Unternehmen

Aktionäre verhindern Klima-Kampf in der Öl-Branche

Vorstöße von Investoren einiger der größten Ölgesellschaften für mehr Klima-Maßnahmen sind gescheitert. Für die Mehrheit der Anleger sind Profite offenbar weiterhin wichtiger als die Beteiligung an der allseits um sich greifenden globalen Klima-Bewegung. Diese gerät zunehmend in die Defensive.
Autor
04.06.2023 08:36
Aktualisiert: 04.06.2023 08:36
Lesezeit: 3 min
Aktionäre verhindern Klima-Kampf in der Öl-Branche
Die große Mehrheit der Aktionäre der großen Ölkonzerne wollen sich am „Kampf für das Klima“ nicht beteiligen. (Foto: dpa) Foto: Richard Drew

Am Mittwoch lehnten die Aktionäre von Exxon Mobil und Chevron eine Reihe von Anträgen ab, welche die Unternehmen unter anderem dazu verpflichtet hätten, ihre Treibhausgasemissionen aus dem Kraftstoffverbrauch zu senken, neue Berichte über Klima-Benchmarks herauszugeben und bestimmte Risiken von Öl-Unfällen offen zu legen. Die Abstimmungsergebnisse waren brutale Niederlagen für die Klimaaktivisten. Nach den vorläufigen Ergebnissen erhielten alle bis auf zwei der 20 Aktionärsanträge für die beiden Unternehmen weniger als 25 Prozent der Stimmen der Anleger, berichtet das Wall Street Journal.

Die von den Aktivisten vorgeschlagenen Maßnahmen hätten von den Unternehmen verlangt, dass sie Ziele für die Verringerung von Emissionen festlegen, darunter auch die Emissionen, die durch den Verbrauch ihrer Produkte durch Dritte entstehen, etwa wenn Autofahrer Benzin in ihren Autos verbrennen, auch bekannt als Scope-3-Emissionen. Diese Anträge erhielten unter den Anlegern von Exxon und Chevron sogar nur 11 beziehungsweise 10 Prozent der Stimmen, verglichen mit 27 beziehungsweise 33 Prozent für ähnliche Anträge im letzten Jahr.

In den letzten Wochen auf den Jahresversammlungen der britischen Öl- und Gasriesen BP und Shell in London konnten ähnliche Anträge zum Klima die meisten Aktionäre auch nicht überzeugen. Anlagestrategien, die mit ESG-Vorgaben (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) verknüpft sind, hatten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Investoren drängten die Ölgesellschaften, darzulegen, wie sie an der Verringerung ihrer Klimabilanz arbeiten, sich langfristige Umweltziele setzen und das Abfackeln von unerwünschtem Erdgas einschränken.

Aktivisten drohen mit Klima-Katastrophe

Im Jahr 2021 setzte sich die Investmentfirma Engine No. 1 in einer historischen Aktionärsschlacht gegen Exxon durch und gewann mit der Unterstützung von Investmentfirmen wie Vanguard, State Street und BlackRock drei Sitze im Verwaltungsrat des Unternehmens. Die Firma argumentierte, dass Exxon eine bessere Strategie entwickeln müsse, um sich auf die zu erwartende Energiewende vorzubereiten. In der Folge nahm Exxon eine so genannte Netto-Null-Verpflichtung an - ein Ziel, die Treibhausgasemissionen seiner Betriebe bis 2050 auf null zu reduzieren oder auszugleichen.

Mark van Baal, Gründer der Umweltaktivistengruppe Follow This, sagte, die Aktionäre hätten bei den jährlichen Abstimmungen eine Chance verpasst. Die Investoren wüssten, dass zur Vermeidung einer Klimakatastrophe die weltweiten Emissionen bis 2030 um fast die Hälfte sinken müssten, aber viele seien auf kurzfristige Gewinne fixiert. „Es ist unverständlich, dass die meisten Investoren immer noch die Weigerung der US-Großkonzerne akzeptieren, die Emissionen in diesem Jahrzehnt zu senken“, zitiert ihn das Wall Street Journal.

