Politik

Flüchtlingsgipfel: Bundesländer fordern eine Milliarde zusätzlich

Lesezeit: 2 min
10.05.2023 17:15  Aktualisiert: 10.05.2023 17:15
Die Bundesländer fordern zusätzliche Finanzmittel, um die Unterbringung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Die Asylanträge waren zuletzt deutlich angestiegen, viele Kommunen sind mit der Lage überfordert.
Flüchtlingsgipfel: Bundesländer fordern eine Milliarde zusätzlich
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Hendrik Wüst (CDU, hinten), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Bundeskanzler Olaf Scholz (r, SPD) unterhalten sich zu Beginn des Bund-Länder-Gipfels im Bundeskanzleramt. (Foto: dpa)
Foto: Bernd von Jutrczenka

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

In der Debatte um die Flüchtlingskosten fordern die 16 Bundesländer im Spitzengespräch mit Kanzler Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochnachmittag kurzfristig und dauerhaft mehr Geld. „Der Bund wird für das Jahr 2023 die Flüchtlingspauschale an die Länder um eine Milliarde Euro erhöhen, damit die Länder dabei unterstützt werden, ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren“, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Papier, das die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Mittwochvormittag beschlossen haben.

Bundesländern fordern mehr Geld vom Bund

Die Länder pochen daneben aber auch auf eine langfristige Entlastung, weil es sich bei den Migrationsbewegungen der letzten Jahre um eine dauerhafte Entwicklung handele. „Deshalb bedarf es eines Finanzierungsmodells, das der Höhe nach angemessen ist und sich verändernden Flüchtlingszahlen automatisch anpasst (atmendes System)“, heißt es in dem Entwurf.

Hierzu gehörten „im Wesentlichen einschließlich einer Dynamisierung“ die vollständige Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete, die Zahlung einer monatlichen Pro-Kopf-Pauschale sowie Integrationskosten sowie die Kosten für unbegleitete Minderjährige.

„Wir wollen den Bund überzeugen, dass Hilfen für die Kommunen zwingend notwendig sind“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vor den Beratungen im Kanzleramt. „Bisher hat der Bund kein ausreichendes Problembewusstsein gezeigt“, kritisierte NRW-Landeschef Hendrik Wüst. „Der Kanzler muss das Thema jetzt zur Chefsache machen.“

Lindner: Kein Spielraum im Haushalt ab 2024

Der Bund hatte zuvor angedeutet, dass er zwar seine Zahlungen für das Jahr 2023 erhöhen könnte, es ab 2024 aber keinen Spielraum im Haushalt mehr habe. Er trägt die Kosten der Unterkunft derzeit zu 75 Prozent und hat die Gesamtkosten für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge übernommen. „Der Bund ist an seine Grenze gekommen“, sagte Finanzminister Christian Lindner dem „Weser-Kurier“.

„Die Probleme kann man nicht dauerhaft nur mit Geld lösen.“ Der Bund gebe bereits Milliardensummen an die Länder, obwohl diese und die Kommunen für die Flüchtlingsversorgung zuständig seien. „Wir brauchen daher einen wirksamen Schutz der Außengrenze der EU, notfalls mit Zäunen, und mehr sichere Herkunftsländer, in die wir erleichtert abschieben können“, sagte Lindner.

Die beiden Ministerpräsidenten machten klar, dass sie eine Bundeshilfe nur für 2023 nicht akzeptieren könnten. Zudem wiesen Weil und Wüst den Vorwurf aus Berlin zurück, die Länder würden nicht alles Bundesmittel an die Kommunen weiterleiten.

Niedersachsen und NRW mit den höchsten Kosten

Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen etwa zahlten den Kommunen dreimal so viel für Flüchtlingskosten als sie vom Bund überweisen bekämen, betonte beide Politiker. Weil sagte mit Blick auf die geforderte Anpassung der Bundeshilfen an die tatsächlichen Flüchtlingszahlen: „Ich glaube, dass sich dieser Schlussfolgerungen am Ende des Tages niemand entziehen kann.“

Hintergrund der Debatte ist vor allem, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in den ersten vier Monaten dieses Jahres 101.981 Asylerstanträge registriert hatte. Das sind 78 Prozent mehr als im Vorjahr.

Anders als bei den ukrainischen Kriegsflüchtlingen müssen Länder und Kommunen die Kosten für die nicht aus der Ukraine kommenden Menschen von der Antragstellung bis zu einem Bescheid über den Asylantrag übernehmen. Neben den Finanzfragen wollen Bund und Länder auch etwa über schnellere Verfahren und Abschiebungen oder einen besseren EU-Außengrenzschutz reden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Raumsonde übersteht nahen Vorbeiflug an der Sonne
27.12.2024

"Die Sonnensonde hat nach Hause telefoniert!", schreibt die US-Raumfahrtbehörde Nasa aufgeregt. Das bedeutet: Der Hitzeschild hat die...

DWN
Politik
Politik Nato in der Krise: Wie sichern wir Frieden und Stabilität in Europa?
27.12.2024

Viele Deutsche sorgen sich angesichts der Lage in der Ukraine vor einer Ausweitung des Krieges. Der neue Nato-Generalsekretär hält dies...

DWN
Finanzen
Finanzen Notenbanker durch und durch: Ex-Bundesbankpräsident Schlesinger zum Gedenken
27.12.2024

Zeit seines Lebens hat sich Helmut Schlesinger für eine stabile Währung eingesetzt. Dabei scheute er auch nicht den Konflikt. Nun ist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Reformen 2025: Steuererhöhungen, Mindestlohnerhöhung und neue Gesetze im Überblick
27.12.2024

Die Reformen 2025 bringen eine Reihe bedeutender Änderungen für Bürgerinnen und Bürger: vom neuen Mindestlohn über die Einführung der...

DWN
Politik
Politik Jetzt auch amtlich: Steinmeier macht Weg für Neuwahlen frei
27.12.2024

Die Ampel-Koalition zerbrochen, keine neue, stabile Mehrheit in Sicht, Deutschland in der Regierungskrise. Für den Bundespräsidenten gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Als der Tiger noch im Tank war: Warum sich ExxonMobil von Europa distanziert
27.12.2024

Exxon mit Sitz ist Houston ist eine halbe Billion Dollar wert und damit der größte Mineralöl-Konzern der Welt. 20 Prozent der 62.000...

DWN
Politik
Politik Studie: Elterngeld seit Einführung deutlich weniger wert
27.12.2024

Die Kaufkraft des Elterngelds sei seit 2007 um 38 Prozent gesunken, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft in einer aktuellen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Flugsicherung erhöht Gebühren: Gründe, Auswirkungen und Forderungen
27.12.2024

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat angekündigt, zum Jahreswechsel die Gebühren für Fluggesellschaften deutlich zu erhöhen. Während...