr aller Dinge im Zuge der Digitalisierung, mit deren Förderung die Bundesregierung erklärtermaßen „den Fortschritt wagen“ und die EU-Notfallverordnung fleißig umsetzen will. In Not könnte ja sonst nicht nur das Klima geraten, sondern die digitale Transformation!

Fehlgeleitete Digitalisierung

Diese erweist sich bei näherem Zusehen unterm Strich als Energiefresser. Um die von ihr benötigte Energie zu erzeugen, sollen nun also Windräder und Photovoltaik-Anlagen auf Teufel komm raus, sprich: unter Abbau bislang selbstverständlicher Schutzrechte radikal herbeigezwungen werden. Es geht insofern gar nicht wirklich um den Klimaschutz, sondern darum, unter Rücksicht­nahme auf die Klimakrise kapitalistische Wachstumsprogramme am Laufen zu halten. Da wird viel Wind um nichts, nämlich um Nichtiges gemacht: Industrie und Wirtschaft wollen weiter daran verdienen, dass künstlich Wünsche nach eigentlich Über­flüssigem geweckt und bedient werden. Wieviel Energie kostet zum Beispiel das Streamen von Musik oder das Spielen im Netz! Statt gerade hier mit dem Rückbau der Energieverschwendung zu beginnen und fragwürdige Freiheiten einzuschränken, werden wichtige Lebensrechte für Mensch und Natur „ordnungspolitisch“ eingeschränkt.

Lesen Sie dazu: Autos und Flugzeuge stehen am Pranger – vom ausufernden Ressourcenverbrauch des Digital-Zeitalters spricht niemand

„Platz da für den Windpark“: Ökologisch soll das Ganze sein? Dafür werden nicht nur gesunde Wälder abgeholzt, mächtige „Betontürme“ errichtet und viele riesige Windräder auf­gestellt, deren Rotorblätter leider meist aus Tropenholz bestehen und bekanntlich Vögel (und Insekten?) schreddern, sondern es wird auch bei der einstigen Entsorgung nicht gerade umweltfreundlich zugehen. Viele Tonnen Stahlbeton verdichten und schädigen die Natur nachhaltig – und das auf zwei Prozent der Landesfläche bis 2032!

Lesen Sie dazu: Windräder schreddern hunderttausende Greifvögel und Fledermäuse

Zudem sind die funkenden Windkraft-Anlagen ohne Fremdstrom selber nicht funk­tionsfähig: Sie verbrauchen Betriebsstrom für Mess- und Regeltechnik sowie für den windunabhängigen Betrieb bei Flauten. Laut Jakob Schmidt könnte der Windkraft-Ausbau sogar „den Klima­wandel verstärken und Dürren auslösen“. Von dem durch sie erzeugten Infraschall, auf den manche Menschen bekanntlich mit Krankheitssymptomen reagieren, ganz zu schweigen! Die Regierungspolitik aber will die Abstandsregeln zu Ungunsten der betroffenen Anwohnerschaft ändern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat einmal in der ARD-Talkshow Anne Will eingeräumt: „Wenn man da wohnt, sind die Belastungen hoch.“ Doch kritische Argumente werden jetzt in bedrückender Einseitigkeit faktisch-praktisch unter den Teppich gekehrt.

Die auf beschleunigten Ausbau zielende Verkürzung der umwelt- und artenschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren lässt sich von einer zu hinterfragenden Absolutsetzung politischer Zielvor­gaben leiten, die jetzt von oben nach unten durchgebrochen werden sollen – nahezu ohne echte Rücksicht auf Verluste! Gewiss kann und muss man über solche Zielvorgaben diskutieren, aber in der parlamentarischen Debatte tauchen kaum kritische Argumente auf. Von einem Diskurs, der seinen Namen verdiente, kann da nicht ernsthaft die Rede sein.

Solch ein Vorgehen nennt man mit Fug und Recht ideologisch – egal, ob es von der EU-Politik oder nationalen Regierungen vorangebracht wird. Wenn der Schutz zukünftiger Generationen auf Kosten des Schutzes der heutigen Generation erfolgen soll, sind kritische Rückfragen mehr als berechtigt. Alles andere sähe sonst schon beinahe nach totalitären Vorgaben aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
avtor1
Werner Thiede

Dr. theol. habil. Werner Thiede ist außerplanmäßiger Professor für Systematische Theologie an der Universität Er­lan­gen-Nürnberg, Pfarrer i.R. und Publizist (www.werner-thiede.de). Zuletzt erschien von ihm „Unsterblichkeit der Seele? Interdisziplinäre Annäherungen an eine Menschheitsfrage“ (2. Auflage, Berlin 2022); im Druck befindet sich das Büchlein „Himmlisch wohnen. Auferstanden zu neuem Leben“ (Leipzig 2023).

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...