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Vererben einer Immobilie: Worauf Erben und Erblasser achten müssen

Lesezeit: 3 min
21.01.2024 11:00
Wer eine Immobilie erben kann, muss sich oft auf saftige Erbschaftssteuern gefasst machen. Das muss aber nicht sein. Der Erblasser kann bereits zu Lebzeiten Vorkehrungen treffen, um die Immobilienvererbung einfacher und effektiver zu gestalten. Was es beim Vererben von Immobilien zu beachten gibt und wo eine Schenkung sinnvoller sein kann.
Vererben einer Immobilie: Worauf Erben und Erblasser achten müssen
Haus zu vererben: Für Erben gibt es viel zu beachten, manchmal ist eine frühzeitige Schenkung sinnvoller!
Foto: Benedikt Spether

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Immobilien vererben: Wertermittlung und wie es funktioniert?

Grundsätzlich können Immobilien mithilfe eines Testaments, eines Erbvertrags oder in der gesetzlichen Erbfolge weitergegeben werden. Jede dieser Methoden hat ihre individuellen Vor- und Nachteile.

Testament

Das Testament ist der altbewehrte Weg, um seine Wünsche aus dem Jenseits geltend zu machen. Dieses muss zwingend von einem Notar beglaubigt werden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn der Vererbende sich nicht an die gesetzliche Erbfolge halten will oder potenzielle Miterben existieren. Ist im Testament nicht klar definiert, wem das Erbe zusteht, kann die Situation entstehen, dass der Erbende Miterben auszahlen muss. Um all das zu verhindern, muss das Testament klar gestaltet werden.

Wichtig! Ein Testament, das am Computer verfasst und handschriftlich unterschrieben wurde, ist nicht gültig. Es muss entweder vollständig handschriftlich oder notariell beglaubigt sein.

Erbvertrag

Ebenso wie das Testament muss auch der Erbvertrag notariell bekundet werden. Anders als im Testament muss hier aber sowohl Erbe als auch Vererbender unterzeichnen – es handelt sich im juristischen Sinne mehr um eine Abmachung. Der Vorteil eines Erbvertrages ist, dass die beiden Parteien nicht verwandt sein müssen. Das ist zum Beispiel bei unverheirateten Paaren günstig.

Gesetzliche Erbfolge

Gibt es weder ein Testament noch einen Erbvertrag, ist die gesetzliche Erbfolge (§ 1924 BGB) der einzige legale Weg. In dieser Folge werden zuerst (eingetragene oder verheiratete) Partner, Kinder und Enkel, dann Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen beerbt.

Erbschaftssteuer

Je höher das zu vererbende Gesamtvermögen, desto höher auch die Erbschaftssteuer. Die Erbschaftsklasse sind bis 600.000 EUR eng berechnet und springen dann schnell auf 6.000.000 EUR. Bei Immobilien ist man schnell am Freibetrag angekommen.

Je nach Verwandtschaftsgrad ändert sich die Erbschaftsklasse. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner genießen den höchsten Freibetrag von rund 500.000 EUR. Kinder fallen auf 400.000 EUR. Bei Enkeln halbiert sich der Betrag bereits auf 200.000 EUR.

Neben dem Gesamtwert ist auch die Verteilung des Erbes entscheidend für de Steuer. So kann der Freibetrag besser genutzt werden, wenn das Vermögen aufgeteilt wird. Zwei Geschwister können steuerfrei eine 800.000 EUR-Immobilie erben, ein Einzelkind dagegen darf sich bei einem Wert von 800.000 EUR auf einen Steuersatz von 15% freuen.

Es gibt über den Freibetrag hinaus aber auch andere Möglichkeiten, um die Erbschaftssteuer zu drücken oder völlig zu eliminieren:

Erbe als Familienheim

Bewohnt der erbende Ehegatte, Lebenspartner oder die Kinder die Immobilie mindestens 10 Jahre lang selbst, darf diese steuerfrei vererbt werden. Hier ist es weniger Erbe und mehr „Übertrag“ auf die überlebenden Parteien. Im Fall von einem Erbe an Kinder dürfen 200 Quadratmeter Wohnfläche allerdings nicht überschritten werden, um die Steuerfreiheit beizubehalten.

