Bundeskanzler Olaf Scholz dringt auf einen Beitritt Rumäniens zum europäischen Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen noch in diesem Jahr. «Deutschland steht fest an der Seite Rumäniens», sagte Scholz am Montag nach einem Treffen mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis in Bukarest. Ziel sei es, dass das Land «in diesem Jahr endlich die Vollmitgliedschaft im Schengen-Raum erhält». Rumänien erfülle inzwischen alle notwendigen Voraussetzungen dafür. Auch Iohannis zeigte sich zuversichtlich, dass der Beitritt bis Ende des Jahres gelingen kann, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
Unmittelbar vor der Abreise des Kanzlers nach Bukarest wurde ein wichtiges Kooperationsprojekt beider Länder mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bekannt. Der Rüstungskonzern Rheinmetall richtet in dem Nachbarland der Ukraine ein Wartungs- und Logistikzentrums für Panzer, Haubitzen und Militärfahrzeuge ein, die den ukrainischen Streitkräften vom Westen geliefert wurden. Die Servicestation in Satu Mare in der Nähe der rumänisch-ukrainischen Grenze soll bereits im April den Betrieb aufnehmen, wie ein Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Scholz begrüßte den Schritt. «Ich bin sehr froh, dass so viele europäische Mitgliedstaaten bereit sind, das mit uns gemeinsam voranzubringen.»
Rumänien wartet ebenso wie Bulgarien bereits seit 2011 auf die Aufnahme in den Schengen-Raum, dem inzwischen 27 Länder angehören, darunter 23 EU-Staaten. Die Aufnahme war zuletzt im Dezember vor allem am Widerstand Österreichs gescheitert. Die Regierung in Wien hatte seine Ablehnung damit begründet, dass zu viele Migranten über Rumänien illegal nach Österreich kämen.
Einen Teil der Schengen-Regeln wenden die EU-Länder Rumänien und Bulgarien bereits an, doch werden die Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zu ihnen bislang aufrechterhalten. Neue Mitglieder können nur einstimmig aufgenommen werden. Scholz sagte, er werde sich bei allen Gesprächen mit den europäischen Partnern dafür einsetzen, dass der Schengen-Beitritt in diesem Jahr gelingt. Es spreche alles dafür, «dass das jetzt gemacht werden kann». Iohannis dankte Scholz für die «aktive Hilfe» Deutschlands. «Rumäniens Beitritt wird den Schengen-Raum konsolidieren», sagte er.
Machtkampf um Moldau
Scholz (SPD) wollte am Nachmittag zusammen mit Iohannis auch die moldauische Präsidentin Maia Sandu treffen. Die ehemalige Sowjetrepublik mit ihren 2,6 Millionen Einwohnern liegt zwischen Rumänien und der Ukraine. Die proeuropäische Regierung des armen Landes wirft Russland gezielte Destabilisierung vor. Auch der Nationale Sicherheitsrat der USA hatte kürzlich erklärt, russische Akteure - teilweise mit Verbindungen zu russischen Geheimdiensten - heizten Proteste an, um einen Aufstand gegen die Regierung Moldaus loszutreten.
Scholz betonte, dass das Treffen mit Sandu für ihn «viel mehr als ein Symbol» sei. «Das ist auch ein Ausdruck einer existierenden, ganz praktischen Partnerschaft». Die wolle man nun weiter voranbringen.
Um Moldau tobt seit Monaten ein Machtkampf zwischen den USA, der EU und der NATO auf der einen und Russland auf der anderen Seite.
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Moldau strebt zwar nicht in die Nato, will aber der Europäischen Union beitreten. Im Juni erhielt das Land zusammen mit der Ukraine den Kandidatenstatus. Deutschland und andere EU-Staaten unterstützen Moldau mit hohen Geldsummen. Bei drei Geber-Konferenzen im vergangenen Jahr kamen weit mehr als eine Milliarde Euro zusammen - viel Geld in einem Land mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von zuletzt etwa 14 Milliarden US-Dollar.
Die Bundesregierung hat Moldau im vergangenen Jahr auch militärische Hilfe zugesagt. Im Januar wurden die ersten von 19 gepanzerten Transportfahrzeuge vom Typ Piranha an die moldauischen Streitkräfte geliefert.
Moldau ist politisch zwischen proeuropäischen und prorussischen Kräften gespalten. In der abtrünnigen Region Transnistrien, einem schmalen Landstreifen an der Grenze zur Ukraine, sind seit den 1990er-Jahren russische Soldaten stationiert. Dort soll sich auch noch ein riesiges Munitionsdepot aus sowjetischen Zeiten befinden.
Auf die Frage eines Journalisten, ob Moldau Waffen und militärische Ausrüstung aus dem Westen wünsche, sagte die moldauische Präsidentin Maia Sandu am Montag in Bukarest im Beisein von Bundeskanzler Scholz und Iohannis: «Ja, wir müssen die (unsere) Verteidigungsfähigkeit konsolidieren und ja, wir brauchen Hilfe dafür und ja, wir diskutieren darüber mit Partnern.»