Finanzen

Japans Notenbank hält an negativen Zinsen fest

Japans Notenbank hält unbeirrt an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Dies machte der neue Chef der Notenbank erneut ganz deutlich. Doch irgendwann ist ein Ende der negativen Zinsen unausweichlich.
16.06.2023 12:24
Aktualisiert: 16.06.2023 12:24
Lesezeit: 2 min

Japans Notenbank hält gegen den globalen Trend steigender Zinsen an ihrer sehr lockeren Geldpolitik fest. Die Währungshüter in Tokio entschieden am Freitag, den umstrittenen Kurs der Zinskurven-Steuerung fortzuführen, die im Fachjargon als Yield-Curve-Control (YCC) bekannt ist. Dabei peilen sie Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen an. Der Chef der Bank of Japan (BoJ), Kazuo Ueda, machte deutlich, dass er keinen akuten Änderungsbedarf sieht. Die Nebenwirkungen dieser lockeren Geldpolitik hätten zuletzt sogar nachgelassen. Doch hielt er sich für die Zukunft eine Tür für Kurswechsel offen: "Wir entscheiden über die Politik, indem wir die Vorteile und Kosten jeder Maßnahme sorgfältig abwägen."

Die Notenbank flankiert ihre Niedrigzinspolitik mit dem Erwerb von Staatsanleihen sowie riskanterer Vermögenswerten wie ETFs. Kritiker werfen der Notenbank vor, mit der YCC die Marktliquidität auszuhöhlen und den unerwünschten Kursrückgang des Yen zu verstärken. Die BoJ begründet ihre lockere Linie mit der Absicht, die Wirtschaft zu stützen und die Inflation nachhaltig auf ein gewünschtes Niveau zu bringen. Als eine wichtige Voraussetzung für eine geordnete Abkehr von der YCC-Politik gilt, dass die Löhne kräftig genug steigen, um die Inflation um das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank herum zu halten. Ueda erklärte, dass sich die Inflation aus Sicht der Zentralbank noch nicht nachhaltig stabilisiert habe, auch wenn die Teuerungsrate 13 Monate in Folge über dem Ziel der Zentralbank liegt. Es sei weiter möglich, dass sie künftig unter die Zielmarke falle.

"BOJ SPIELT WEITER AUF ZEIT"

"Die sehr vorsichtigen Anmerkungen des Notenbankchefs zum Inflationsumfeld in Japan haben sofort einen gewissen Druck auf den Yen ausgeübt", erläuterte NordLB-Analyst Tobias Basse. Der Devisenmarkt spüre, dass die BoJ vor allem bei perspektivisch denkbaren Anpassungen des traditionellen Leitzinsniveaus möglichst weiter auf Zeit spielen wolle: "Ein Ende der Maßnahmen zur Yield-Curve-Control bleibt angesichts der aktuellen Preisdaten allerdings möglich. Wir rechnen damit allerdings auch weiterhin frühestens im vierten Quartal 2023", fügte der Experte hinzu.

Höhere traditionelle Leitzinsen seien sogar erst nach dem Abschluss des Prüfungsprozesses der Geldpolitik in Tokio zu erwarten, sagte Basse. Die BoJ hat zwar eine solche Überprüfung ihrer jahrelangen ultralockeren Geldpolitik in die Wege geleitet. Diese soll aber ein bis anderthalb Jahre in Anspruch nehmen. Viele große Zentralbanken weltweit sind hingegen längst auf Zinserhöhungskurs: Zwar pausierte die US-Notenbank Fed zuletzt nach zehn Erhöhungen in Folge. Sie hält sich aber die Option weiterer Schritte nach oben offen. Bei der Europäischen Zentralbank und der Bank of England stehen die Zeichen angesichts der hohen Inflation ebenfalls noch auf Zinserhöhung. (Reuters)

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