Erbe von vermieteten Immobilien

Handelt es sich um eine vermietete Immobilie, ist der Erbe innerhalb von 3 Monaten nach Annahme verpflichtet, dies dem Finanzamt zu melden. Dieses beauftragt daraufhin einen Sachverständigen, der den aktuellen Wert der Immobilie schätzt. Nach Ende des Verfahrens werden für die vermietete Immobilie Erbschaftssteuern gemäß 90% des Verkehrswerts fällig.

Je nach Verwandtschaftsgrad und damit verbundener Erbsteuerklasse können so die Steuern gedrückt werden. Erbt der Sohn also zum Beispiel ein Haus mit Verkehrswert 650.000 EUR, fällt der Wert durch die 10% Abzug auf 590.000 EUR und bleibt so unterhalb der 15%-Schwelle.

Sonderfall: Beide Ehepartner stehen im Grundbuch

Wenn beide Ehepartner zur Hälfte im Grundbuch der Immobilie eingetragen sind, können diese von einem Sonderfall gebrauch machen. Hier kann jeder Partner seinen Freibetrag an das Kind „abgeben“. Das heißt im Klartext: Beträgt der Immobilienwert 800.000 EUR, kann diese steuerfrei an das Kind übertragen werden, weil so zwei Mal der Freibetrag von 400.000 EUR für erbende Kinder ausgeschöpft wird.

Schenkung statt Erbe

Im Gegensatz zum Erbe ist eine Schenkung eine Möglichkeit, bereits zu Lebzeiten Vermögen auf die Lieben zu verteilen. In diesem Fall geht der Besitz, inklusive Rechte und Pflichten, direkt auf den Begünstigten über. Eine Schenkung muss zwingend notariell beurkundet werden.

Ähnlich wie beim Erbe fällt auch hier eine Schenkungssteuer an, die sich ebenfalls am Verwandtschaftsgrad orientiert. Die Freibeträge belaufen sich auf 400.000 EUR. Der Vorteil zum Erbe ist, dass Freibeträge nicht einmalig, sondern alle 10 Jahre genutzt werden können – das macht eine Schenkung zu Lebzeiten de facto günstiger als ein Erbe. Wer es klug anstellt und sich früh genug um das Thema Schenkung kümmert, kann so die Immobilie also in mehreren Schritten verschenken und genießt damit enorme Steuervorteile.

Beispiel: Alexander schenkt seiner Tochter Anna die Familienimmobilie mit einem Wert von 800.000 EUR über 20 Jahre hinweg, einmal mit 60 und nochmal mit 80 – und das steuerfrei dank zweifacher Nutzung der Freibeträge.

Zudem hat eine Schenkung den Vorteil, dass durch ein eingetragenes Wohnrecht sichergestellt werden kann, dass die Immobilie weiter für den Schenkenden bewohnbar ist. Auch ein im Grundbuch eingetragenes Nießrecht kann die Wohnrechte des Schenkenden sichern.

Früh das Erbe planen

Die wenigsten Menschen denken zu Lebzeiten gerne über ihr Lebensende nach. Dennoch ist ein Erbplan der einzige Weg um sicherzustellen, dass die Lieben versorgt sind, wenn man nicht mehr da ist. Es gibt Fälle, in denen Immobilien steuerfrei vererbt werden können. Allerdings sind die Freibeträge, insbesondere auf den seit Jahren explodierenden Immobilienpreisen, keine zu 100% sicheren Marker. Man läuft Gefahr, seinen Lieben neben Trauer auch einen Batzen an Steuern zu hinterlassen. Eine Schenkung zu Lebzeiten ist dagegen planbarer – und lohnt sich umso mehr, wenn man früh darüber nachdenkt.


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