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Ist ein Investment in Dividenden-Aristokraten sinnvoll?

Anleger setzen auf Aktien, die seit vielen Jahren stetig Dividenden ausschütten und erhöhen. Besonders beliebt sind sogenannte Dividenden-Aristokraten oder Dividendenadel - Unternehmen die Jahr für Jahr verlässlich Dividenden gezahlt haben, ohne die Gewinnausschüttung zu kürzen. Ist dieses Anlegerverhalten sinnvoll?
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24.12.2023 09:41
Aktualisiert: 24.12.2023 09:41
Lesezeit: 3 min
Ist ein Investment in Dividenden-Aristokraten sinnvoll?
Dividenden-Aristokraten sind besonders beliebt unter Anlegern, doch Experten sind kritisch. (Foto: iStock.com/undefined undefined) Foto: undefined undefined

Dividendenaktien sind unter Anlegern populär. YouTube-Videos über passives Einkommen mit Dividende erzielen hohe Aufrufzahlen. Die Aktien von Unternehmen, die eine hohe Dividende bezahlen, gelten als sicher und renditestark.

Besonders beliebt sind sogenannte Dividenden-Aristokraten oder Dividendenadel. Diese Unternehmen haben Jahr für Jahr verlässlich Dividenden gezahlt, ohne die Gewinnausschüttung zu kürzen. Manche Firmen haben die Dividenden im Schnitt um fünf bis 10 Prozent pro Jahr erhöht.

Häufig gelten 25 Jahre von stetigen Dividendenausschüttungen als Richtwert, um als Dividendenaristokrat zu gelten. Manche Dividenden-Aristokraten-ETFs enthalten auch Firmen mit 10 Jahren stetigen Gewinnausschüttungen.

Experten sind kritisch

Experten sehen die Dividenden-Aristokratenstrategie indes kritisch. „Wir halten den Fokus auf Dividendenstrategien für weniger sinnvoll, sondern würden eher breitere faktorbasierte Strategien empfehlen“, erklärt der Kapitalmarktanalyst Pascal Kielkopf vom Vermögensverwalter HQ Trust.

Dividendenstrategien würden die Faktoren Quality und Value übergewichten. Bei Faktoren handelt es sich um Eigenschaften von Aktien, die zu einer Überrendite führen sollen. Quality meint dabei profitable Unternehmen mit geringer Verschuldung. Diese sind laut Kielkopf eher in der Lage, Dividenden jahrelang zu zahlen oder zu erhöhen.

Value bezeichnet günstig bewertete Unternehmen mit geringen Wachstumsraten. Solche Unternehmen seien bereits in einer Stabilisierungs- oder Ertragsphase und zahlten daher typischerweise Dividenden, erklärt Kielkopf. „Als ,faire’ Benchmarks für Dividendenstrategien können daher Quality-Value-Strategien herangezogen werden.“

Für DWN hat Kielkopf die Quality-Value-Strategie mit der Dividenden-Aristokratenstrategie verglichen. Das Ergebnis: Quality-Value lief wesentlich besser. Demnach stieg der „S&P 500 Multifactor QVM“-Index von 1995 bis 31. Oktober 2023 um über 2550 Prozent (Faktor 26,5). Der „S&P 500 Dividend Aristocrats“ stieg hingegen bloß um den Faktor 22,5. Der S&P 500 stieg um das 15,75-fache (circa 1475 Prozent).

Vergleicht man den ältesten ETF auf diesen Quality-Value-Index (Auflage im Mai 2017) mit einem ETF auf den S&P 500 Dividend Aristocrats, dann liegt der Quality-Value-ETF ebenfalls vorne. Letzterer rentierte mit insgesamt mehr als 80 Prozent (ISIN: IE00BDZCKK11), während der Dividenden-Aristokraten-ETF bloß knapp 60 Prozent einfuhr (ISIN: IE00B6YX5D40). Kielkopf hält es daher für klüger, direkt in Faktoren wie Quality und Value zu investieren anstatt auf Dividenden-Aristokraten zu setzen.

