Unternehmen

Deutsche Unternehmen beklagen schlechteren Kreditzugang

Unternehmen in Deutschland kommen deutlich schlechter an neue Bankkredite. Die Kreditklemme ist offenbar nicht nur auf die steigenden Zinsen zurückzuführen.
23.10.2023 11:54
Aktualisiert: 23.10.2023 11:54
Lesezeit: 2 min

Die Unternehmen in Deutschland kommen angesichts gestiegener Zinsen und mauer Konjunktur deutlich schlechter an neue Bankkredite. 29,2 Prozent der Betriebe, die gegenwärtig Verhandlungen über Darlehen führen, berichteten im September von Zurückhaltung bei den Geldhäusern, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner vierteljährlichen Umfrage mitteilte. Im Juni klagten nur 21,3 Prozent der Firmen darüber. Seit Beginn der Erhebung nach der aktuellen Methodik im Jahr 2017 war die Kredithürde nur einmal höher, nämlich im Dezember 2022 mit 30 Prozent.

„Die Banken erhöhen nach und nach die Kreditzinsen und gehen zurückhaltender bei der Vergabe vor“, fasste der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, die Ergebnisse zusammen. Der staatlichen Förderbank KfW zufolge waren zuletzt im Durchschnitt mehr als fünf Prozent für Unternehmenskredite fällig. Auch die schwache Konjunktur könnte dazu beitragen, dass die Banken genauer hinschauen. „In wirtschaftlich schwächeren Phasen müssen die Unternehmen auch mehr zur Kreditabsicherung beitragen“, fügte Wohlrabe hinzu.

Die Zahl der Firmenpleiten stieg im Juli um 37,4 Prozent zum Vorjahresmonat auf 1586, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Im Insolvenzfall bleiben Banken in der Regel auf Forderungen sitzen und zögern deshalb in konjunkturell schwierigen Zeiten mit der Bewilligung neuer Gelder.

Die Kredithürde wurde vor allem bei den Dienstleistern höher: Hier beklagten sich 31,5 Prozent über einen schwierigeren Zugang, nach 21,8 Prozent im Juni. In der Industrie stieg der Anteil von 20,7 auf 27,7 Prozent. Bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen sind es mittlerweile sogar knapp 40 Prozent der Firmen, die von zurückhaltenden Banken berichten. Im Maschinenbau liegt der Anteil bei 31,6 Prozent.

Angesichts der schwierigen Lage im Wohnungsbau sind die Banken auch bei Unternehmen aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen vorsichtig (31 Prozent). In der Veranstaltungsbranche liegt der Anteil bei rund 35 Prozent. Im Einzelhandel ist er merklich gestiegen, und zwar von 20,5 auf 28,2 Prozent. „Die wirtschaftliche Lage vieler Einzelhändler ist aufgrund der Kaufzurückhaltung weiterhin schwierig“, hieß es. Das spiegele sich auch in den Kreditvergabebedingungen wider. Ähnliches gilt für das Baugewerbe, wo 29,4 Prozent von einer restriktiven Kreditvergabe berichteten - nach 26,9 Prozent im Juni. Nur im Großhandel gab es einen Rückgang von 22,6 auf 20,2 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins seit dem Sommer 2022 in Rekordtempo von null auf aktuell 4,50 Prozent erhöht, um die Inflationsrate wieder in Richtung ihres Zielwertes von zwei Prozent zu drücken. Aktuell liegt sie mit 4,3 Prozent mehr als doppelt so hoch. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Brüssels großer Verteilungskampf: Wer zahlt für die Migration?
18.11.2025

Die EU-Kommission will Asylbewerber künftig verpflichtend auf andere Mitgliedstaaten verteilen. Doch Polen, Ungarn und die Slowakei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schluss mit Shein und Temu? Europa zieht die Notbremse gegen Billigimporte aus China
17.11.2025

Die EU will die Billigimporte aus China schneller als geplant stoppen. Eine neue Zwei-Euro-Abgabe soll schon 2026 kommen. Plattformen wie...

DWN
Politik
Politik Teilzeit steuerfrei aufstocken? Teilzeitaufstockungsprämie ab 2026 für mehr Arbeitsstunden geplant
17.11.2025

Neben der Aktivrente und Überstundenzuschläge plant die Bundesregierung den Arbeitsmarkt ab 2026 auch für Teilzeitkräfte attraktiver zu...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Buffett kauft Google, Bitcoin stürzt ab - beginnt jetzt der große Marktumbruch?
17.11.2025

Die Märkte taumeln und die Nvidia-Aktie wird in wenigen Tagen zum Brennpunkt der globalen Finanzwelt. Kleinanleger überraschen die Wall...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Absturz unter 93.500 Dollar verunsichert Anleger – geht der Krypto-Crash weiter?
17.11.2025

Der Bitcoin erlebt turbulente Tage: Kursabstürze, Liquiditätsstress und widersprüchliche Analystenstimmen prägen die Lage. Während...

DWN
Panorama
Panorama Globale Anti-Tabak-Strategien unter Druck: WHO-Konferenz warnt vor Rückschritten
17.11.2025

Eine weltweite Initiative zur Eindämmung von Tabak- und Nikotinprodukten steht vor Herausforderungen: Trotz internationaler Abkommen setzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum unter EU-Durchschnitt: Deutsche Wirtschaft 2026 mit vorsichtiger Erholung
17.11.2025

Die deutsche Wirtschaft startet 2026 voraussichtlich wieder durch, bleibt aber hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Laut der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche besucht Golfstaaten: Investitionen, Erdgas und Partnerschaften im Fokus
17.11.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche reist mit einer Wirtschaftsdelegation in die Golfregion, um die bilaterale Zusammenarbeit zu...