Ratgeber

Steuervorteile beim Unternehmensverkauf: Clevere Strategien für mehr Gewinn

Durch kluge Nutzung von Steuervorteilen kann der Ausgang eines Unternehmensverkaufs erheblich beeinflusst werden. Verschiedene Strategien bieten Unternehmern die Chance, Steuerbefreiungen von teils bis zu 95 Prozent zu erreichen und Verkaufserlöse zu erhöhen. Besonders Unternehmer ab 55 Jahren profitieren.
01.10.2023 11:38
Aktualisiert: 01.10.2023 11:38
Lesezeit: 4 min
Steuervorteile beim Unternehmensverkauf: Clevere Strategien für mehr Gewinn
Beim Verkauf eines Unternehmens sind viele Steuervorteile drin. Wer die verschiedenen Möglichkeiten am besten ausschöpfen will, sollte sich Unterstützung bei einem Steuerexperten holen. (Foto: iStock/Insta_photos) Foto: insta_photos

Seit den späten 1990er Jahren widmet sich das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IFM Bonn) intensiv der Analyse der deutschen Unternehmenslandschaft im Hinblick auf bevorstehende Generationswechsel. Die jüngste Schätzung für den Zeitraum von 2022 bis 2026 legt nahe, dass rund 190.000 Unternehmen vor einem möglichen Übergang stehen. Interessanterweise sind es vor allem die Bundesländer Bremen und Niedersachsen, die die höchste Anzahl an bevorstehenden Geschäftsübergaben prognostizieren.

Wenn eine Generation abtritt und eine neue die Führung übernimmt, sei es im Rahmen von Nachfolgeregelungen, Neuaufstellungen von Unternehmensgruppen oder dem Abschied erfolgreicher Start-ups, sehen sich die Verkäufer mit der Herausforderung der Besteuerung beim Verkauf des Unternehmens konfrontiert. Dieser Vorgang ist äußerst komplex und erfordert nicht nur die Berücksichtigung rechtlicher und finanzieller Aspekte, sondern auch eine sorgfältige steuerliche Abwägung.

Struktur überdenken: Share-Deal vs. Asset-Deal

Die Wahl der Unternehmensstruktur kann erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Belastung eines Verkaufs haben. Je nach Rechtsform des Unternehmens und den individuellen Umständen haben Verkäufer die Wahl zwischen einem Asset-Verkauf (Asset-Deal) und einem Share-Verkauf (Share-Deal).

Ein Asset-Verkauf beinhaltet den Verkauf von Vermögenswerten oder Geschäftsbereichen des Unternehmens, während beim Share-Verkauf Unternehmensanteile veräußert werden und die Gesellschaft unverändert bleibt.

Ein Beispiel verdeutlicht die Vorzüge des Share-Deals: Angenommen, ein Unternehmen soll für fünf Millionen Euro veräußert werden. Beim Share-Deal werden die Unternehmensanteile veräußert, während die Firma in ihrer gegenwärtigen Form bestehen bleibt. Da die Anteile über viele Jahre gehalten wurden, gelten sie als Betriebsvermögen. Der § 3 Abs. 40a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sieht vor, dass lediglich 60-Prozent der Veräußerungsgewinne der Einkommensbesteuerung unterliegen (sogenanntes Teileinkünfteverfahren). Die verbleibenden 40-Prozent bleiben steuerfrei.

Konkret bedeutet dies, dass bei einem Verkaufspreis der Anteile in Höhe von fünf Millionen Euro effektiv nur 60-Prozent dieses Betrags, also drei Millionen Euro, steuerpflichtig wären. Diese steuerliche Gestaltung ermöglicht eine beachtliche Steuerersparnis und trägt maßgeblich zur Steigerung des Nettogewinns bei.

Hingegen würden beim Asset-Deal Steuern auf den Verkauf von Vermögensgegenständen wie Immobilien, Patenten oder Ausrüstung anfallen. Diese Alternative könnte zu einer höheren steuerlichen Belastung führen, da der erzielte Gewinn ohne die erwähnten Vorteile des Teileinkünfteverfahrens vollumfänglich besteuert würde.

Die Holding: Bis zu 95-Prozent Steuern sparen

Die Nutzung von Holdingstrukturen kann eine weitere Strategie sein, um die Steuerlast im Falle eines Verkaufs maßgeblich zu reduzieren. Angenommen ein Unternehmen mit einem geschätzten Verkaufswert von fünf Millionen Euro soll veräußert werden. Statt das Unternehmen unmittelbar zu veräußern, wird eine Holdinggesellschaft gegründet, die die Anteile des zu verkaufenden Unternehmens erwirbt. Hierbei erfolgt der Verkauf als Share-Deal.