Quality-Faktor als Ursache für Outperformance

Auch der US-Finanzökonom Larry Swedroe rät von der Dividenden-Aristokratenstrategie ab. Er untersuchte in einem Blogbeitrag die Performance der größten beiden Dividenden-Aristokraten-ETFs in den USA und stellte ebenfalls fest, dass die ETFs Value- und vor allem Quality-Aktien übergewichten. Swedroe verglich daher die ETFs mit einer fairen Benchmark und stellte wie Kielkopf eine Underperformance fest.

Dividenden-Aristokraten-Strategien seien letztendlich Quality-Strategien, folgert Swedroe daher. Es sei das Quality-Merkmal der Dividenden-Aristokraten, das für die Outperformance verantwortlich sei. Quality-Aktien hätten zwischen 1958 und 2018 um 4,7 Prozent pro Jahr besser rentiert als Aktien, die nicht als Quality gelten würden.

Allerdings könnten Quality-Aktien und Dividenden-Aristokraten künftig schlechter rentieren als der breite Markt, warnt Swedroe. Der Faktor Quality sei durch mehrere Studien aus dem Jahr 2013 bekannt geworden. „Die Popularität der Strategie könnte dazu führen, dass der Handel überfüllt ist, was zu höheren Bewertungen und niedrigeren erwarteten Renditen führt.“

Der Finanzökonom Hartmut Walz warnt auf seinem Finanzblog davor, die vergangene Dividendenentwicklung in die Zukunft fortzuschreiben. In Zeiten der Digitalisierung und der Klimaschutzpolitik könne es durchaus sein, dass die Geschäftsmodelle von Dividendenaristokraten wie Walmart oder ExxonMobile unter Druck geraten würden.

Zudem gelänge beeindruckendes prozentuales Wachstum vor allem, solange Unternehmen klein seien. „Mit zunehmendem Alter und wachsendem Nenner, wird es bei den meisten Geschäftsmodellen immer schwieriger, die Wachstumsdynamik aufrecht zu erhalten.“

Laut Kielkopf sollte nicht die Höhe der Ausschüttungen den Ausschlag geben, sondern die Höhe der Gesamterträge. Das bringe unter dem Strich mehr. Außerdem könne man auch Aktien oder Fondsanteile jederzeit verkaufen, um Konsumausgaben zu finanzieren.

Dividendenpolitik ist irrelevant für Rendite

Larry Swedroe sieht ebenfalls zwischen Dividendenausschüttungen und Anteilenverkäufen keinen grundsätzlichen Unterschied. Bereits die Nobelpreisträger Merton Miller and Franco Modigliani hätten in einer Studie aus dem Jahr 1961 gezeigt, dass die Dividendenpolitik irrelevant sei für die Höhe der Erträge – zumindest vor Steuern und Handelskosten.

Wenn ein Unternehmen eine Dividende von einem US-Dollar ausschütte, sinke der Aktienkurs um einen US-Dollar. Der Markt preist also Dividenenausschüttungen sofort in die Kurse ein. Dividenden sind keine Zusatzerträge.

Dividendenausschüttungen sind sogar steuerlich nachteilig. Wer Fondsanteile selbst verkauft, anstatt Dividenden zu beziehen, kann selbst kontrollieren, wie viel Geld er sich pro Jahr ausschütten lässt. Dadurch kann es nicht passieren, dass zu viel Geld in einem Jahr ausgeschüttet wird, welches man sofort versteuern muss und welches keine Zugewinne mehr im Fonds abwerfen kann.

Ein weiterer Nachteil: Wer in ETFs mit Dividenden-Aristokraten investiert, muss in der Regel höhere Gebühren in Kauf nehmen als bei marktbreiten Welt-ETFs. Wer Einzelaktien kauft, ist weniger diversifiziert und trägt somit mehr Risiko.

Eine günstigere und breiter diversifizierte Alternative sind daher ETFs auf weltweit streuende Indizes wie den MSCI World, die Ausschütter sind. Etwa lag die Ausschüttungsquote bei einem „MSCI World“-ETF in den vergangenen vier Jahren zwischen 1,2 und 2,1 Prozent pro Jahr (etwa ISIN IE00B0M62Q58). Anleger erhielten also Dividendenausschüttungen zwischen 120 und 210 Euro bei einem Investment von 10.000 Euro.

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Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

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