Politik

Wasserstoff aus Afrika: Scholz und das Prinzip Hoffnung

Die Bundesregierung setzt mit Blick auf die Zukunft auf Wasserstoff aus Afrika. Dessen gesicherte Lieferung ist mehr als unwahrscheinlich.
20.11.2023 10:28
Aktualisiert: 20.11.2023 10:28
Lesezeit: 3 min
Wasserstoff aus Afrika: Scholz und das Prinzip Hoffnung
Die Bundesregierung will in großem Still Wasserstoff aus Afrika importieren. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die afrikanischen Länder ermutigt, in großem Maßstab in die Produktion von klimafreundlichem Wasserstoff einzusteigen. "Die Compact-with-Africa-Konferenz soll das Signal aussenden: Sie können auf Deutschland als Partner zählen", sagte Scholz am Montag in Berlin auf der Investitions-Konferenz im Rahmen der G20-Compact with Africa-Initiative.

Mit dem "Power to X"-Entwicklungsfonds und weiteren Maßnahmen unterstütze man Länder mit dem entsprechenden Potenzial dabei, lokale Wasserstoffwirtschaften und deren Wertschöpfungsketten aufzubauen. "Und wir werden grünen Wasserstoff in großen Mengen abnehmen", betonte der Kanzler.

Das Wachstumspotential in Afrika sei riesig und eine Kooperation mit den afrikanischen Ländern sei zur Lösung globaler Fragen unumgänglich, sagte der Kanzler.

Scholz lobte die Pläne für die Schaffung einer panafrikanischen Freihandelszone. "Eine funktionierende Freihandelszone wird gleichzeitig auch das Marktpotenzial für Investoren enorm erhöhen", sagte er. Die Bundesregierung habe eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen, um Unternehmen beim Engagement auf dem afrikanischen Markt zu unterstützen.

Beobachter sind skeptisch

Beobachter sehen die Pläne der Bundesregierung, in Zukunft in großem Umfang Wasserstoff aus Afrika zu beziehen, allerdings skeptisch.

So wies der Energie-Experte Hans-Günter Appel in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten auf den Umstand hin, dass der Aufbau der dem Wasserstoffbezug zugrundeliegenden Infrastruktur äußerst kostenspielig und vor allem kompliztiert ist.

Es sei alleine sachon unwahrscheinlich, so Appel, dass in den Krisenländern der Sahelzone der für die Wasserstoffherstelluing benötigte Strom aus Solarkraft in großem Umfang sicher und kostengünstig hergestellt werden könne.

Darüber hinaus führen auch die physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff dazu, dass bei der Herstellung, dem Tansport und der Umwandlung in Wärmeenergie oder Strom bedeutende energetische Verluste anfallen.

Appels Fazit: bei der sogenannten Wasserstoff-Wirtschaft, wie sie die Bundesregierung propagiert, handelt es sich um ein Luftschloss.

Was ist der "Compact with Africa"

Zu Beratungen über eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Europa kommen an diesem Montag die Staats- und Regierungschefs zahlreicher afrikanischer Staaten nach Berlin. Hauptthemen der Konferenz "Compact with Africa" (CwA) sind die Stärkung privater Investitionen auf dem europäischen Nachbarkontinent und die Zusammenarbeit bei nachhaltiger Energieversorgung.

Die Konferenz geht auf eine Initiative Deutschlands im Jahr 2017 während seines Vorsitzes in der Gruppe der G20-Staaten zurück. Diese zielt darauf ab, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den CwA-Staaten zu verbessern, um sie attraktiver für ausländische private Investitionen zu machen.

Inzwischen gehören 13 Länder des afrikanischen Kontinents der Staatengruppe an: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Ghana, Guinea, die Demokratische Republik Kongo, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo, und Tunesien. Weitere Staaten sind an einer Aufnahme interessiert. Daher kommen auch Vertreter von Angola, Kenia und Sambia nach Berlin.

An dem Gipfel in Berlin nehmen auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und der niederländische Regierungschef Mark Rutte teil. Der Gastgeber, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wird die Konferenz nach Angaben aus Regierungskreisen auch zu mehreren bilateralen Gesprächen mit einzelnen Staats- und Regierungschefs nutzen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Teilnehmer zu einem Mittagessen ins Schloss Bellevue eingeladen.

Bürgerkrieg, Korruption, Staatsstreiche - und Rohstoffe

In Berlin wird eingeräumt, dass auch Mitglieder des "Compact with Africa" nicht gegen Rückschläge etwa durch Bürgerkriege, Putsche, die Corona-Pandemie oder die Folgen des Ukraine-Krieges gefeit seien. Zuletzt ereignete sich in der Sahelzone eine regelrechte Putsch-Serie.

Andererseits zeige die Initiative Wirkung, so wird in Berlin behuptet. So hätten sich die CwA-Länder im Vergleich zu den anderen Staaten Afrikas erheblich besser von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erholt. Im vergangenen Jahr sei ihr Wirtschaftswachstum angeblich doppelt so hoch gewesen wie das der anderen afrikanischen Staaten, so wird behauptet. 2022 hätten die Mitglieder eine Versechsfachung der angekündigten ausländischen Direktinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr erzielt.

Umgekehrt profitieren auch Deutschland und Europa von dieser Zusammenarbeit, wie die Bundesregierung betont. Der afrikanische Kontinent ist reich an Bodenschätzen, die auch die deutsche Wirtschaft benötigt. Das gilt ebenso für Gas- und Ölvorkommen, die als Übergangsenergiequelle gebraucht werden. Auch nach dem Ausstieg aus fossiler Energie ist der afrikanische Kontinent nach Berliner Lesart durch ein hohes Potenzial an Sonnen- und Windkraft und der Möglichkeit zur Produktion von günstigem grünen Wasserstoff interessant.

Das riesige Potenzial des afrikanischen Kontinents sei bislang nicht ausreichend genutzt worden, heißt es in der Bundesregierung. Dies hänge aber auch mit Defiziten bei Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung von Menschenrechten, mit der verbreiteten Korruption sowie mit praktischen Problemen wie der Konvertierbarkeit von Währungen zusammen. Solche Hindernisse aus dem Weg zu räumen, sei das Ziel von "Compact with Africa".

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