Wirtschaft

Industrie kann Exporte steigern - aber Umsätze schrumpfen

Im November kam es zu einem starken Anstieg der Ausfuhren. Ein Befreiungsschlag oder nur ein kurzes Zwischenhoch? Denn die Umsätze schrumpfen weiter.
08.01.2024 10:27
Aktualisiert: 08.01.2024 10:27
Lesezeit: 2 min
Industrie kann Exporte steigern - aber Umsätze schrumpfen
Ein Mann geht hinter einer Glasfasade am Altonaer Holzhafen entlang. (Foto: dpa) Foto: Georg Wendt

Die deutsche Industrie sendet gemischte Signale: Ihre Exporte stiegen im November so stark wie seit über anderthalb Jahren nicht mehr, während die Neuaufträge nahezu stagnierten und die Umsätze sogar schrumpften.

Die Ausfuhren nahmen wegen der besseren Nachfrage aus der EU und China um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 131,2 Milliarden Euro zu, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das ist das größte Plus seit Februar 2022. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 0,3 Prozent gerechnet, nachdem es zuvor zwei Rückgänge in Folge gegeben hatte. Zudem wuchsen die Importe nach zuvor fünf Rückgängen in Folge erstmals wieder, und zwar um 1,9 Prozent auf 110,8 Milliarden Euro.

"Der kräftige Anstieg der Exporte ist ein Paukenschlag, aber wohl kaum ein Befreiungsschlag", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Denn die Auftragsentwicklung signalisiert, dass keine großen Sprünge mehr zu erwarten sind. Das Neugeschäft wuchs im November nur um 0,3 Prozent zum Vormonat - wobei das Inlandsgeschäft zulegte, die Auslandsnachfrage aber abnahm. Ökonomen hatten mit einem mehr als dreimal so starken Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet, nachdem es im Oktober noch einen Einbruch von 3,8 Prozent gegeben.

Damit lag der Auftragseingang im weniger schwankenden Dreimonatsvergleich von September bis November um 4,5 Prozent niedriger als von Juni bis August. Erneut gesunken ist zudem der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe: Er fiel um 0,7 Prozent geringer aus als im Oktober.

Lagerbestände sehr niedrig

"Die Unternehmen können die schwächere Nachfrage auch deshalb nicht mehr auffangen, weil ihre Auftragsbestände nach dem Abarbeiten der während Corona liegen gebliebenen Aufträge mittlerweile zu niedrig sind", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Das spreche für ein weiteres Schrumpfen der Industrieproduktion. "Wir erwarten weiter, dass die deutsche Wirtschaft 2024 um 0,3 Prozent sinken wird", so der pessimistische Ausblick Krämers.

Die Bundesregierung hofft aber auf einer Trendwende. "Während sich bei den Auftragseingängen aus dem Inland in zentralen Bereichen zuletzt eine Stabilisierung andeutet, belastet die schwache Auslandsnachfrage, insbesondere aus dem Euroraum, weiterhin die Industriekonjunktur", betonte das Bundeswirtschaftsministerium. Eine Erholung dürfte aber im Zuge der binnenwirtschaftlichen Belebung und einer wieder anziehenden Auslandsnachfrage "im Laufe der ersten Jahreshälfte einsetzen". Hohe Zinsen, teure Energie und die maue Weltkonjunktur belasten derzeit die Nachfrage.

Strukturelle Probleme

Das Exportgeschäft mit den EU-Mitgliedstaaten legte im November um 5,4 Prozent auf 71,5 Milliarden Euro zu. Wichtigster Abnehmer von Waren "Made in Germany" blieben die USA, obwohl die Exporte dorthin diesmal um 1,4 Prozent auf 13,4 Milliarden Euro sanken. Die Ausfuhren nach China nahmen dagegen um 3,1 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro zu.

Die Exporteure blicken trotzdem wenig optimistisch auf das neue Jahr. Das Barometer für ihre Exporterwartungen gab im Dezember um 2,6 auf minus 6,7 Punkte nach, wie das Ifo-Institut bei seiner Unternehmensumfrage herausfand. "Die Unternehmen sehen für den Jahresbeginn wenig positive Perspektiven", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Eurowind-Rückzug erschüttert US-Markt: Warum Europa nun wichtiger ist
14.12.2025

Der überraschende Rückzug des dänischen Energieparkentwicklers Eurowind aus den Vereinigten Staaten trifft eine Energiebranche, die...

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...