Die Einführung einer Holdingstruktur eröffnet die Option zur Anwendung der sogenannten „Holding-Besteuerung“. Gemäß § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) können Veräußerungsgewinne, die eine Kapitalgesellschaft - üblicherweise GmbHs - durch den Verkauf von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft erzielt, bis zu 95-Prozent steuerfrei sein. Lediglich fünf Prozent des Veräußerungsgewinns wären in diesem Fall steuerpflichtig, sodass sich eine erhebliche Steuerersparnis ergibt. Im Gegensatz dazu müsste der gesamte Veräußerungsgewinn versteuert werden, wenn das Unternehmen direkt verkauft würde.

Dieses Konzept zielt hauptsächlich darauf ab, die Steuerzahlung auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern, anstatt sie komplett zu vermeiden. Wenn die Gewinne an die Teilhaber ausgezahlt werden, verlassen sie den steuerlich begünstigten Bereich der Holding. An diesem Punkt unterliegen die Gewinne der persönlichen Besteuerung jedes Einzelnen.

Steuervorteile für Ältere: Entlastung und Altersvorsorge

Zudem profitieren ältere Unternehmer, die das 55. Lebensjahr erreicht haben oder dauerhaft berufsunfähig sind, von verschiedenen Steuervorteilen, wenn sie ihr Unternehmen veräußern. Gemäß § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes können sie auf Antrag einen ermäßigten Steuersatz von bis zu 56-Prozent des Durchschnittsteuersatzes anwenden. Eine erhebliche Minderung der Besteuerung, die für Veräußerungsgewinne bis zur Höhe von fünf Millionen Euro gilt.

Auch kann nach § 16 Abs. 4 Einkommenssteuergesetz ein Teil des Veräußerungsgewinns steuerfrei bleiben: Der Freibetrag für Betriebsveräußerungen beläuft sich auf bis zu 45.000 Euro. Solange der Gewinn diese Grenze nicht übersteigt, bleibt dieser Betrag von der Besteuerung ausgenommen. Bei höheren Veräußerungsgewinnen erfolgt die Besteuerung des darüberhinausgehenden Betrags gemäß den regulären Einkommensteuersätzen.

Weiterhin gewährt § 24 a des Einkommenssteuergesetz Unternehmern, die das 64. Lebensjahr vollendet haben, unter festgelegten Voraussetzungen einen steuerlich absetzbaren Altersvorsorgebetrag. Auch dieser Betrag mindert den zu versteuernden Veräußerungsgewinn und senkt die Steuerbelastung.

Fünftel-Regelung, Vertragsgestaltung und Nachfolge

Weitere Möglichkeiten zur Steueroptimierung eröffnet die sogenannte Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EstG. Sie erlaubt Unternehmern eine gleichmäßige Verteilung der Steuerlast über fünf Jahre hinweg. Hierdurch lässt sich die Steuerbelastung weiter mindern, was vorteilhaft ist, wenn ein hoher Veräußerungsgewinn in einem einzigen Jahr zu einer progressiven Steuerbelastung führen würde.

Die Ausgestaltung des Verkaufsvertrags hat ebenfalls beträchtlichen Einfluss auf die steuerliche Belastung. Beispielsweise könnte der Verkaufspreis in verschiedene Komponenten aufgesplittet werden, wie in den Preis für materielle Vermögenswerte, immaterielle Güter sowie laufende Verträge. Durch diese Aufteilung besteht womöglich die Gelegenheit, vorteilhaftere Steuersätze für spezifische Vermögenswerte zu nutzen.

Unternehmer sollten auch den Zeitpunkt des Verkaufs bedenken. Steuerliche Gesetze und Regelungen unterliegen Wandel, daher ist es ratsam, den Verkauf so zu timen, dass er in einem steuerlich günstigen Jahr stattfindet. Ist absehbar, dass Steuerreformen in Planung sind, die niedrigere Steuersätze für Unternehmensverkäufe vorsehen, könnte es klug sein, den Verkauf auf das Jahr nach der Steuerreform zu verschieben, um von den verbesserten Steuersätzen zu profitieren.

Wenn ein Unternehmen an Nachkommen übergeben werden soll, könnten Unternehmer von Befreiungen von Schenkungs- oder Erbschaftssteuern profitieren, indem sie Unternehmensanteile schrittweise an die Erben übertragen. In jedem Fall empfiehlt es sich, im Falle von Veräußerungen oder Generationswechsel professionelle Unterstützung von Steuerexperten in Anspruch zu nehmen, damit sämtliche Vorteile ausgeschöpft werden können.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Crash-Gefahr an den US-Börsen: Fondsmanager warnt vor historischem Einbruch von bis zu 50 Prozent
25.04.2025

Die Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten nimmt spürbar zu. Ein renommierter Fondsmanager schlägt nun Alarm: Der US-Aktienmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lyft attackiert Uber: Neuer Mobilitäts-Gigant übernimmt FreeNow und greift Europa an
25.04.2025

Der Mobilitätskampf in Europa geht in eine neue Runde – und diesmal kommt die Herausforderung von der anderen Seite des Atlantiks: Lyft,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...