Politik

Scholz versucht sich als Bauminister – und verschweigt den Hauptgrund der Krise

Bundeskanzler Scholz gibt Tipps, wie die Krise des Bausektors überwunden werden könnte. Ein Hauptgrund für die Misere bleibt aber unerwähnt. Scholz zufolge müsse auch deshalb viel gebaut werden, weil Deutschland bald 90 Millionen Einwohner habe.
13.11.2023 09:52
Aktualisiert: 13.11.2023 09:52
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzler Olaf Scholz hat ein radikales Umdenken in der Baupolitik gefordert. Das Problem für die in einer schweren Krise steckenden Bauwirtschaft seien derzeit nicht die hohen Zinsen, sondern unter anderem fehlendes Bauland und der Bau nicht benötigter Wohnungen, sagte Scholz am Sonntagabend bei einer Veranstaltung der Zeitung Heilbronner Stimme.

„Für ganz Deutschland kann man sagen: Wir brauchen wahrscheinlich 20 neue Stadtteile in den meist gefragten Städten und Regionen – so wie in 70er Jahren“, betonte der SPD-Politiker. Das Bauen auf der sogenannten grünen Wiese habe man in den vergangenen Jahren nicht gewollt, es sei aber notwendig, sagte er mit Blick auf den Wohnungsbedarf und die Annahmen einer wachsenden Bevölkerung. „Deshalb muss ein Umdenken in dieser Frage stattfinden“, forderte der Kanzler.

Scholz rechnet mit 90 Millionen Einwohnern

Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung mit einer wachsenden Bevölkerung rechnet, obwohl Deutschland in einer schweren demografischen Krise steckt und zu überaltern droht.

Doch angesichts der massiven und ungesteuerten Migration steigt die Bevölkerungszahl weiter. Scholz selbst gab Ende 2022 an, dass die Bevölkerungszahl auf 90 Millionen Menschen ansteigen werde, wie das Handelsblatt berichtet.

Lesen Sie dazu: Weik: Die große Migration hat noch gar nicht begonnen

„Wir haben weit über 80 Millionen Einwohner, das geht aber weiter hoch“, sagte der SPD-Politiker im Dezember 2022 in Potsdam bei einem Bürgerdialog in seinem Bundestags-Wahlkreis. „Das Statistische Bundesamt hat eine Rechnung vorgelegt, die ganz plausibel ist, dass es weiter gegen 90 Millionen wächst“, fügte er hinzu.

Derzeit hat Deutschland laut Statistischen Bundesamt 84 Millionen Einwohner.

Mehr Bauland

Es brauche zudem eine politische Verabredung, mehr Bauland zur Verfügung zu stellen und auch dort höhere Bauten zuzulassen, wo dies verhindert worden sei. Scholz deutete zudem an, dass die Bundesregierung noch mehr Geld für den geförderten Wohnungsbau zur Verfügung stellen könnte.

„Also, wenn wir die 18 Milliarden Euro für geförderten Wohnungsbau, die wir bereitgestellt haben, loswerden, gucken wir bestimmt, ob wir noch mehr packen können“, sagte er. Aber die Mittel müssten überhaupt erst einmal abfließen. Scholz verwies darauf, dass es einen Überhang von hunderttausenden Baugenehmigungen gebe, die Zahl der Neubauten aber dennoch zurückgingen.

Der Kanzler verwies zudem darauf, dass die Bundesregierung mit Vereinbarungen etwa zum seriellen Bauen, dem Bürokratieabbau und besseren Abschreibungsmöglichkeiten bereits viele Anreize für billigeres Bauen gesetzt habe. Er warf einigen Investoren vor, sich verspekuliert zu haben. „Es sind nicht die richtigen Wohnungen geplant worden“, kritisierte Scholz und verwies darauf, dass viel zu viele hochpreisige Wohnungen gebaut worden seien.

Er habe nichts dagegen, wenn Menschen beim Kauf 9.000 bis 11.000 Euro oder bei der Miete 18 bis 21 Euro pro Quadratmeter zahlen wollten. Die Frage sei aber, wie viele Menschen dies zahlen könnten. Der Kern sei, Wohnungen zu bauen, die auch gebraucht würden.

Kein Wort zu Klima-Gesetz GEG

Den Hauptgrund dafür, warum die deutsche Baubranche in einer schweren Krise steckt, nannte Scholz aber offenbar nicht:

Die im sogenannten „Gebäude-Energien-Gesetz“ verankerten Klima-Vorgaben verteuern und verkomplizieren Bauen in Deutschland derart, dass sich potenzielle Bauherren zurückhalten – auch, weil aus der Politik immer wieder unvorhergesehene und undurchdachte Initiativen wie das sogenannte „Heizungsgesetz“ des Wirtschaftsministers vorgebracht werden.

Bemerkenswert ist zudem Scholz' Aussage, wonach das Probem für die Bauwirtschaft derzeit nicht die hohen Zinsen seien. Damit widerspricht der Kanzler sämtlichen Medienberichten, denen zufolge der Anstieg des Znsniveaus in den vergangenen Monaten die wichtigste Bremse für die Branche sei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Warum die Rekordausgaben der Tech-Giganten zum Risiko werden
10.12.2025

Die Tech-Konzerne pumpen Milliarden in künstliche Intelligenz und treiben ihre Investitionslast auf historische Höhen. Doch aus dem...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen den Klimawandel: EU-Einigung auf Klimaschutzziel für 2040
10.12.2025

Die neuen Klimaziele der EU stehen fest: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bei der...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsmarkt: Angebot an Mietwohnungen steigt in Ostdeutschland
10.12.2025

Angebot runter, Preise rauf. Doch jetzt dreht sich der Trend – zumindest in Ostdeutschland. Allerdings nicht im Berliner Umland, dafür...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Selenskyj will Neuwahlen möglich machen - Ukraine könnte binnen 60 bis 90 Tagen wählen
10.12.2025

Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 fanden keine Wahlen in der Ukraine statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten lief im Mai...

DWN
Politik
Politik Trump-Doktrin: Weshalb die USA plötzlich Russlands Linie bedienen
10.12.2025

Mit provokanten Aussagen über Putin, Selenskyj und die Zukunft Europas treibt Donald Trump eine neue US-Außenpolitik voran, die immer...

DWN
Technologie
Technologie Stromexport: Frankreich produziert klimafreundlichen Überschuss
10.12.2025

Frankreich produziert in den kommenden Jahren deutlich mehr Strom, als das Land verbraucht. Diese Überkapazität eröffnet neue...

DWN
Politik
Politik Wird Brüssel das Verbot konventioneller Motoren lockern und E-Auto-Quoten für Unternehmen einführen?
10.12.2025

Die EU stellt die Weichen für die Zukunft der europäischen Autoindustrie. Brüssel erwägt eine Abschwächung des Verbots klassischer...

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...