Weltwirtschaft

Inflation fällt auf 6,1 Prozent, Nahrung deutlich teurer

Lesezeit: 2 min
30.08.2023 17:23  Aktualisiert: 30.08.2023 17:23
Die deutsche Inflationsrate ist im August nur minimal zurückgegangen. Denn die Energiepreise sind zuletzt wieder angestiegen. Nahrungsmittel sind deutlich teurer.

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Inflation in Deutschland sinkt nur im Schneckentempo. Die Verbraucherpreise lagen im August um durchschnittlich 6,1 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Im Juli war die Inflationsrate auf 6,2 Prozent gefallen, nachdem sie im Juni auf 6,4 Prozent gestiegen war. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten einen etwas deutlicheren Rückgang auf 6,0 Prozent vorausgesagt. Von Juli auf August zogen die Preise wie erwartet um 0,3 Prozent an.

"Die Inflation in Deutschland erweist sich als zählebig", sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). "Der geringe Rückgang im Sommer ist enttäuschend." Ein zügigerer Abbau werde einerseits durch die zuletzt gestiegenen Energiepreise verhindert, anderseits durch die nach wie vor solide Situation am Arbeitsmarkt, ergänzte der Chefvolkswirt von Union Investment, Jörg Zeuner. "Diese führt nämlich zu einer ordentlichen Lohndynamik und hat durch den starken Sommertourismus weitere Unterstützung erfahren", sagte Zeuner.

Die starke Teuerung hat auch negative Folgen für die Konjunktur. "Die Inflation ist derzeit sogar zweistellig bei Handwerkerleistungen, bei Pauschalreisen oder auch bei den Kosten von Pflegeheimen", sagte ZEW-Ökonom Heinemann. "Das bedeutet, dass der Kaufkraftschwund für die meisten Menschen real spürbar ist und stark ins Auge sticht." Dieser Zustand führe zu einer anhaltenden Verunsicherung und nähre die Sorge um Wohlstandsverluste. "Eine solche Entwicklung spricht dagegen, dass der private Konsum in absehbarer Zeit wieder eine Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung werden könnte", warnte Heinemann. Europas größte Volkswirtschaft ist zuletzt drei Quartale in Folge nicht gewachsen und dürfte im Gesamtjahr 2023 leicht schrumpfen.

ENERGIEPREISE ZIEHEN AN

Preistreiber Nummer eins blieben im August die Nahrungsmittel: Sie kosteten 9,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, nach plus 11,0 Prozent im Juli. Energie verteuerte sich mit 8,3 (Juli: 5,7) Prozent wieder stärker, während für Dienstleistungen 5,1 (Juli: 5,2) Prozent mehr bezahlt werden musste. Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, die sogenannte Kerninflation, verharrte bei 5,5 Prozent.

"Der flotte Rückgang bei den Produzenten- und Einfuhrpreisen stimmt aber zuversichtlich, dass der Inflationsschub in den kommenden Monaten weiter abnimmt", sagte Volkswirt Bastian Hepperle von der Hauck Auhäuser Lampe Privatbank. Die Importpreise fielen im Juli mit 13,2 Prozent zum Vorjahresmonat so stark wie seit 1987 nicht mehr. Da die deutsche Wirtschaft viele Vorprodukte und Rohstoffe aus dem Ausland bezieht, kommen sinkende Einfuhrpreise verzögert auch bei der allgemeinen Inflation an.

SCHOLZ STÜTZT EZB-KURS

"Im September dürfte die Inflationsrate um schätzungsweise 1,5 Prozentpunkte zurückgehen, weil dann der Effekt des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts aus dem Vorjahresvergleich herausfällt", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Beides galt nur von Juni bis August 2022. "Bis zum Jahresende dürfte die Teuerungsrate weiter nachlassen", erwartet Krämer. Aber die rasch steigenden Löhne dürften die Preise für Dienstleistungen anschieben und die unterliegende Inflation recht hoch halten. "Das Inflationsproblem ist noch lange nicht gelöst", warnte der Chefökonom deshalb.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte zum Abschluss der Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg, die Inflation in Deutschland sei nicht gut für Unternehmen und Bürger. Der Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) sei daher richtig, diese prioritär zu bekämpfen. Die EZB versucht, mit einer Serie von Zinserhöhungen die Teuerungsrate in der Währungsunion wieder näher an die gewünschte Zwei-Prozent-Marke zu drücken. Die Regierung versuche bei allen Hilfen für die Wirtschaft so zielgerichtet vorzugehen, dass dies nicht zu einem neuen Inflationsschub führe, sagte Scholz. (Reuters)



DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...