Politik

Taiwan verliert seine letzten Freunde an China

Lesezeit: 5 min
29.03.2023 09:09  Aktualisiert: 29.03.2023 09:09
Nun hat auch Honduras seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und sich stattdessen China zugewandt. Die Luft für den Inselstaat wird immer dünner.
Taiwan verliert seine letzten Freunde an China
Ein Erfolge für Präsident Xi Jinping: China gewinnt den Wettlauf um diplomatische Anerkennung gegen Taiwan. (Foto: dpa)
Foto: Alexey Maishev

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Am Sonntag hat Honduras diplomatische Beziehungen zu China aufgenommen, nachdem es zuvor die Beziehungen zu Taiwan abgebrochen hatte. Die Außenminister von China und Honduras unterzeichneten dazu in Peking ein gemeinsames Kommuniqué. Taiwan ist zunehmend isoliert und wird nur noch von 13 souveränen Staaten anerkannt. Der jüngste diplomatische Sieg für Peking stellt auch eine Niederlage für die USA dar und verdeutlicht den wachsenden chinesischen Einfluss in Lateinamerika und weltweit.

Zuvor hatte das honduranische Außenministerium am Sonntag auf Twitter mitgeteilt, dass seine Regierung "nur ein China in der Welt" anerkennt und dass Peking "die einzige legitime Regierung ist, die ganz China repräsentiert". Das Ministerium fügte hinzu, dass "Taiwan ein unveräußerlicher Teil des chinesischen Territoriums ist". Honduras habe Taiwan über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen informiert und sich verpflichtet, keine offiziellen Beziehungen oder Kontakte zu Taiwan mehr zu unterhalten.

Taiwans Außenminister Joseph Wu erklärte am Sonntag auf einer Pressekonferenz, dass Taiwan seine Beziehungen zu Honduras abgebrochen habe, um "seine Souveränität und Würde zu schützen". Die honduranische Präsidentin Xiomara Castro und ihr Team hätten immer eine "Fantasie" über China und die Frage des Wechsels der Beziehungen vor den Präsidentschaftswahlen in Honduras im Jahr 2021 aufgeworfen, zitiert AP den Minister. Die Beziehungen zwischen Taiwan und Honduras seien einst stabil gewesen, aber China habe nicht aufgehört, Honduras zu ködern.

Honduras habe Taiwan um milliardenschwere Hilfe gebeten und seine Angebote mit denen Chinas verglichen, sagte Wu. Vor etwa zwei Wochen bat die honduranische Regierung Taiwan um 2,45 Milliarden Dollar für den Bau eines Krankenhauses und eines Staudamms sowie für den Erlass von Schulden, fügte er hinzu. "Die Castro-Regierung lehnte die langjährige Unterstützung und die Beziehungen unseres Landes ab und führte Gespräche zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China. Unsere Regierung bedauert dies", sagte er.

Die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen sagte, ihre Regierung werde sich nicht auf einen "sinnlosen Wettbewerb der Dollar-Diplomatie mit China" einlassen. "In den letzten Jahren hat China beharrlich verschiedene Mittel eingesetzt, um Taiwans internationale Beteiligung zu unterdrücken, die militärische Einmischung zu verstärken und Frieden und Stabilität in der Region zu stören", sagte sie in einem aufgezeichneten Video. Die Sprecherin ihres Büros, Olivia Lin, wies in einer Erklärung darauf hin, dass die Beziehungen zwischen beiden Seiten seit mehr als 80 Jahren andauerten.

Was bedeutet der Wechsel von Honduras von Taiwan zu China?

Honduras ist der neunte diplomatische Verbündete, den Taipeh seit dem Amtsantritt der pro-unabhängigen Präsidentin Tsai Ing-wen im Mai 2016 an Peking verloren hat. Seit Jahrzehnten hat China Milliarden von Dollar in Investitionen und Infrastrukturprojekte in ganz Lateinamerika gesteckt. Diese Investitionen haben zu einem Machtzuwachs für China und einer wachsenden Zahl von Verbündeten geführt. In Honduras hat das chinesische Unternehmen Sinohydro ein Wasserkraftwerk in Zentralhonduras gebaut, das von Peking mit rund 300 Millionen Dollar finanziert wurde.

