Unternehmen

„Den Selbstständigen geht es so schlecht wie noch nie“

Lesezeit: 3 min
19.09.2023 09:18  Aktualisiert: 19.09.2023 09:18
Eine neue Umfrage bringt es an den Tag: Das Geschäftsklima hat sich unter Selbstständigen und Kleinstunternehmer dramatisch verschlechtert. Der Jimdo-Ifo-Index – ein Index, der speziell die Stimmung unter Selbstständigen und Kleinstunternehmen erfasst – ist im August auf einen neuen Tiefpunkt.
„Den Selbstständigen geht es so schlecht wie noch nie“
Am Puls der Selbstständigen: Jimdo-Gründer Matthias Henze (Foto: Jimdo)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Demnach habe sich unter den befragten Unternehmern im August die Sorge über das laufende Geschäft erheblich vergrößert. Zudem hätten sich die Geschäftserwartungen auch im August nicht aufgehellt und blieben bei einem äußerst schlechten Wert von 27,8 Punkten, erklärt Katrin Demmelhuber vom angesehenen Ifo-Institut. Das Ifo-Institut arbeitet seit Jahren mit dem Anbieter von Online-Tools, Jimdo, zusammen, der den Index speziell für Selbstständige und Kleinstunternehmer entwickelt hat.

Stimmung im Keller

Mit den Ergebnissen von August setzt sich eine bereits langanhaltende Talfahrt fort. Mit den jüngsten Ergebnissen hat sich zum fünften Mal in Folge das Geschäftsklima für die rund 3,9 Millionen Selbstständigen und Kleinstunternehmen weiter verschlechtert. Der Geschäftsführer und Mitbegründer von Jimdo, Matthias Henze, erklärt gegen über den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN), dass er solch schlechten Zahlen seit der Einführung des Jimdo-Index von 18 Monaten noch nicht gesehen habe: „Den Selbstständigen geht es so schlecht wie nie.“ Hätten schon die Zahlen im Juli einen bisher nicht dagewesenen Tiefpunkt im Geschäftsklima für Selbstständige und Kleinstunternehmer angezeigt, so seien sie im August noch einmal um weitere 11,6 Punkte gefallen.

Die Gründe für die außerordentlich gedrückte Stimmung sieht Henze in einer Zusammenfolge mehrerer Umstände. Auf der einen Seite belasten hohe Kosten, wie beispielsweise die für Energie die Unternehmen und auf der anderen Seite sei gerade die Nachfrage dabei, auf breiter Front einzubrechen. Das Aufeinandertreffen dieser Faktoren führe, so Henze zu den DWN, für viele Unternehmen direkt in existenzielle Schwierigkeiten. Seiner Meinung sei heute die Lage für Selbstständige und Kleinstunternehmer vielfach noch schwieriger als in Zeiten der Pandemie. Und damals hätten schon rund 500.000 Selbstständige und Kleinstunternehmer ihre Geschäftstätigkeit einstellen müssen. Henze rechnet deshalb in den nächsten Monaten mit einer signifikanten Insolvenz-Welle in diesem Segment.

Die ökonomische Bedeutung

Große Sorgen gebe es auch beim Einzelhandel. In diesem Bereich hat sich das Geschäftsklima spürbar auf minus 27,7 Punkte verschlechtert, auch bei den Selbstständigen im verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe sind die Zahlen hinsichtlich des Geschäftsklimas tief im Keller. Tatsächlich ist über praktisch alle relevanten Fragen hinweg – vom derzeitigen Auftragsbestand bis hin zur zukünftigen Geschäftserwartung – mit der Umfrage deutlich geworden, dass die derzeitige Situation der Selbstständigen und Kleinstunternehmer zum Teil deutlich schlechter sei als die gesamtwirtschaftliche Lage. Henze fordert deshalb einen Runden Tisch bei der Politik ein: „Bisher sind die Probleme der 3,9 Millionen Selbstständigen und Kleinstunternehmer überhaupt nicht auf dem Schirm der Politik.“ Es könne aber nicht länger angehen, dass die Probleme einer so wichtigen Gruppe von der Politik beständig außer Acht gelassen würden.

Der Jimdo-ifo-Geschäftsklimaindex für Selbständige und Kleinstunternehmen, das sind Unternehmen mit nicht mehr als neun Beschäftigten, wurde im Dezember 2021 als monatlicher Index erstmals veröffentlicht. Der Gründer Matthias Henze sagt gegenüber den DNW, dass bisher alle Erhebungen zu wenig die besonderen Belange der Selbstständigen und Kleinunternehmen berücksichtigt hätten. Dies führe, so Henze gegenüber den DWN, auch dazu, dass bisher die Politik die Sorgen dieser Gruppe nur unzureichend zur Kenntnis nehme. Ziel des Index sei es, dieser Gruppe in der politisch-gesellschaftlichen Diskussion zu einer größeren Sichtbarkeit zu verhelfen. Denn bisher sei es, so Henze, immer noch so, dass diese Gruppe von der Politik in nur höchst unzureichender Weise von der Politik zur Kenntnis genommen werde. Jedoch sei diese Gruppe von erheblicher ökonomischer Bedeutung: Die rund 3,9 Millionen Selbstständigen und Kleinstunternehmer erwirtschaften jährlich einen Umsatz von rund 440 Milliarden Euro in Deutschland.

Der Index

Bei der Erstellung des Index befragt das Online-Unternehmen monatlich 1500 Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen nach ihrer aktuellen geschäftlichen Situation und nach ihren Erwartungen. Der in Zusammenarbeit mit dem renommierten Wirtschaftsinstitut ifo erstellte Jimdo-ifo-Index ist daher ein wesentlicher Barometer für die Stimmungslage von Selbstständigen und Kleinstunternehmen in Deutschland.

Jimdo ist ein Anbieter von Online-Tools, die speziell auf die Bedürfnisse von Selbstständigen und kleinen Unternehmen abgestimmt sind. Das in Hamburg beheimatete Unternehmen beschäftigt heute rund 250 Mitarbeiter.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

 

DWN
Immobilien
Immobilien Haus & Grund rät zu Geduld: Bei Grundsteuer auf neuen Bescheid warten
21.12.2024

Im Durchschnitt sollte es nicht teurer werden, das war das Versprechen der Grundsteuer-Reform. Doch noch immer wissen viele nicht, wie viel...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...