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Sturz von Credit Suisse zwingt UBS-Chef zum Rücktritt

Nachdem die UBS ihren Rivalen Credit Suisse geschluckt hat, holt sie ihren alten Chef Sergio Ermotti zurück. Der bisherige UBS-Chef Ralph Hamers muss gehen.
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30.03.2023 17:17
Aktualisiert: 30.03.2023 17:17
Lesezeit: 4 min
Sturz von Credit Suisse zwingt UBS-Chef zum Rücktritt
Ralph Hamers, Colm Kelleher und Sergio Ermotti bei der UBS-Pressekonferenz am Mittwoch. (Foto: dpa) Foto: Michael Buholzer

Einen Tag nachdem UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher - unter dem massiven Druck der Schweizer Behörden - zugestimmt hatte, den strauchelnden Rivalen Credit Suisse zu retten, rief er Sergio Ermotti an, um ihn zu fragen, ob er seinen alten Job als UBS-Chef zurückhaben will. Denn bei einer eilig anberaumten Telefonkonferenz am Vorabend hatte der bisherige UBS-Chef Ralph Hamers Probleme, die Fragen von Analysten zu beantworten. Dies verstärkte die Kellerhers Zweifel, ob der Niederländer die größte Banken-Transaktion seit der Finanzkrise leiten sollte, wie die Financial Times berichtet.

Der UBS-Verwaltungsratspräsident war erschrocken über das Ausmass der Herausforderung, die seine Bank mit dem 3,25-Milliarden-Dollar-Deal auf sich genommen hatte. Mit der Übernahme der Credit Suisse wird die viertgrößte Bank der Welt mit 120.000 Mitarbeitern und einem verwalteten Vermögen von 5 Milliarden Dollar hervorgehen. Auch die Aktionäre der Bank und die Aufsichtsbehörden äußerten Bedenken, was die Rückkehr von Ermotti zusätzlich attraktiv machte, der UBS neun Jahre lang leitete, bevor er im Jahr 2020 die Leitung an Hamers übergab.

In dem Telefonat mit Ermotti am Montag, den 20. März schlug Kelleher vor, dass der 62-Jährige an die Spitze der UBS zurückkehrt und die Integration der beiden größten Schweizer Banken vorantreibt. Die beiden kannten sich gut und hatten schon seit einigen Monaten regelmäßig über die Notlage der Credit Suisse gesprochen, aber das Telefonat war das erste Mal, dass Ermottis Rückkehr offiziell diskutiert wurde. Am Dienstagabend aßen die beiden zusammen zu Abend, und am darauffolgenden Montag gab auch der UBS-Verwaltungsrat seine Zustimmung.

Hamers' Position bei UBS war stets wacklig

Obwohl die Entscheidung, Hamers zu ersetzen, schnell getroffen wurde, schien seine Position als UBS-Chef nie sicher zu sein. Der Niederländer war Ende 2020 überraschend für die Nachfolge von Ermotti ausgewählt worden, nachdem er den Großteil seiner Karriere bei der kleineren niederländischen Bank ING verbracht hatte. Seine mangelnde Erfahrung in den beiden Hauptgeschäftsfeldern von UBS, dem Investmentbanking und der Vermögensverwaltung, wurde von Analysten und UBS-Mitarbeitern kritisiert.

Dennoch wurde er vom ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten Axel Weber ausgewählt, um die Kosten zu senken und eine stärkere digitale Strategie für eine Bank zu entwickeln, deren Wurzeln 161 Jahre zurückreichen. Hamers' Zeit an der Spitze von UBS schien ein Erfolg zu sein, da die Bank eine Reihe von rekordverdächtigen Quartalsgewinnen einfahren konnte. Es dauerte jedoch seine Zeit, bis er sich einen Namen machen konnte, und es dauerte mehr als ein Jahr, bis er seine große Vision für die Bank vorstellte.

Hamer wollte die Vermögensverwaltung von UBS in den USA und Asien weiter entwickeln. Doch Kritiker spotteten in Medieninterviews über Hamers' Strategie und seine Beschreibung von UBS als "Netflix für Vermögen". Ein wichtiger Pfeiler seiner Strategie war die 1,4-Milliarden-Dollar-Übernahme des Robo-Advisors Wealthfront, die erste Übernahme, die UBS seit der Finanzkrise abgeschlossen hat. Doch die Kunden des Start-ups - meist jüngere, digital versierte Sparer - schienen nicht zu der vermögenderen Kundenbasis zu passen, die UBS in den USA ansprechen wollte.

