Politik

Wagenknecht und Mitstreiter wollen neue Partei gründen

Die bisherige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht will 2024 eine eigene Partei gründen. Ihre ersten Verbündeten sind bereits aus der Linkspartei ausgetreten.
23.10.2023 11:14
Aktualisiert: 23.10.2023 11:14
Lesezeit: 2 min
Wagenknecht und Mitstreiter wollen neue Partei gründen
Die Vorstandsmitglieder des Vereins Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit“ Lukas Schön, Amira Mohamed Ali, Sarah Wagenknecht, Ralf Suikat und Christian Leye am Montag in Berlin. (Foto: dpa) Foto: Soeren Stache

Die Politikerin Sahra Wagenknecht verlässt die Linke und gründet ihre eigene Partei. „Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen“, sagte Wagenknecht am Montag in Berlin. „Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen.“ Deutschland drohe ein Wohlstandsverlust. Das Land müsse weg von einem blinden Öko-Kurs, der Mindestlohn müsse deutlich angehoben werden.

Die neue Wagenknecht-Partei soll Anfang 2024 gegründet werden und zur Europawahl im Juni 2024 antreten. Bis zur Gründung wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter mit Mandat weiter in der Linken-Bundestagsfraktion bleiben, wie sie deutlich machten. Wagenknecht begründete das auch mit Rücksicht auf Beschäftigte in der Fraktion und einem „geordneten Übergang“. Spätestens ab Januar werde die Linken-Bundestagsfraktion aber nicht mehr bestehen können, fügte die 54-Jährige hinzu.

Die Linken-Fraktion hat nur 38 Abgeordnete. Wenn mehr als zwei von ihnen austreten oder ausgeschlossen werden, verliert sie den Fraktionsstatus und kann nur noch als Gruppe weitermachen. Die Linken-Spitze hat Wagenknecht und ihre Unterstützer hingegen zur Abgabe der Mandate aufgefordert.

Wagenknecht hatte bereits seit Monaten Erwägungen zur Gründung der Partei angestellt. Vor einigen Wochen hatten ihre Unterstützer den Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit“ registrieren lassen. Dieser soll die Parteigründung nun vorbereiten und Spenden einsammeln. Vorsitzende ist die bisherige Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali. Geschäftsführer ist der frühere Geschäftsführer der Linken in NRW, Lukas Schön, Schatzmeister der Millionär Ralph Suikat.

Der Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit“ sei gegründet worden, „um eine neue Partei vorzubereiten“, hieß es in einer schriftlichen Erklärung. In Deutschland werde seit Jahren „an den Wünschen der Mehrheit vorbei regiert“. Statt Leistung zu belohnen, werde von den Fleißigen zu den oberen Zehntausend umverteilt. Lobbywünsche würden bedient und öffentliche Kassen geleert. Beklagt wird ein „autoritärer Politikstil“. Industrie und Mittelstand stünden auf dem Spiel.

„Viele Menschen haben das Vertrauen in den Staat verloren und fühlen sich durch keine der vorhandenen Parteien mehr vertreten“, heißt es in der Erklärung weiter. Wagenknecht kritisierte erneut scharf die Ampel-Koalition, die Deutschland schlecht regiere.

Der Bundestagsabgeordnete Christian Leye sagte, Wagenknecht und ihre Unterstützer hätten sich zu der Parteigründung entschlossen, weil „uns politisch keine andere Wahl bleibt“. Er sprach von einer undurchdachten Politik, schlechten Schulen und maroden Brücken. „Das Land wurde kaputtgespart, inzwischen bröckelt nicht nur die Fassade“, sagte Leye.

Viele Menschen mit geringem Einkommen fühlten sich nicht mehr vertreten. Für sie wolle die neue Partei „den Rücken gerade machen“. Viele gingen gar nicht mehr zur Wahl. „Wir haben ein Demokratieproblem“, sagte Leye. Die neue Partei strebe einen langsamen Aufbau an und wolle sich langfristig etablieren.

Einer Insa-Umfrage für „Bild am Sonntag“ zufolge könnten sich 27 Prozent der Befragten in Deutschland vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Wahlumfragen sind aber generell mit Unsicherheiten behaftet. Die Linke-Parteispitze will gegen die Wagenknecht-Mitstreiter vorgehen. Gegen die Beteiligten des Vereins BSW sollen Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden.

Wagenknecht hat zusammen den Bundestagsabgeordneten Amira Mohamed Ali und Christian Leye sowie dem Unternehmer Ralph Suikat und dem ehemaligen Geschäftsführer der Linken in Nordrhein-Westfalen, Lukas Schön, einen Verein ins Leben gerufen, um eine Parteigründung vorzubereiten. Experten trauen ihr zu, einen größeren Teil an Nicht- und Protestwählern auf sich zu vereinen. Für die Linke könnte dies der Todesstoß sein.

Die bisherige Co-Fraktionschefin der Linken, Amira Mohamed Ali, sagte, die Gruppe sei bereits aus der Linkspartei ausgetreten. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen.“ Die Linke habe trotz immer neuer Wahlniederlagen ihren Kurs nicht korrigiert und sei auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Viele Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren. In diese Lücke wolle die neue Partei stoßen. (dpa/Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland investiert 900 Mio. Euro: Eine Drohnen-Brigade für Litauen
31.10.2025

Deutschland rüstet sich industriell und militärisch neu, was Fragen nach Strategie, Kontrolle und wirtschaftlichen Folgen aufwirft....

DWN
Technologie
Technologie Amazon profitiert von starkem Cloud-Wachstum – Unternehmensbereich erreicht Rekordtempo
31.10.2025

Amazons Cloud-Sparte erlebt einen kräftigen Aufschwung: Dutzende Unternehmen – von Start-ups bis zu Großkonzernen – setzen zunehmend...

DWN
Politik
Politik Nach einem knappen Wahlkampf: Linksliberale D66 setzen sich gegen Wilders durch
31.10.2025

Die Niederlande haben gewählt – und lange sah es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Linksliberalen Jetten und dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Merz plant „Stahlgipfel“ im Kanzleramt: Wege aus der Industriekrise gesucht
31.10.2025

Die deutsche Stahlindustrie steckt in einer tiefen Krise. Um Lösungen für steigende Energiekosten und internationalen Wettbewerbsdruck zu...

DWN
Panorama
Panorama „Enhanced Games“ sorgen für Empörung: Warum Doping kein Sport ist
31.10.2025

Ein Sportwettkampf, bei dem Doping erlaubt ist – die „Enhanced Games“ spalten die Welt des Sports. Während die Organisatoren von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bayer-Aktie unter Druck: Supreme Court bestätigt Millionenurteil
31.10.2025

Nach einem herben juristischen Dämpfer in den USA steht Bayer erneut im Fokus der Öffentlichkeit. Das oberste Gericht des Bundesstaates...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie auf Rekordniveau: Eine Analyse im Spannungsfeld von KI-Innovation und wachsender Marktdynamik
31.10.2025

Die Nvidia-Aktie steht im Zentrum einer technologischen Zeitenwende, in der KI und Hochleistungsrechnen neue Maßstäbe setzen. Der...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett zeigt: Nichtstun bringt mehr Reichtum als blinder Aktionismus
31.10.2025

Wenn Märkte abstürzen und Politiker hektisch handeln, beweist Warren Buffett das Gegenteil: Wer stillhält und Impulse ignoriert, wird...