China und Taiwan liefern sich seit der Trennung im Bürgerkrieg 1949 einen Kampf um die diplomatische Anerkennung, wobei Peking Milliarden ausgibt, um die Anerkennung seiner "Ein-China-Politik" zu erreichen. China behauptet, Taiwan gehöre zu seinem Territorium und müsse notfalls mit Gewalt unter seine Kontrolle gebracht werden, und verweigert die meisten Kontakte mit Ländern, die formale Beziehungen zu der Inseldemokratie unterhalten. Es droht mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Länder, die lediglich ihre Kontakte ausbauen.

Taiwan unterhält noch Beziehungen zu Belize, Paraguay und Guatemala in Lateinamerika sowie zur Vatikanstadt. Die meisten der übrigen Partner sind Inselstaaten in der Karibik und im Südpazifik sowie Eswatini im südlichen Afrika. Präsidentin Tsai wird am Mittwoch eine zehntägige Reise mit Besuchen in Guatemala und Belize beginnen. Ihre Delegation wird auch in New York und Los Angeles Station machen, sagte Lin letzte Woche. Taiwans stellvertretender Außenminister Alexander Yui sagte zuvor, der Zweck von Tsais Reise sei es, die Freundschaft der Insel mit den beiden lateinamerikanischen Ländern zu betonen.

Wu sagte, ihm lägen keine Beweise dafür vor, dass der Zeitpunkt der Ankündigung mit Tsais Reise zusammenhänge, aber er merkte an, dass "China dies anscheinend absichtlich tut". Trotz Chinas Isolationskampagne unterhält Taiwan solide informelle Beziehungen zu mehr als 100 anderen Ländern, vor allem zu den Vereinigten Staaten. Denn nicht einmal die USA unterhalten diplomatische Beziehungen zu Taiwan, obwohl sie Taipeh als einen wichtigen Partner im indopazifischen Raum betrachten.

Warum verliert Taiwan seine letzten Verbündeten?

Auf Taiwan werden mehr als 60 Prozent der weltweiten Halbleiter hergestellt. Dennoch ziehen praktisch alle Staaten der Welt diplomatische Beziehungen zu Peking vor. Nur die genannten 13 Länder halten zu Taipeh. Und es werden immer weniger. Allein seit den 1970-er Jahren haben 50 Staaten die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen, seit 1990 sind weitere 15 Länder hinzugekommen. Warum also verliert die Insel ihre Freunde? Die Antwort liegt in der Geschichte des Inselstaates und in seiner Konfrontation mit China.

Taiwan war 50 Jahre lang eine japanische Kolonie, bevor es nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg an Peking zurückgegeben wurde. Doch als die damalige chinesische Regierung im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten verlor, floh sie im Jahr 1949 nach Taiwan. Auch wenn sie geschlagen war, erhob sie weiterhin den Anspruch, die rechtmäßige Regierung von ganz China zu sein. Seitdem regiert nun Peking über das chinesische Festland, nicht aber über die Insel Taiwan.

Die Kommunistische Partei hält bis heute daran fest, dass Taiwan ein Teil von China ist. Um dieser Auffassung Nachdruck zu verleihen, weigert sie sich, diplomatische Beziehungen zu Ländern aufzunehmen, die Taiwans Ansprüche auf die Insel oder gar auf ganz China anerkennen. Nachdem die UN im Jahr 1971 den ständigen Sitz im Sicherheitsrat an Peking übergeben hatte, gaben weitere Länder Taiwan auf. Auch die USA brachen im Jahr 1979 die diplomatischen Beziehungen zu der Insel ab und erkannten die Regierung in Peking an.

