Seit den späten 1990er Jahren widmet sich das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IFM Bonn) intensiv der Analyse der deutschen Unternehmenslandschaft im Hinblick auf bevorstehende Generationswechsel. Die jüngste Schätzung für den Zeitraum von 2022 bis 2026 legt nahe, dass rund 190.000 Unternehmen vor einem möglichen Übergang stehen. Interessanterweise sind es vor allem die Bundesländer Bremen und Niedersachsen, die die höchste Anzahl an bevorstehenden Geschäftsübergaben prognostizieren.
Wenn eine Generation abtritt und eine neue die Führung übernimmt, sei es im Rahmen von Nachfolgeregelungen, Neuaufstellungen von Unternehmensgruppen oder dem Abschied erfolgreicher Start-ups, sehen sich die Verkäufer mit der Herausforderung der Besteuerung beim Verkauf des Unternehmens konfrontiert. Dieser Vorgang ist äußerst komplex und erfordert nicht nur die Berücksichtigung rechtlicher und finanzieller Aspekte, sondern auch eine sorgfältige steuerliche Abwägung.
Struktur überdenken: Share-Deal vs. Asset-Deal
Die Wahl der Unternehmensstruktur kann erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Belastung eines Verkaufs haben. Je nach Rechtsform des Unternehmens und den individuellen Umständen haben Verkäufer die Wahl zwischen einem Asset-Verkauf (Asset-Deal) und einem Share-Verkauf (Share-Deal).
Ein Asset-Verkauf beinhaltet den Verkauf von Vermögenswerten oder Geschäftsbereichen des Unternehmens, während beim Share-Verkauf Unternehmensanteile veräußert werden und die Gesellschaft unverändert bleibt.
Ein Beispiel verdeutlicht die Vorzüge des Share-Deals: Angenommen, ein Unternehmen soll für fünf Millionen Euro veräußert werden. Beim Share-Deal werden die Unternehmensanteile veräußert, während die Firma in ihrer gegenwärtigen Form bestehen bleibt. Da die Anteile über viele Jahre gehalten wurden, gelten sie als Betriebsvermögen. Der § 3 Abs. 40a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sieht vor, dass lediglich 60-Prozent der Veräußerungsgewinne der Einkommensbesteuerung unterliegen (sogenanntes Teileinkünfteverfahren). Die verbleibenden 40-Prozent bleiben steuerfrei.
Konkret bedeutet dies, dass bei einem Verkaufspreis der Anteile in Höhe von fünf Millionen Euro effektiv nur 60-Prozent dieses Betrags, also drei Millionen Euro, steuerpflichtig wären. Diese steuerliche Gestaltung ermöglicht eine beachtliche Steuerersparnis und trägt maßgeblich zur Steigerung des Nettogewinns bei.
Hingegen würden beim Asset-Deal Steuern auf den Verkauf von Vermögensgegenständen wie Immobilien, Patenten oder Ausrüstung anfallen. Diese Alternative könnte zu einer höheren steuerlichen Belastung führen, da der erzielte Gewinn ohne die erwähnten Vorteile des Teileinkünfteverfahrens vollumfänglich besteuert würde.
Die Holding: Bis zu 95-Prozent Steuern sparen
Die Nutzung von Holdingstrukturen kann eine weitere Strategie sein, um die Steuerlast im Falle eines Verkaufs maßgeblich zu reduzieren. Angenommen ein Unternehmen mit einem geschätzten Verkaufswert von fünf Millionen Euro soll veräußert werden. Statt das Unternehmen unmittelbar zu veräußern, wird eine Holdinggesellschaft gegründet, die die Anteile des zu verkaufenden Unternehmens erwirbt. Hierbei erfolgt der Verkauf als Share-Deal.
Die Einführung einer Holdingstruktur eröffnet die Option zur Anwendung der sogenannten „Holding-Besteuerung“. Gemäß § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) können Veräußerungsgewinne, die eine Kapitalgesellschaft - üblicherweise GmbHs - durch den Verkauf von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft erzielt, bis zu 95-Prozent steuerfrei sein. Lediglich fünf Prozent des Veräußerungsgewinns wären in diesem Fall steuerpflichtig, sodass sich eine erhebliche Steuerersparnis ergibt. Im Gegensatz dazu müsste der gesamte Veräußerungsgewinn versteuert werden, wenn das Unternehmen direkt verkauft würde.
