Finanzen

Bankendebakel: Sonderkommission beginnt Untersuchung zur Credit Suisse

Eine Sonderkommission des Schweizer Parlaments beginnt ihre Ermittlungen zur Credit Suisse, mit dem Ziel, mögliche Fehler vor dem Zusammenbruch der Bank aufzudecken. Wird die Untersuchungskommission Licht ins Dunkel bringen können?
13.07.2023 07:44
Aktualisiert: 13.07.2023 07:44
Lesezeit: 3 min
Bankendebakel: Sonderkommission beginnt Untersuchung zur Credit Suisse
Ulrich Körner (3.v.l.), CEO der Schweizer Bank Credit Suisse, verlässt im April 2023 die Bühne nach der Jahreshauptversammlung der Schweizer Bankengruppe. Die Credit Suisse wurde von der Schweizer Konkurrentin UBS im Rahmen eines staatlich unterstützten Deals für drei Milliarden Dollar aufgekauft. (Foto: dpa) Foto: Michael Buholzer

In der Schweiz nimmt diese Woche eine sehr selten eingesetzte Sonderkommission des Parlaments ihre Arbeit auf. Sie soll klären, was vor dem Zusammenbruch der Credit Suisse, dem zweitgrößten Schweizer Bankhaus, falsch gelaufen ist, so die Agentur Reuters. Anfang Juni hatten die Abgeordneten grünes Licht für eine aus Vertretern aller großen Parteien gebildeten 14-köpfigen Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) gegeben. Die PUK ist das schärfste Kontrollinstrument, das dem Parlament zur Verfügung steht und das in der modernen Geschichte der Schweiz bislang erst vier Mal zum Einsatz kam. „Es wird die Schweiz daran erinnern, dass wir nicht einfach so weitermachen können, als wäre nichts geschehen“, sagte Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern.

Die vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Credit Suisse flüchtete sich im März in einer Not-Übernahme in die Arme der größeren Rivalin UBS. Öffentlichkeit und Politiker sehen den von der Regierung orchestrierten und mit bis zu 109 Milliarden Franken unterstützten Deal kritisch. Im April verweigerte das Parlament dem Rettungspaket in einer allerdings weitgehend symbolischen Abstimmung die Unterstützung.

Nachfolgend eine Übersicht zu den Aufgaben, der Arbeitsweise und offenen Fragen der Untersuchung:

Mandat

Die PUK wird sich auf das Vorgehen der Behörden vor und während der Not-Übernahme der Credit Suisse konzentrieren und nicht auf die Rolle des Managements. Untersucht wird das Verhalten der Regierung, des Finanzministeriums sowie anderer staatlicher Stellen wie der Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Dabei handelt es sich nicht um ein gerichtliches Verfahren. Sollte die Untersuchung Unstimmigkeiten oder neue Informationen zutage fördern, könnte sie damit Material liefern für Verfahren, die nach dem Zusammenbruch der Bank eingeleitet werden. Dazu gehören etwa Klagen gegen die Finma wegen ihrer Entscheidung, sogenannte AT1-Anleihen der Credit Suisse im Wert von 16 Milliarden Franken auf null abzuschreiben sowie Klagen von Credit-Suisse-Anlegern wegen des Aktientauschverhältnisses mit der UBS.

Schlüsselfragen

Eine entscheidende Frage wird sein, ob Finma, Finanzministerium und SNB früher hätten eingreifen müssen. Dass die Credit Suisse nach einer Reihe von Skandalen in den letzten zwei Jahren in Schwierigkeiten steckte, war offensichtlich. So zogen bereits Ende 2022 Kunden massenhaft Gelder ab. Wie viel wussten die Behörden? Was hat die Bank der Aufsichtsbehörde mitgeteilt und wie viel Informationen hat sie mit der Regierung geteilt? Hätte die Zentralbank mehr tun können, zum Beispiel indem sie der Bank unbegrenzte Liquidität versprochen hätte, um die Kunden zu beruhigen und den Abfluss von Geldern zu stoppen?

Untersuchungsergebnis

Es wird erwartet, dass die Ergebnisse der Untersuchung in einem Bericht zusammengefasst werden. Dieser dürfte Empfehlungen an die Regierung und das Parlament enthalten und wahrscheinlich auch konkrete Abhilfemaßnahmen vorschlagen. Unwahrscheinlich ist hingegen, dass sich der Bericht mit technischen Empfehlungen wie beispielsweise Eigenkapitalquoten befasst. Er dürfte sich eher auf die Frage konzentrieren, wie die Finma effizienter werden kann, etwa indem sie mit mehr Befugnissen ausgestattet wird. Ein Vorschlag könnte auch sein, der SNB mehr Befugnisse bei der Beaufsichtigung von Großbanken einzuräumen. Die neue UBS wird nach der Fusion mit der Credit Suisse eine Bilanz haben, die doppelt so groß ist wie die Schweizer Wirtschaft. Da die Kommission keine neuen Gesetze ausarbeiten kann, müssen alle Änderungen das Parlament passieren.

