Finanzen

Zentralbanken setzen Gold-Käufe im großen Stil fort

Die globalen Zentralbanken zeigen keine Anzeichen, dass sie ihre Gold-Käufe wieder verlangsamen könnten. Schon seit elf Monaten erhöhen sie ihre Bestände massiv.
Autor
07.04.2023 09:41
Aktualisiert: 07.04.2023 09:41
Lesezeit: 3 min
Zentralbanken setzen Gold-Käufe im großen Stil fort
Auch wenn die Währungen längst nicht mehr durch Gold gedeckt sind - die Zentralbanken tätigen derzeit massive Goldkäufe. (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Im Februar stiegen die Goldreserven der globalen Zentralbanken um weitere 52 Tonnen netto, wie aus den jüngsten Daten des World Gold Council hervorgeht. Dies war der nunmehr elfte Monat in Folge, in dem die Zentralbanken ihre Goldbestände erhöhten. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres beliefen sich die Nettogoldkäufe der Zentralbanken auf zusammen 125 Tonnen. Dies ist der stärkste Jahresauftakt seit 2010.

China war im Februar der größte Käufer. Die Notenbank des Landes erhöhte ihre Goldbestände um 24,9 Tonnen. Dies war der vierte Monat in Folge, in dem China Goldkäufe gemeldet hat. In diesen vier Monaten sind die chinesischen Goldreserven um insgesamt 102 Tonnen gestiegen.

Die chinesische Zentralbank hatte bereits in den Jahren 2002 bis 2019 insgesamt 1.448 Tonnen Gold angehäuft. Doch dann kamen plötzlich gar keine Meldungen mehr aus China, bis die Notenbank des Landes im November 2022 wieder Goldkäufe meldete. Die seit langem existierenden Spekulationen, dass die Chinesen ihre Goldbestände auch in den Jahren 2002 bis 2019 insgeheim weiter aufgestockt haben könnten und über tausende Tonnen mehr Gold verfügen könnten als offiziell gemeldet, halten jedoch weiter an.

Im vergangenen Jahr gab es eine große, nicht gemeldete Zunahme der Goldbestände der Zentralbanken. Zu den Zentralbanken, die ihre Käufe in der Vergangenheit häufig nicht gemeldet haben, gehört neben China auch Russland. Doch nicht nur diese beiden Staaten hätten einen Anreiz für heimliche Goldkäufe, da sie längst nicht mehr die einzigen Staaten sind, die ihre Abhängigkeit vom Dollar verringern wollen und im Gold eine tragbare Alternative sehen.

Die Staaten mit den meisten Goldreserven:

  1. USA - 8,133.5 Tonnen
  2. Deutschland - 3,354.9 Tonnen
  3. Italien - 2,451.8 Tonnen
  4. Frankreich - 2,436.8 Tonnen
  5. Russland - 2,329.6 Tonnen
  6. China - 2,050.3 Tonnen
  7. Schweiz - 1,040.0 Tonnen
  8. Japan - 846.0 Tonnen
  9. Indien - 790.2 Tonnen
  10. Niederlande - 612.5 Tonnen
  11. Türkei - 587.3 Tonnen
  12. Taiwan - 423.6 Tonnen
  13. Usbekistan - 392.5 Tonnen
  14. Portugal - 382.6 Tonnen
  15. Kasachstan - 342.5 Tonnen
  16. Saudi-Arabien - 323.1 Tonnen
  17. Großbritannien - 310.3 Tonnen
  18. Libanon - 286.8 Tonnen
  19. Spanien - 281.6 Tonnen
  20. Österreich - 280.0 Tonnen

Knapp hinter China der zweitgrößte Goldkäufer im Februar war die Türkei, die ihre Goldbestände um weitere 22,5 Tonnen aufstockte. Bereits im vergangenen Jahr war die türkische Zentralbank der größte Goldkäufer der Welt. Sie hat ihre Goldbestände bereits seit 15 Monaten in Folge erhöht. Das Land verzeichnet derzeit eine starke Inflation. Im Dezember lag sie bei 64 Prozent. Der Lira-Goldpreis stieg im Verlauf des Jahres 2022 um rund 40 Prozent.

Nach einer Pause im Januar kaufte auch Indien im Februar wieder Gold und stockte seine Reserven um 2,8 Tonnen auf. Seit der Wiederaufnahme ihrer Goldkäufe Ende 2017 hat die indische Zentralbank bereits über 200 Tonnen Gold gekauft. Im August 2020 gab es Berichte, dass die RBI eine deutliche Erhöhung ihrer Goldreserven in Erwägung zieht. Indien hält derzeit 790 Tonnen Gold und steht damit weltweit auf Rang neun.

Nach einer massiven Aufstockung seiner Goldreserven um 44,6 Tonnen im Januar kaufte Singapur im Februar weitere 6,8 Tonnen. Die Zentralbank von Usbekistan stockte ihre Reserven um 8 Tonnen Gold auf, nachdem sie drei Monate in Folge Gold verkauft hatte. Mexiko kaufte im Februar 0,3 Tonnen Gold, nachdem das Land im Dezember bereits 0,2 Tonnen gekauft hatte.

Die Nationalbank von Kasachstan war im Februar der einzige Netto-Verkäufer von Gold. Sie verringerte ihre Goldreserven um 13,1 Tonnen. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Notenbanken, die Gold aus heimischer Produktion kaufen - wie Usbekistan und Kasachstan - immer wieder zwischen Käufen und Verkäufen wechseln.

Die russische Zentralbank gab zum ersten Mal seit über einem Jahr ihre Goldreserven bekannt und meldete für Ende Februar 2023 einen Anstieg seiner Goldbestände um 31,1 Tonnen - mehr als die von China gemeldeten Käufe. Wann genau im Verlauf der letzten 13 Monate die russische Notenbank das Gold gekauft hat, wurde von russischer Seite jedoch nicht angegeben. Das Land verfügt nun offiziell über 2.330 Tonnen Gold und steht auf der Länderliste auf Rang 5 vor China.

Der World Gold Council geht davon aus, dass die Netto-Goldkäufe der Zentralbanken in diesem Jahr anhalten werden, weil die Zentralbanken der Schwellenländer nach wie vor relativ wenig in Gold investiert sind. "Insgesamt erwarten wir weitere Käufe, wobei die Banken der Schwellenländer an der Spitze dieses Trends stehen, da sie das Ungleichgewicht bei der Goldallokation im Vergleich zu ihren Konkurrenten in den Industrieländern weiter ausgleichen wollen", so der WGC.

Im Jahr 2022 kauften die globalen Zentralbanken netto insgesamt 1135,7 Tonnen Gold. Dies waren die mit Abstand stärksten Nettokäufe seit 1950, und es war das 13. Jahr in Folge mit Netto-Goldkäufen der Zentralbanken. Nach Angaben des World Gold Council gibt es zwei Hauptgründe für die massiven Goldkäufe der Zentralbanken in jüngster Zeit: die Wertentwicklung des Goldes in Krisenzeiten und seine Rolle als langfristiges Wertaufbewahrungsmittel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...