Dieses Konzept zielt hauptsächlich darauf ab, die Steuerzahlung auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern, anstatt sie komplett zu vermeiden. Wenn die Gewinne an die Teilhaber ausgezahlt werden, verlassen sie den steuerlich begünstigten Bereich der Holding. An diesem Punkt unterliegen die Gewinne der persönlichen Besteuerung jedes Einzelnen.
Steuervorteile für Ältere: Entlastung und Altersvorsorge
Zudem profitieren ältere Unternehmer, die das 55. Lebensjahr erreicht haben oder dauerhaft berufsunfähig sind, von verschiedenen Steuervorteilen, wenn sie ihr Unternehmen veräußern. Gemäß § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes können sie auf Antrag einen ermäßigten Steuersatz von bis zu 56-Prozent des Durchschnittsteuersatzes anwenden. Eine erhebliche Minderung der Besteuerung, die für Veräußerungsgewinne bis zur Höhe von fünf Millionen Euro gilt.
Auch kann nach § 16 Abs. 4 Einkommenssteuergesetz ein Teil des Veräußerungsgewinns steuerfrei bleiben: Der Freibetrag für Betriebsveräußerungen beläuft sich auf bis zu 45.000 Euro. Solange der Gewinn diese Grenze nicht übersteigt, bleibt dieser Betrag von der Besteuerung ausgenommen. Bei höheren Veräußerungsgewinnen erfolgt die Besteuerung des darüberhinausgehenden Betrags gemäß den regulären Einkommensteuersätzen.
Weiterhin gewährt § 24 a des Einkommenssteuergesetz Unternehmern, die das 64. Lebensjahr vollendet haben, unter festgelegten Voraussetzungen einen steuerlich absetzbaren Altersvorsorgebetrag. Auch dieser Betrag mindert den zu versteuernden Veräußerungsgewinn und senkt die Steuerbelastung.
Fünftel-Regelung, Vertragsgestaltung und Nachfolge
Weitere Möglichkeiten zur Steueroptimierung eröffnet die sogenannte Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EstG. Sie erlaubt Unternehmern eine gleichmäßige Verteilung der Steuerlast über fünf Jahre hinweg. Hierdurch lässt sich die Steuerbelastung weiter mindern, was vorteilhaft ist, wenn ein hoher Veräußerungsgewinn in einem einzigen Jahr zu einer progressiven Steuerbelastung führen würde.
Die Ausgestaltung des Verkaufsvertrags hat ebenfalls beträchtlichen Einfluss auf die steuerliche Belastung. Beispielsweise könnte der Verkaufspreis in verschiedene Komponenten aufgesplittet werden, wie in den Preis für materielle Vermögenswerte, immaterielle Güter sowie laufende Verträge. Durch diese Aufteilung besteht womöglich die Gelegenheit, vorteilhaftere Steuersätze für spezifische Vermögenswerte zu nutzen.
Unternehmer sollten auch den Zeitpunkt des Verkaufs bedenken. Steuerliche Gesetze und Regelungen unterliegen Wandel, daher ist es ratsam, den Verkauf so zu timen, dass er in einem steuerlich günstigen Jahr stattfindet. Ist absehbar, dass Steuerreformen in Planung sind, die niedrigere Steuersätze für Unternehmensverkäufe vorsehen, könnte es klug sein, den Verkauf auf das Jahr nach der Steuerreform zu verschieben, um von den verbesserten Steuersätzen zu profitieren.
Wenn ein Unternehmen an Nachkommen übergeben werden soll, könnten Unternehmer von Befreiungen von Schenkungs- oder Erbschaftssteuern profitieren, indem sie Unternehmensanteile schrittweise an die Erben übertragen. In jedem Fall empfiehlt es sich, im Falle von Veräußerungen oder Generationswechsel professionelle Unterstützung von Steuerexperten in Anspruch zu nehmen, damit sämtliche Vorteile ausgeschöpft werden können.