Die Öl-Industrie und ihre Verbündeten haben behauptet, dass einige Länder, vor allem in Europa, zu schnell von fossilen Brennstoffen auf saubere Energiequellen wie Sonne und Wind umgestiegen sind. In den USA hat eine Bewegung gegen den Klimaaktivismus an politischer Zustimmung gewonnen, insbesondere unter republikanischen Wählern. Der Unternehmer Vivek Ramaswamy, ein Kandidat für die republikanische Präsidentschaftskandidatur, hat die Anti-ESG-Politik zu einem zentralen Punkt seiner Kampagne gemacht.

Nicht beim Öl: Klima-Kampf in der Defensive

Der Widerstand gegen ESG-Maßnahmen hat auch die mächtigen Investmentfirmen wie BlackRock getroffen, die sich mit möglichen Boykotten in Texas und anderen republikanisch regierten Staaten konfrontiert sahen. Republikanische Beamte in Florida, Texas, Louisiana und South Carolina haben seit dem letzten Jahr mehr als 4 Milliarden Dollar an Pensions- und Investmentfonds von BlackRock abgezogen. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr 230 Milliarden Dollar von US-Kunden erhalten.

Investitionen in fossile Brennstoffe haben vielen Ölgesellschaften im vergangenen Jahr zu Rekordgewinnen verholfen. Der CEO von Exxon, Darren Woods, sagte am Mittwoch, das Unternehmen habe von den Investitionen in fossile Brennstoffe profitiert, als andere sich zurückzogen. Sogar in Europa sind Energiemanager bereit, Investoren für saubere Energien zu verprellen. Die Rekordgewinne von BP und Shell für das Gesamtjahr 2022 und die üppigen Renditen für die Anleger haben neue Investoren angelockt und einige zurückgewonnen, die der Energiewende skeptisch gegenüberstanden.

Die Führungskräfte von Shell und BP haben erklärt, ihre Strategien stünden im Einklang mit den Zielen zur Senkung der globalen Emissionen, trügen aber zugleich dazu bei, die Öl- und Gasmenge zu liefern, die in den kommenden Jahren weltweit noch benötigt wird. Exxon und Chevron haben erklärt, dass sie die Emissionsziele des Pariser Klimaabkommens unterstützen und die Emissionen ihrer Betriebe reduzieren.

Exxon-CEO Woods und andere Führungskräfte haben jedoch argumentiert, dass einige klimabezogene Vorschläge nach hinten losgehen oder der Wirtschaft schaden würden. Woods sagte, einige der am Mittwoch abgelehnten Vorschläge hätten von den Unternehmen verlangt, dass sie davon ausgehen, dass die Welt die Kohlenstoffemissionen viel schneller reduzieren wird, als Beobachter prognostiziert haben. „Einige wollten sogar so weit gehen, dass wir gezwungen werden, die Öl- und Gasförderung zu reduzieren“, sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bahn: Sanierung des Schienennetzes dauert länger – die Folgen
05.07.2025

Die Pläne waren ehrgeizig – bis 2030 wollte die Bahn mit einer Dauerbaustelle das Schienennetz fit machen. Das Timing für die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Aufwertung: Sind jetzt Firmengewinne in Gefahr?
04.07.2025

Der starke Euro wird für Europas Konzerne zur Falle: Umsätze schrumpfen, Margen brechen ein – besonders für Firmen mit US-Geschäft...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook greift auf Ihre Fotos zu – viele merken es nicht
04.07.2025

Eine neue Funktion erlaubt Facebook, alle Fotos vom Handy hochzuladen. Die meisten Nutzer merken nicht, was sie wirklich akzeptieren. Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Flat Capital-Aktie: Trotz Beteiligungen an OpenAI und SpaceX überbewertet?
04.07.2025

Flat Capital lockt mit Beteiligungen an OpenAI, SpaceX und Co. Doch die Risiken steigen, Insider warnen. Ist die Flat Capital-Aktie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...