Unternehmen

Gastgewerbe warnt vor "Preisschock" wegen höherer Steuern

Das deutsche Gastgewerbe steuert auf das vierte Verlustjahr in Folge zu. Höhere Steuern ab Januar könnten zu einem "Preisschock für die Gäste" führen.
05.09.2023 11:33
Aktualisiert: 05.09.2023 11:33
Lesezeit: 2 min

Hotels und Restaurants in Deutschland sorgen sich um das Auslaufen von Steuererleichterungen Anfang 2024. "Die Existenzängste in der Branche sind unvermindert hoch", sagte Präsident Guido Zöllick vom Branchenverband Dehoga am Dienstag in Berlin. "Mit 45,5 Prozent erwarten fast die Hälfte unserer Unternehmen, dass die Geschäfte in den kommenden drei Monaten schlechter laufen als bisher." Wegen sinkender Gästezahlen bei zugleich höheren Kosten befürchteten 28 Prozent, 2023 Verluste zu schreiben. Aufgrund massiv gestiegener Kosten appellierte Zöllick erneut an die Politik, die auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuer dürfe 2024 nicht wieder auf 19 Prozent erhöht werden. "Das führt zu einem Preisschock für die Gäste."

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fordert seit längerem, die in der Corona- und Energiekrise reduzierte Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft niedrig zu halten. Nach mehrfacher Verlängerung soll der Steuersatz im Januar 2024 wieder von sieben auf die ursprünglichen 19 Prozent steigen. Dies und andere Kosten müssten die Betriebe aber voll an die Gäste weitergegeben, "da die Gastronomen keine Spielräume und Reserven mehr haben", warnte Zöllick. Gut 90 Prozent der Firmen würden laut Dehoga-Umfrage ihre Preise dann erhöhen.

MEHR KOSTEN, WENIGER GÄSTE, WENIGER UMSATZ

In den ersten sechs Monaten waren die Umsätze - bereinigt um steigende Preise - zum Vorkrisen-Niveau von 2019 real um 10,4 Prozent gesunken. Die nominalen Erlöse hingegen waren inflationsbedingt knapp zehn Prozent höher. "Es wird von dem Verlust, den wir im ersten Halbjahr eingefahren haben, nichts wieder aufgeholt", sagte Zöllick. Die Branche hänge 2023 hinter dem Niveau von 2019 hinterher. "Damit steuert das Gastgewerbe auf das vierte Verlustjahr in Folge zu", erklärte Zöllick.

Allein in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 mit längeren Lockdowns hat die Branche laut Dehoga 36.000 Unternehmen verloren. Im nächsten Jahr drohe beim Auslaufen der Steuererleichterung 12.000 weiteren Betrieben das Aus, erklärte der Dehoga zur Umfrage unter rund 6500 Unternehmen. Demnach lagen die Preise für Lebensmittel zuletzt um durchschnittlich 25,3 Prozent höher als im August 2022, die von Getränken um 18,1 Prozent und die von Energieprodukten um 41,3 Prozent höher. Personalkosten stiegen zudem um 21,0 Prozent.

Fast zwei Drittel der Betriebe meldeten der Umfrage zufolge im Sommer sinkende Gästezahlen und gut die Hälfte schlechteren Umsatz als 2019. Viele befürchten, dass bei einer wieder höheren Mehrwertsteuer weniger Gäste kämen und diese dann auch spürbar sparen würden. Deshalb sagen für diesen Fall rund 70 Prozent sinkende Nettoumsätze voraus. Laut Insa-Umfrage für den Dehoga lehnen zwei Drittel der Deutschen eine höhere Steuer ab und mehr als jede oder jeder Zweite würde dann seltener essen gehen.

"Tourismus funktioniert nicht ohne Gastgewerbe", mahnte Zöllick. Es dürfe kein weiteres Kneipensterben auf dem Dorf oder in Innenstädten geben. "Restaurants und Cafés sind die öffentlichen Wohnzimmer der Gesellschaft." Der Lobbyist rief die Politik auf, anders als bisher Essen - ob in der Gastronomie, im Supermarkt oder zum Mitnehmen - einheitlich mit sieben Prozent zu besteuern. Er sei zwar optimistisch, aber auch realistisch, weil es letztlich "eine Frage des Haushalts" sei.

Das Kabinett hat zuletzt Steuerentlastungen für kleine und mittelständische Firmen von sieben Milliarden Euro pro Jahr ab 2024 auf den Weg gebracht. Finanzminister Christian Lindner kann sich weitere Entlastungen vorstellen, wegen knapper Kassen pocht der FDP-Chef aber immer auf Sparvorschläge an anderer Stelle. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Micron Technology-Aktie und der KI-Boom: Experten sehen Parallelen zu Nvidia
19.12.2025

Der KI-Boom verändert den Halbleitermarkt und lenkt den Blick auf Speicherhersteller. Kann die Micron Technology-Aktie dauerhaft von...

DWN
Politik
Politik EU lockert Gentechnik-Vorgaben: Was sich im Supermarkt ändert und wo Chancen und Risiken liegen
19.12.2025

Die EU stellt die Weichen für lockerere Gentechnik-Vorgaben – mit Folgen für Supermärkte, Kennzeichnung und Landwirtschaft....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Finanzierung bis 2027: EU einigt sich auf 90 Milliarden Euro – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...