Das Pfund Sterling ist am Freitag gegenüber dem Dollar auf den höchsten Stand seit knapp einem Jahr gestiegen. Gegenüber dem Euro stieg die britische Währung auf ein neues Ein-Monats-Hoch. Hintergrund sind Erwartungen der Händler im Hinblick auf die Zinsentscheidung der Bank of England in der kommenden Woche.
Das Pfund Sterling stieg am Freitag vorübergehend auf 1,263 Dollar, den höchsten Stand seit Ende Mai letzten Jahres, und vorübergehend auf 87,42 Pence pro Euro, den höchsten Kurs zur Währung der Eurozone seit dem 6. April.
Das Pfund Auftrieb erhielt Auftrieb durch die Sitzung der Federal Reserve in dieser Woche. Dort hatte die US-Notenbank zwar ihre Zinssätze um 25 Basispunkte angehoben. Doch von Analysten waren die Aussagen der Fed so verstanden worden, dass dies die vorerst letzte letzte Zinsanhebung gewesen sein könnte - trotz gegenteiliger Äußerungen ihres Präsidenten Jerome Powell.
Im Gegensatz dazu sind viele Analysten der Meinung, dass die Bank of England die Zinsen weiter anheben muss. Denn die Inflation in Großbritannien ist viel höher als in den USA. Die Teuerungsrate lag im März bei 10,1 Prozent im Jahresvergleich, verglichen mit 5 Prozent in den Vereinigten Staaten.
"Die Tatsache, dass die US-Notenbank Fed in dieser Woche einige ihrer aggressiven Äußerungen zurückgenommen hat, hat die Märkte in ihrer Ansicht bestärkt, dass dies das Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA ist", zitiert Reuters Joe Tuckey, den Leiter der Devisenanalyse beim Broker Argentenx. "Das Pfund Sterling hat davon profitieren können."
Wenn es so aussieht, als würden die Zinssätze in einem Land steigen (Großbritannien), während sie in einem anderen Land gleich bleiben (USA), können Investitionen im erstgenannten Land (Großbritannien) attraktiver erscheinen, was der Währung möglicherweise Auftrieb verleiht.
Die unerwartet starke (wenn auch immer noch schwache) britische Wirtschaft hat das Pfund ebenfalls gestützt. Ökonomen haben für Großbritannien eine Rezession vorausgesagt, die jedoch noch nicht eingetreten ist, was zum Teil auf den Rückgang der Energiepreise zurückzuführen ist.
Die rasche Verlangsamung der Inflation in den USA und das nahende Ende des Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank haben den Dollar gegenüber einer Reihe von Währungen fallen lassen. Der Dollar-Index, der die US-Währung im Vergleich zu den wichtigsten anderen Währungen misst, war am Freitag leicht rückläufig und lag in dieser Woche 0,34 Prozent niedriger.
Die Stärke des Pfund Sterling gegenüber dem Euro lässt sich zum Teil ebenfalls mit den Aussichten der Zentralbanken erklären, sagt Chris Turner, Global Head of Markets bei ING. "Dem Pfund Sterling geht es besser. Dies ist zum Teil der EZB zu verdanken, die sich weniger aggressiv als erwartet gezeigt hat, was dem Euro ein wenig den Wind aus den Segeln genommen hat", zitiert ihn Reuters.
Die Europäische Zentralbank hatte am Donnerstag ihre Zinssätze ebenfalls um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent erhöht und damit das Tempo der geldpolitischen Straffung verringert. Auch die Inflation in der Eurozone hat sich schneller abgekühlt als in Großbritannien.
Händler gehen davon aus, dass die Bank of England die Zinssätze am Donnerstag nächster Woche um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent anheben wird, so die Preisbildung an den Derivatemärkten. Sie erwarten, dass die Zinssätze dann im Laufe des Jahres auf einen Höchststand von etwa 4,8 Prozent steigen werden.
Dominic Bunning, Leiter der europäischen Devisenforschung bei HSBC, sagte, dass das Pfund im Laufe des Jahres auf etwa 1,30 Dollar steigen könnte. "Es handelt sich nicht um eine absolut positive Geschichte", sagte er. "Wir rechnen hier nicht mit viel, viel größeren Gewinnen".