Befugnisse

Eine PUK ist das mächtigste Instrument des Parlaments. Sie wird Zugang zu Protokollen von Regierungssitzungen und anderen vertraulichen Informationen haben. Personen, die für die Regierung, die Bundesverwaltung, die Finma oder die SNB arbeiten, müssen zur Anhörung erscheinen, wenn sie von der Kommission dazu aufgefordert werden. Unklar ist dagegen, ob die Führungskräfte der Credit Suisse und der UBS dazu verpflichtet sind. Allerdings wird erwartet, dass sie dies aufgrund des politischen und öffentlichen Drucks tun würden. Die Kommission hatte erklärt, dass sie sich nicht zu den angehörten Personen äußern könne, bevor sie ihre Arbeit abgeschlossen habe.

Budget und Arbeitsweise

Die Kommission verfügt über ein Budget von fünf Millionen Franken, um ihr Büro einzurichten, ihre Mitglieder zu bezahlen und externe Experten und Berater hinzuzuziehen. Die Untersuchung dauert voraussichtlich zwölf bis 18 Monate. Die Kommission dürfte alle zwei Wochen tagen. Die Sitzungen finden hinter verschlossenen Türen statt, es ist nicht geplant, sie für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder sie zu übertragen. Einzelne Empfehlungen und der Gesamtbericht werden durch Mehrheitsbeschluss angenommen. Der Bericht wird dann den beiden Kammern des Parlaments und der Regierung vorgelegt.

Kommissionsmitglieder

Das 14-köpfige Parlamentarier-Gremium wird von Isabelle Chassot von der Partei Die Mitte präsidiert. Ihre Stellvertreterin ist Franziska Ryser von den Grünen. Die Mitte, die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) und die liberale FDP stellen je drei Mitglieder, die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Grünen je zwei und die Grünliberale Partei eines. Alle größeren Parteien haben sich kritisch zum Umgang der Behörden mit der Krise geäußert, eine stärkere Finanzaufsicht gefordert und ihre Besorgnis über die Dominanz der UBS auf dem Schweizer Markt zum Ausdruck gebracht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Brauanlagen-Hersteller Kaspar Schulz: „Made in Germany ist Teil unserer Markenidentität“
14.11.2025

Kaspar Schulz ist der älteste Braumaschinen-Hersteller der Welt. Seit 1677 produziert der Traditionsbetrieb in Bamberg. Johannes...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Google investiert: 6,41 Milliarden Dollar für Deutschlands Cloud-Infrastruktur
14.11.2025

Google plant eine milliardenschwere Expansion seiner Cloud-Infrastruktur in Deutschland, um seine Rechenzentren auszubauen und die Präsenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash erschüttert Anleger: Bitcoin-Kurs und andere Kryptowährungen stürzen ab – die Gründe
14.11.2025

Der Kryptomarkt wankt: Der Bitcoin-Kurs ist am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 US-Dollar gerutscht und...

DWN
Finanzen
Finanzen Siemens Energy-Aktie: Rekordzahlen befeuern das Vertrauen in Siemens Energy
14.11.2025

Siemens Energy hat Anleger mit Rekordzahlen und einem starken Auftragseingang überrascht, die Siemens Energy-Aktie kletterte am Freitag...

DWN
Technologie
Technologie Streit um Verbrenner-Aus spitzt sich zu: Koalition sucht dringend nach gemeinsamer Linie
14.11.2025

Der ausbleibende E-Auto-Boom und zunehmender Druck aus der Industrie bringen das geplante EU-Verbrenner-Aus ab 2035 erneut ins Wanken....

DWN
Politik
Politik Alle 75 Minuten eine rassistische Straftat: Bundesregierung startet neuen Aktionsplan
14.11.2025

Die Bundesregierung will den Kampf gegen Rassismus neu aufstellen und modernisieren. Mit einer Auftaktsitzung von Ministeriumsvertretern...

DWN
Finanzen
Finanzen Klingbeil verteidigt Aktivrente: Steuerfreie Zusatzverdienste im Alter sollen Arbeitsmarkt stärken
14.11.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat die geplante Aktivrente im Bundestag energisch verteidigt. Sie soll es älteren...