Wirtschaft

China verurteilt EU wegen „Protektionismus“ bei E-Autos

China hat die Drohung der EU verurteilt, seine E-Autos mit Strafzöllen zu belegen. Dies sei „reiner Protektionismus“. Auch die deutsche Autoindustrie übt Kritik an Brüssel.
14.09.2023 16:40
Aktualisiert: 14.09.2023 16:40
Lesezeit: 3 min

China hat mit harschen Worten auf die von der EU angekündigte Prüfung von Strafzöllen auf chinesische Elektroauto-Importe reagiert. Die Untersuchung sei ein "reiner protektionistischer Akt", der die globale Autoindustrie ernsthaft stören und verzerren werde und sich negativ auf die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen Chinas mit der EU auswirken werde, erklärte das Handelsministerium in Peking am Donnerstag. Einen "fairen Wettbewerb" vorgebend, hätten die EU-Ermittlungen das Ziel, die eigene Wirtschaft zu schützen.

Besorgt über einen Handelskrieg äußerte sich auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit Blick auf die große Bedeutung Chinas als Exportziel der deutschen Industrie. Aus der Autoindustrie kamen Plädoyers für Freihandel, was als Mahnung zu Vorsicht in Sachen Anti-Dumping-Zölle verstanden werden kann. Analysten warnten, die deutsche Autoindustrie hätte in Europa am meisten zu verlieren, falls es zu Strafzöllen und Vergeltungsmaßnahmen Chinas komme.

Die EU-Kommission sieht die heimische Autobranche durch billige E-Autos aus China in Gefahr und prüft deshalb Anti-Dumping-Zölle. Am Mittwoch hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt, die Märkte würden weltweit mit billigen E-Autos aus China geflutet. "Und ihr Preis wird durch gewaltige staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten." Die EU-Kommission erwartet wegen des Kostenvorteils einen Anstieg des Marktanteil chinesischer Autobauer bei Elektroautos in Europa von derzeit acht Prozent auf 15 Prozent in zwei Jahren.

Die Untersuchung kann gut ein Jahr dauern. Es sei daher noch zu früh, mögliche Folgen des ergebnisoffenen Verfahrens einzuschätzen, erklärte der weltweit größte Autozulieferer Bosch, der stark in China engagiert ist. "Für uns als international agierendes Unternehmen ist globaler Handel unter fairen Wettbewerbsbedingungen wichtig. Ein Wettlauf um Strafzölle und Handelshemmnisse hätte nur Verlierer", warnte Bosch-Chef Stefan Hartung. Freier Handel und fairer Wettbewerb sicherten Wohlstand und Wachstum, erklärte auch Mercedes-Benz. "Protektionistische Maßnahmen sind dabei kontraproduktiv." Zu einem liberalen Handel gehöre aber auch das Prinzip, "dass alle Beteiligten die gleichen Bedingungen vorfinden". BMW, Porsche und Volkswagen äußerten sich nicht.

"Am deutschen Export hängt jeder vierte Job, in der Industrie sogar jeder zweite", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Neue Handelskonflikte - und solche mit unserem wichtigsten Handelspartner China allemal - sind daher und vor dem Hintergrund der derzeit multiplen Krisen völlig ungeeignet, uns aus der aktuell schwierigen Situation zu befreien." Wettbewerbsverzerrungen durch China seien ein Problem, das Europa entschlossen angehen sollte - "aber möglichst nicht über eigene übermäßige Subventionen oder neue Strafzölle."

WARNUNGEN VOR CHINA AUS FRANKREICH

Die deutsche Autoindustrie ist stark vom chinesischen Markt abhängig und hat Mühe, mit den Rivalen dort bei E-Autos Schritt zu halten. Der wachsenden Konkurrenz chinesischer E-Autos auf dem europäischen Heimatmarkt will Volkswagen zum Beispiel mit einem günstigen Einstiegsmodell 2025 entgegentreten. Die Premiummarken Mercedes oder BMW wollen ihre Marktanteile mit hochwertigem Design und digitaler Ausstattung verteidigen.

Kurzfristig könnten Anti-Dumping-Zölle die Welle chinesischer Autoimporte hemmen, langfristig wären sie aber kontraproduktiv, erklärte Fabian Piontek, Autoexperte des Beratungsunternehmens Alixpartners. "Für die Deutschen wäre das kein gutes Szenario, weil Restriktionen Chinas im Gegenzug zu befürchten wären." Eine Gegenreaktion Chinas würde sie viel härter treffen als die Autobauer aus Frankreich oder Italien, da sie viel mehr exportierten nach China und dort produzierten, so dass sie einen höheren Absatzanteil Chinas hätten.

Renault-Markenchef Jean-Dominique Senard hatte im Juli in einem Reuters-Interview vor einem "chinesischen Sturm" gewarnt mit Blick auf wachsende E-Autoimporte aus China und die Dominanz des Landes bei der Kontrolle wichtiger Rohstoffe. Der Chef des Opel-Mutterkonzerns Stellantis, Carlos Tavares, hatte von einem "extrem brutalen" Wettbewerb gegen die "Invasion" billiger E-Autos aus China gesprochen. Diese hätten einen Kostenvorteil von 25 Prozent. "Wir müssen kämpfen."

Renault und Stellantis wären denn auch die Gewinner des EU-Vorstoßes, hieß es in einem Kommentar von Bernstein Research. Sie würden von einem geringeren Wettbewerb auf dem europäischen Markt profitieren, wenn Zölle erhoben werden. Zugleich sei die Gefahr für sie geringer, unter chinesischen Vergeltungsmaßnahmen zu leiden. Bei VW sei das Bild gemischt. Weniger Wettbewerb wäre günstig, zugleich sei der größte europäische Autokonzern aber auch Gegenmaßnahmen besonders ausgesetzt. Die Premiumhersteller BMW, Mercedes und Volvo stünden am schlechtesten da: Bei ihnen spielten die preisgünstigen Modelle kaum eine Rolle, von einer protektionistischen Antwort Chinas wären sie stark betroffen, und eigene Exportpläne aus China stünden auf dem Spiel.

Die Aktienkurse spiegelten die unterschiedlich große Anfälligkeit bei einem Zollstreit mit China wider: Die Titel der deutschen Autobauer fielen stärker als die der französischen. (Reuters)

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