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FDP fordert Option auf Wiedereinstieg in die Atomkraft

Lesezeit: 4 min
01.09.2023 14:08  Aktualisiert: 01.09.2023 14:08
Die FDP will sich einen Wiedereinstieg in die Atomkraft offenhalten. Die zwei anderen Ampel-Parteien halten dagegen. Weltweit ist Deutschland allerdings zum Außenseiter geworden.
FDP fordert Option auf Wiedereinstieg in die Atomkraft
Die FDP fordert die Option einer weiteren Nutzung der Atomkraft, blitzt aber ab. (Bild: istockphoto.com/vladm)
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Die FDP-Bundestagsfraktion hat ein Offenhalten der Option auf die Nutzung der Atomenergie gefordert - stößt damit aber bei Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf strikte Ablehnung. "Wir brauchen grundlastfähige Kraftwerke und wollen deshalb den Rückbau der noch einsatzfähigen Kernkraftwerke stoppen. Nur so bleiben wir in jeder Situation handlungsfähig", heißt es in einem Beschluss, den die Fraktion am Freitag bei ihrer Klausur in Dresden fasste. Darin wird auch für den "Einstieg in moderne, besonders abfall- und risikoarme Kernspaltungstechnologien" plädiert.

Dagegen sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag in der Bundespressekonferenz in Berlin: "Das Thema Kernenergie ist aus Sicht des Bundeskanzlers erledigt." Ein Sprecher des Umweltministeriums wies darauf hin, dass die Rückbauarbeiten an den Mitte April abgeschalteten letzten drei Atommeilern vorangingen. "Es ist ja auch gesetzliche Vorgabe, mit dem Rückbau unverzüglich zu beginnen. Das hat Gründe der nuklearen Sicherheit, dient auch dem Strahlenschutz."

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte zum Abschluss der Klausur, es sei bei der Energiepolitik "wichtig, dass wir uns alle Optionen offenhalten". Das Stromangebot müsse ausgeweitet werden, um mit den Preisen runterzukommen. Es gebe natürlich für neue Kernkraftwerke keine Mehrheit im Bundestag. "Aber gerade jetzt in einer solchen Phase, wo wir angespannte Strompreise haben, mit dem Rückbau zu beginnen, das wäre sicherlich falsch."

Deutschland bei Atomkraft Außenseiter

Während also Deutschland den Ausstieg aus der Technologie vorantreibt, steigen weltweit mehrere Länder ein. So setzt etwa der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala auf neue Atomkraftwerke. Sein Land benötige für die Versorgungssicherheit bis zu vier neue Blöcke, sagte der Regierungschef am Freitag. Diese sollten den kurzfristigen Bedarf an Erneuerbaren Energien und neuen Gaskraftwerken in Tschechien ergänzen.

Der staatliche Energiekonzern CEZ rechnet bis Ende September mit Geboten für einen Block, Fiala hält dies jedoch langfristig für unzureichend. Grund hierfür seien die in den kommenden Jahren vom Netz gehenden Kohlekraftwerke, die rund 40 Prozent der Stromerzeugung des Landes abdecken. Fiala forderte neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Umbau von Heizkraftwerken zu Gaskraftwerken den Ausbau von Stromleitungen nach Deutschland. CEZ treibt zudem Planungen für Mini-AKWs voran.

Fiala setzt auch auf ein Projekt für den Abbau von Lithium in Cinovec nahe der Grenze zu Deutschland. Dieses solle idealerweise bis 2026 in Betrieb gehen. Das Projekt wird von CEZ und der European Metals Holding vorangetrieben. Lithium wird insbesondere in Batterien verwendet.

Schweden baut Atomkraft aus

Die schwedische Regierung hält die Atomkraft für einen entscheidenden Baustein auf dem Weg in eine klimafreundlichere Zukunft. Die Klimawende mit der Elektrifizierung von Industrie und Verkehr erfordere eine Verdopplung der Stromproduktion und die Kernkraft müsse einen großen Anteil dieser Zunahme ausmachen, sagte Klima- und Umweltministerin Romina Pourmokhtari in Stockholm. Bis 2045 müsse Atomkraft zugebaut werden, die mindestens der Leistung von zehn neuen konventionellen Reaktoren entspreche. Die Regierung arbeite mit voller Kraft daran, die Hürden zu beseitigen, die neuer Atomkraft im Land bislang im Weg stünden.

