Finanzen

Inflation gebannt? Schweiz lässt Zinsen unverändert

Die Schweiz hat überraschend auf eine Zinserhöhung verzichtet, auch weil die Inflation zuletzt niedrig war. Weitere Anhebungen könnten aber noch nötig werden.
21.09.2023 10:47
Aktualisiert: 21.09.2023 10:47
Lesezeit: 2 min
Inflation gebannt? Schweiz lässt Zinsen unverändert
Nach der überraschenden Zinspause steuert der Franken auf den größten Tagesverlust seit den Bankenturbulenzen im März zu. (Foto: dpa) Foto: Ennio Leanza

250 Basispunkte sind vorerst genug: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht nach fünf Zinserhöhungen in Folge überraschend von einer weiteren geldpolitischen Straffung ab. Der SNB-Leitzins bleibe bei 1,75 Prozent, teilte die Notenbank am Donnerstag mit. Den Kampf gegen die Teuerung gewonnen sieht SNB-Präsident Thomas Jordan indes noch nicht. "Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei", sagte Jordan bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung. "Wir werden im Dezember entscheiden, ob eine weitere Straffung der Geldpolitik notwendig ist."

Doch vorerst könne die Notenbank zuwarten, der zugrundeliegende Inflationsdruck habe leicht abgenommen, erklärte Jordan. "Diese Situation erlaubt es uns, vorerst abzuwarten und an der nächsten Lagebeurteilung erneut zu prüfen, ob unsere bisherigen geldpolitischen Massnahmen ausreichen, um die Inflation nachhaltig im Bereich der Preisstabilität zu halten." Die Tür für eine weitere Zinsanhebung hielt sich der SNB-Chef aber offen. Bereits geringfügige Störungen, beispielsweise beim Energieangebot oder vermehrte Zweitrundeneffekte, könnten die Teuerung wieder hochtreiben. "Wir werden nicht zögern, unsere Geldpolitik falls nötig weiter zu straffen, um die Inflation nachhaltig unter zwei Prozent zu halten", sagte Jordan.

TEUERUNG ZURÜCK IM SNB-ZIELBEREICH

Der Druck auf das SNB-Direktorium, sich der Inflation entgegenzustemmen, hat zuletzt abgenommen. Die Jahresteuerung in der Schweiz ist im internationalen Vergleich moderat und liegt seit drei Monaten auch wieder im Zielbereich der SNB: Im August betrug sie 1,6 Prozent. Die Zentralbank peilt für Preisstabilität zwischen null und zwei Prozent an. Im gesamten Jahr und auch 2024 rechnen die Währungshüter mit einer Inflation von 2,2 Prozent, 2025 dürften die Verbraucherpreise dann um 1,9 Prozent steigen.

Mit in Summe 2,5 Prozentpunkten Zinsanhebung seit Juli 2022 hat die SNB im Reigen der großen Zentralbanken vergleichsweise moderat an der Zinsschraube gedreht. Spitzenreiter ist die US-Notenbank Fed mit 5,25 Prozentpunkten Zinsplus, die Europäische Zentralbank (EZB) kommt auf 4,5 Prozentpunkte. Nur in Japan, wo der Leitzins unverändert blieb, tat sich noch weniger als in der Schweiz.

Ökonomen, die mehrheitlich mit einer weiteren Zinsanhebung der Schweizer Währungshüter um 0,25 Prozentpunkte gerechnet hatten, bemühten Äußerungen wie "dovishe Überraschung" oder "hawkishe Pause". "Bei der Inflationsbekämpfung scheint sich die SNB auf der sicheren Seite zu sehen", erklärte Alexander Krüger Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Für die SNB heißt es nun: Job vorerst erledigt, Zinsniveau halten." Mit dem Verzicht auf eine weitere Zinserhöhung habe die Notenbank die Konjunktursorgen stärker gewichtet als die Inflationsrisiken, erklärte UBS-Ökonom Alessandro Bee.

Um für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen, will die SNB bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt eingreifen. Im gegenwärtigen Umfeld stünden dabei Fremdwährungsverkäufe im Vordergrund. Neben Zinserhöhungen setzte die SNB zuletzt auch auf die inflationsdämpfende Wirkung eines starken Frankens. Nach der überraschenden Zinspause steuerte die Schweizer Währung allerdings zum Euro auf den größten Tagesverlust seit den Bankenturbulenzen im März zu, bei der die angeschlagene Credit Suisse vom Rivalen UBS übernommen worden war. Der Euro stieg um rund ein Prozent auf 0,9641 Franken. Der Dollar wertete auf 0,9047 Franken auf. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenplus 2026? Wann Ruheständler steuerpflichtig werden
19.11.2025

Rentner aufgepasst: Kommendes Jahr könnten die Renten in Deutschland erneut steigen. Was einerseits erfreulich ist, kann andererseits dazu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktienstrategie: Wie Profis erkennen, wann es Zeit zum Ausstieg ist
19.11.2025

Der perfekte Verkaufszeitpunkt an der Börse ist selten. Doch wer Gewinne nicht rechtzeitig realisiert, riskiert, sie wieder zu verlieren....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Droneshield-Aktien stürzen ab: Anleger stoßen die Rüstungsaktie massenhaft ab – die Hintergründe
19.11.2025

Die Droneshield-Aktien befinden sich am Mittwoch in einer drastischen Abwärtsbewegung, die Anleger fliehen. Doch was steckt wirklich...

DWN
Politik
Politik COP30 in Belém: Bill Gates sieht Klimawandel nicht mehr als das größte Problem
19.11.2025

Die COP30-Klimakonferenz in Brasilien versammelt Vertreter aus aller Welt, um über den Umgang mit Klimawandel, Emissionen und nachhaltiger...

DWN
Politik
Politik Drohnenbekämpfung: Was plant Innenminister Dobrindt für Deutschland?
19.11.2025

Die Bundesregierung geht davon aus, dass Drohnen von staatlichen Akteuren zu Spionage- und Sabotagezwecken eingesetzt werden – im Fokus...

DWN
Politik
Politik Trump bereitet Krieg auf dem eigenen Kontinent vor: Venezuela rückt ins Fadenkreuz
19.11.2025

Donald Trump lässt seine Administration offen über eine Militärintervention in Venezuela nachdenken. Während Präsident Nicolás Maduro...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmen in Deutschland: Stabilität und Wachstum in Krisenzeiten
19.11.2025

Deutschlands größte Familienunternehmen zeigen, dass wirtschaftlicher Erfolg und Stabilität kein Widerspruch sind. Sie schaffen...