Schon lange hat Taiwan sich mit der Realität arrangiert und seine ursprüngliche Hoffnung aufgegeben, das chinesische Festland irgendwann einmal von den Kommunisten zurückzuerobern. Daher würde es auch mit jenen Ländern diplomatische Beziehungen aufrecht erhalten, die zugleich auch mit der Regierung in Peking diplomatische Beziehungen unterhalten. Doch China betrachtet den seit dem Jahr 1949 anhaltenden Zustand, dass Taiwan rechtlich ein unabhängiges Land, als inakzeptabel und vorübergehend.

Chinas Methoden, um Taiwans Freunde abzuwerben

China arbeitet geduldig daran, die Liste der Länder immer kürzer werden zu lassen, die Taiwan noch diplomatisch anerkennen. So ist Peking durchaus bereit, den noch verbleibenden Ländern Geld oder Kredite anzubieten, um sie für sich zu gewinnen. Honduras etwa hatte erklärt, es wolle die Beziehungen zu Taiwan abbrechen, weil es in seinen Schulden "ertrinkt" und die zusätzlichen Investitionen auch China in Anspruch nehmen möchte. China wendet aber auch verborgenere Methoden an, um Taiwans Freunde für sich zu gewinnen, wie der Economist berichtet.

David Panuelo, der scheidende Präsident von Mikronesien, das derzeit China anerkennt, aber einen Wechsel zur Anerkennung Taiwans in Erwägung zieht, berichtet demnach von Bestechungsangeboten an Politiker, darunter Umschläge mit Bargeld und Reisen in Privatjets. China könnte lockende Anreize nicht nur anbieten, sondern auch zurückziehen. Eine Möglichkeit besteht darin, seine Touristen umzuleiten. Wenn das Zuckerbrot nicht wirkt, kommt die Peitsche zum Einsatz. Panuelo behauptet sogar, er habe von chinesischen Beamten Drohungen gegen seine persönliche Sicherheit erhalten.

Aber auch Taiwan ist durchaus bereit, selbst Zuckerbrote anzubieten. Im März 2023 versprach es Mikronesien ein Geschenk in Höhe von 50 Millionen Dollar sowie jährliche Zahlungen in Höhe von 15 Millionen Dollar, wenn es die Loyalität wechselt. Amerikanische diplomatische Botschaften, die von Wikileaks enthüllt wurden, behaupten, dass Taiwan Regierungsbeamten der winzigen Pazifikinsel Nauru als Gegenleistung für ihre Unterstützung ein monatliches Stipendium gezahlt hat. Und wie China bietet auch Taiwan den Kindern ausländischer Führungskräfte Stipendien an seinen Universitäten an.

In den 1970er Jahren konnte das reiche und aufstrebende Taiwan noch mit China um diplomatische Anerkennungen konkurrieren, zitiert der Economist Graeme Smith von der Australian National University in Canberra. Heute hingegen sind viele Länder im Handel von China abhängig, sodass die wirtschaftlichen Drohungen des Landes glaubwürdiger sind als die von Taiwan. Da Chinas Macht und Reichtum immer größer werden, muss Taiwan stattdessen darauf hoffen, dass die historischen Bindungen dazu beitragen, die Loyalität seiner wenigen verbliebenen diplomatischen Partner zu erhalten.

Während Taiwan die offizielle Anerkennung fast aller Staaten verloren hat, erhält die Insel immerhin eine verstärkte informelle Unterstützung. Die USA versucht, die wenigen noch verbleibenden Länder davon zu überzeugen, an der offiziellen Anerkennung Taiwans festzuhalten. Die USA stehen zum Taiwan Relations Act aus dem Jahr 1979, mit dem sie sich zur Verteidigung der Insel verpflichtet haben. Und US-Präsident Joe Biden sagte kürzlich, dass die US-Truppen Taiwan gegen jeden "noch nie dagewesenen Angriff" verteidigen würden.


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