Als Kelleher vor einem Jahr den früheren Chef der deutschen Bundesbank Weber als UBS-Verwaltungsratspräsident ablöste, begannen der Verwaltungsrat und die langjährigen UBS-Mitarbeiter bereits die Geduld mit Hamers zu verlieren, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider berichtet. Kelleher nahm Hamers zunächst unter seine Fittiche und versuchte, seine Kommunikationsfähigkeiten aufzufrischen. Hamers wurde verboten, in den gemeinsamen wöchentlichen Sitzungen seine Lieblingsschlagworte wie "Zweck" und "Ökosysteme" zu verwenden.

Kelleher war bereit, Hamers Zeit zu geben, um zu beweisen, dass er in der Lage war, das Unternehmen zu führen und die Wachstumsstrategie umzusetzen. Doch als UBS die Übernahme von Wealthfront im September abbrach, wurden Fragen zu Hamers' Autorität innerhalb der Bank laut. Zum Jahreswechsel, als die Situation des Zürcher Konkurrenten Credit Suisse immer bedrohlicher wurde, intensivierte der UBS-Verwaltungsrat die Pläne für eine mögliche Rettung, da er davon ausging, dass die Schweizer Behörden ihn schließlich zum Handeln auffordern würden.

Übernahme von Credit Suisse nur mit Ermotti

Bei UBS war Kelleher der treibende Faktor bei den Übernahmegesprächen, während Hamers eine eher untergeordnete Rolle spielte, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider berichtet. Nach der Ankündigung der Übernahme am 19. März und während Kelleher in Gesprächen mit Ermotti über seine Rückkehr war, begann das Führungsteam der Bank mit der Ausarbeitung eines Plans für die Integration der beiden Banken. Die Aufgabe wurde Mike Dargan übertragen, dem Chief Digital and Information Officer der Bank.

Angesichts der mangelnden Erfahrung mit transformativen M&A-Transaktionen in den Führungsetagen der Bank lud UBS Beratungsunternehmen ein, sich um die Übernahme zu bewerben. An einer Sitzung des UBS-Exekutivkomitees in der vergangenen Woche versuchten hochrangige Manager, Hamers davon abzubringen, McKinsey eine zu große Rolle in dem Prozess zuzugestehen, da das Beratungsunternehmen in den letzten Jahren einen großen Einfluss auf beide Banken ausgeübt habe, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider berichtet.

Während seiner Amtszeit hatte sich Hamers zunehmend auf McKinsey verlassen, um Veränderungen in der Gruppe durchzusetzen. Dies verärgerte sowohl leitende Manager der Bank als auch Vorstandsmitglieder, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider berichtet. Hamers hatte einst selbst im Beirat von McKinsey gesessen.

Für Ermotti war die Chance, zur UBS zurückzukehren, als diese gerade dabei war, ihren starken Konkurrenten zu übernehmen, zu gut, um sie auszuschlagen.

Während seiner Zeit bei der UBS hatte Ermotti "drei- oder viermal" Pläne zur Übernahme der Credit Suisse ausgearbeitet, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider berichtet. Die Gespräche mit dem Verwaltungsrat der Credit Suisse kamen jedoch nie zustande, da dieser nicht an einer Übernahme interessiert war. Sein offizieller Amtsantritt ist am kommenden Mittwoch.

Ermotti wird zunächst eine Bestandsaufnahme der technischen Aspekte des Deals vornehmen, bevor er über Änderungen in der Geschäftsleitung, etwa die Rückholung weiterer ehemaliger UBS-Mitarbeiter, oder an den Integrationsplänen entscheidet. "Zurückzukommen, um diese Situation zu managen, ist eine Herausforderung, aber ich fühlte mich auch in der Pflicht", sagte Ermotti am Mittwoch vor Journalisten. "Ich hatte immer das Gefühl, dass das nächste Kapitel [für UBS] eine Transaktion wie diese ist."

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