Die meisten Anleger verstehen unter ETF einen Fonds, der einen Index abbildet. Doch tatsächlich bezeichnet ETF (Exchange Traded Fund, zu deutsch börsengehandelter Fonds) bloß einen Fonds, der über einen Zwischenhändler – den Market-Maker – an den Börsen handelbar ist.
Bei normalen Fonds gibt die Kapitalverwaltungsgesellschaft einmal täglich Anteile zu einem festen Preis aus und nimmt diese zurück. Der zentrale Unterschied ist also die Preisfeststellung an der Börse über einen Market-Maker.
Daher gibt es auch aktive ETFs, bei denen ein Fondsmanager entscheidet und kein Index nachgebildet wird. Dabei reicht das Spektrum von ETFs, bei denen der Fondsmanager vollkommen frei entscheidet bis hin zu Dach-ETFs, die bloß die Gewichtung der Anlageklassen im Zeitablauf verändern und die einzelnen Anlageklassen über indexbasierte ETFs abbilden.
Wie intensiv der Fondsmanager handelt, lässt sich über Kennzahlen wie Active Share oder Tracking Error ablesen. Ein bekannter aktiver ETF ist etwa der Tech-lastige „Ark Innovation ETF“ der US-Investorin Cathie Wood.
Aktive ETFs gewinnen schnell Marktanteile
Laut dem ETF-Anbieter ishares werden aktive ETFs immer beliebter. Demnach betrug der Anteil am globalen verwalteten ETF-Vermögen im Jahr 2019 noch 2,4 Prozent. Bis zum zweiten Quartal 2023 stieg die Zahl auf 5,3 Prozent.
Besonders in den USA sind aktive ETFs populär. Seit dem Jahr 2020 waren 63 Prozent aller neu lancierten ETFs aktiv gemanagt, wie ishares berichtet. In Deutschland sind laut der Börse Frankfurt 103 aktive ETFs zugelassen. Das entspricht zahlenmäßig etwa 0,5 Prozent (von insgesamt 1972 ETFs).
Experten sind gleichwohl kritisch. Etwa würde der Honorar-Finanzanlagenberater Thomas Vollkommer nicht dazu raten, wie er auf DWN-Anfrage erklärt. Aktives Management bringe in effizienten Märkten nachweislich keinen Mehrwert, sondern eher das Gegenteil. „Darüber hinaus fallen unnötig hohe Kosten an.“ Allenfalls nach festen Regeln investierende Faktor-ETFs seien sinnvoll, die aber nach seinem Verständnis keine aktiven ETFs seien.
Auch Gerasimos Rompotis mahnt zur Vorsicht. Der Finanzwissenschaftler der Kapodistrias-Universität Athen hat in den vergangenen 15 Jahren mehrere Studien zur Performance von aktiven ETFs veröffentlicht. „Aktive ETFs sollten nur von risikofreudigen Privatanlegern gewählt werden, die eine höhere Wahrscheinlichkeit eines Performanceausfalls und eine erhöhte Kostenbasis tolerieren können“, erklärt er schriftlich gegenüber DWN.
Die Forschung habe gezeigt, dass aktive ETFs häufig nicht mehr Chancen auf höhere Renditen eröffneten als die passiven Pendants. Auch im Vergleich zu Benchmarkindizes und passiv gemanagten ETFs blieben die Fonds hinter den Erwartungen zurück, erklärt Rompotis.
Nach DWN-Beobachtung bescheinigen die meisten Studien aktiven ETFs eine Performance, die unter dem Marktschnitt liegt. Manche Autoren finden aber auch Hinweise auf eine Outperformance.
Mehrere Studien finden keine Outperformance
Rompotis verglich in einer Studie aus dem Jahr 2022 insgesamt 50 aktive US-Aktien-ETFs mit dem Index S&P 500. Die Daten reichten über einen Zeitraum von vier Jahren (von 2018 bis 2021). Demnach konnten die meisten aktiven ETFs den Index nicht schlagen. „Die Manager von aktiven ETFs scheinen nicht über herausragende Market-Timing-Fähigkeiten zu verfügen“, berichtet Rompotis.
Forscher der Universität Auburn untersuchten einen etwas längeren Zeitraum von 2008 bis 2019. Dabei verglichen sie 53 aktive ETFs mit 427 indexbasierten ETFs.
Bei den aktiven ETFs, die in globale Aktien und Aktien aus Industrieländern investierten, konnten sie keine signifikant bessere Performance feststellen. Bei den 33 aktiven ETFs, die sich auf US-Aktien beschränkten, war die risikobereinigte Rendite sogar zwischen 1,8 und 2,8 Prozent pro Jahr geringer.
Die beiden US-Wissenschaftler fanden außerdem Hinweise darauf, dass die meisten aktiven ETFs sehr indexnah investieren und daher Closet Indexer sein könnten. Dazu untersuchten sie den Tracking Error. Dieses Maß gibt an, wie sehr sich die Performance des ETF von einem Vergleichsindex unterscheidet. „Wir stellen fest, dass aktive ETFs nicht aktiv sind, obwohl sie den Anlegern höhere Kostenquoten in Rechnung stellen“, heißt es in der Studie aus dem Jahr 2021.
Gegenüber DWN führt Gerasimos Rompotis die Underperformance nicht nur auf die höheren Verwaltungsgebühren zurück. „Anlagetechniken, die sich hauptsächlich auf den Kauf erfolgreicher Aktien konzentrieren, schränken die Diversifizierungsvorteile von ETFs ein. Mit den Top-Performern in einem Portfolio ist es nicht einfach, den gesamten Markt zu schlagen“, erklärt er.
Zweifel am Nutzen von aktivem Management
Laut Finanzexperten bringt aktives Management in informationseffizienten Märkten keinen Vorteil. „Je aktiver ein Manager umschichtet und je stärkere Wetten gegen den Markt er eingeht, umso schlechter ist im Durchschnitt seine Rendite“, erklärte etwa der Portfoliomanager Andreas Beck gegenüber DWN.
Wer sich seinen Kunden verantwortlich fühle, der entferne sich nicht allzu weit vom Markt. „Das gilt natürlich nur für Basisanlagen, als Beimischung auf exotische Aktienkörbe etc. zu setzen ist ein anderes Spiel, das kann man natürlich machen“, schreibt Beck weiter.
Auch Markus Schuller vom Finanzdienstleister Panthera Solutions, der Fondsmanager weiterbildet, rät Privatanlegern von aktiven Fonds bei gelisteten Aktien und Anleihen aus entwickelten Ländern ab. „Als Privatanleger sollte man nicht in aktive Fonds investieren, solange in Märkte mit relativ hoher Effizienz alloziert wird“, erklärte er.