In Schweden sind derzeit drei Atomkraftwerke mit insgesamt sechs Reaktoren in Betrieb, drei davon am Standort Forsmark, zwei in Oskarshamn und einer im Kraftwerk Ringhals. Zusammen machen sie etwa 30 Prozent der schwedischen Stromerzeugung aus. Die konservative Regierung und ihre rechtspopulistische Unterstützerpartei, die Schwedendemokraten, hatten sich vor Amtsantritt im Herbst 2022 darauf geeinigt, die Atomkraft auszubauen.

Rechtlich ist in Umweltgesetzen aber bislang festgelegt, dass maximal zehn Atomreaktoren gleichzeitig in Schweden in Betrieb sein dürfen und keine neuen Reaktoren außerhalb von Forsmark, Oskarshamn und Ringhals gebaut werden dürfen. Dies stehe einem modernen Blick auf die Atomenergie im Weg, sagte Pourmokhtari. Bereits zu Jahresanfang hatte Ministerpräsident Ulf Kristersson angekündigt, den Bau von neuen Atomkraftwerken an mehr Standorten ermöglichen zu wollen. Im Herbst will die Regierung nun einen Fahrplan für den kräftigen Ausbau der Atomkraft vorlegen, wie Pourmokhtari ankündigte.

Trotz Fukuschima: Japan setzt auf die Technologie

Japan hatte Ende Juli einen 48 Jahre alten Atomreaktor wieder angefahren. Der Reaktorblock Nummer 1 im Kernkraftwerk Takahama in der Präfektur Fukui ist damit der älteste operierende Kernreaktor des Landes. Er war 1974 in Betrieb genommen worden, bevor er im Januar 2011 für regelmäßige Inspektionen vom Netz genommen wurde. Als es kurz darauf im März infolge eines Erdbebens und massiven Tsunamis zu Kernschmelzen im Atomkraftwerk Fukuschima kam, blieb der Reaktor auch danach abgeschaltet. Am 28. Juli fuhr ihn der Betreiberkonzern Kansai Electric Power wieder an.

Nach der Atomkatastrophe in Fukuschima am 11. März 2011 hatte Japan sämtliche Meiler im Lande heruntergefahren und deutlich verschärfte Sicherheitsstandards eingeführt. Trotz der Katastrophe und der ständigen Gefahr neuer Erdbeben setzt Japan weiter auf Atomstrom.

Zum einen will das rohstoffarme Land ähnlich wie Deutschland seine Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten verringern. Zum anderen will Japan seine Klimaschutzziele erreichen: Bis zum Jahr 2050 soll der CO2-Ausstoß auf Null reduziert werden. Die Regierung will bis 2030 etwa 20 bis 22 Prozent der Stromerzeugung aus der Kernenergie und 36 bis 38 Prozent aus erneuerbaren Energien gewinnen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssten fast 30 Reaktoren wieder in Betrieb genommen werden, was jedoch angesichts der langwierigen Genehmigungsverfahren und des lokalen Widerstands dagegen unrealistisch sei, schrieb die Zeitung «Nikkei Asia» kürzlich. Japans Parlament hatte kürzlich ein Gesetz in Kraft gesetzt, mit dem die Betriebsdauer von Atomreaktoren nicht länger auf 60 Jahre beschränkt wird - sondern potenziell unbegrenzte Laufzeiten möglich werden.

Drei der vier Reaktoren des Kraftwerks Takahama sind inzwischen in Betrieb, nur der Reaktor Nummer 2 ist noch abgeschaltet. Nach Angaben des Energieversorgers soll auch dieser Reaktor im September wieder angefahren werden. Von den landesweit mehr als 40 kommerziellen Reaktoren in Japan sind inzwischen elf Reaktoren wieder in Betrieb.

USA: Neues Kraftwerk geht ans Netz

Im US-Bundesstaat Georgia war Anfang August der erste komplett neu konstruierte Atomkraftreaktor seit mehr als 30 Jahren ans Netz gegangen. Das Kernkraftwerk Vogtle soll mit seinen 1100 Megawatt schätzungsweise 500 000 Haushalte und Unternehmen mit Strom versorgen können. Kim Greene, der Chef des zuständigen Unternehmens Georgia Power, pries den neuen Reaktor am Montag trotz jahrelanger Verspätung und immensen Kosten als «beeindruckendes Beispiel» für Georgias zuverlässige und widerstandsfähige Energiezukunft.

Die USA haben die meisten Kernkraftwerke weltweit. Ab den 80er-Jahren gab es aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und der Endlagerung von Atommüll jedoch kaum Neubauten. Erst in jüngster Zeit hat sich das Interesse an der Kernenergie aufgrund ihrer Rolle als CO2-arme Energiequelle wieder belebt. Auch in Frankreich werden neue Atomkraftwerke gebaut. In Deutschland sind dagegen alle Atomkraftwerke vom Netz gegangen.


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