Politik

Ehe nein, Vertrag ja: Justizminister bietet neues Modell für Lebensgemeinschaften

Lesezeit: 2 min
06.02.2024 16:08  Aktualisiert: 06.02.2024 16:08
Die Bundesregierung will Alleinstehenden, die zusammen leben und wohnen, eine rechtliche Absicherung anbieten. Justizminister Marco Buschmann von der FDP nennt das neue geplante Rechtsinstitut der Bundesregierung eine Verantwortungsgemeinschaft. Was steckt hinter dem Vorstoß?
Ehe nein, Vertrag ja: Justizminister bietet neues Modell für Lebensgemeinschaften
Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat mal wieder eine Reform-Idee: Ehe und eingetragener Lebensgemeinschaft will er um eine Wahlverwandtschaft ergänzen. (Foto: dpa)

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Wenn Marco Buschmann von der FDP, als Zeremonienmeister der Bundesregierung genauso versiert wie als Discjockey, entspannt zur Pressekonferenz ruft, drohen Justiz und Gesellschaft mal wieder gewöhnungsbedürftige Neuerungen. Diesmal geht es um das Zusammenleben. Der liberale Minister will die Möglichkeiten für Bürger rechtlich erweitern. Die Notare im Lande bekommen zugleich ein neues Produkt auf den Tisch.

Buschmann rekurriert auf Goethe und lobt die Wahlverwandtschaften

Buschmann betonte diese Woche in Berlin, dass ihm keine „Ehe light" vorschwebt. Er insinuiert lieber Goethe und spricht von „Wahlverwandtschaften". Alleinstehende, die gemeinsam leben wollen, sollen als Wohn-Partnerschaft (und nicht nur als WG) besser rechtlich abgesichert werden. Eine Reform der Bundesregierung, allerdings mit klarem und liberalem Impetus. Die FDP muss schließlich trommeln, sie liegt derzeit ebenso klar unter der Fünf-Prozent-Hürde und droht bei der nächsten Wahl, den Bundestag zu verlassen.

Marco Buschmann liefert. Sogar der Sozialverband VdK ist positiv gestimmt und deren Präsidentin Verena Bentele sogar ein wenig gerührt. Der fürsorgliche Staat legt Bekenntnis ab und entert die Privatsphäre. Nicht unbedingt, was man von liberaler Politik erwarten würde. Nun sollten Rechten und Pflichten allerdings genaustens definiert werden, so Bentele und verweist auf eines ihrer Lieblingsthemen: das Pflegegeld.

Bestimmung präzise abgrenzen, ein weites Feld für Notare

So weit ist die Ministerialbürokratie freilich noch gar nicht. Zunächst geht es um die Zielgruppen-Bestimmung: Senioren-WGs, enge Freundschaften, aber auch räumlich verflechtet, Alleinerziehende in einem gemeinsamen Haushalt. Mehrgenerationenhäuser, wo theoretisch Großeltern und Enkel vertragsähnliche Beziehungen eingehen. Ein weites Feld, um Goethe mal Fontane entgegenzusetzen. Buschmann hat erst einmal nur Eckpunkte geliefert.

Klar ist jedenfalls, dass das alles über eine Rechtsform abgesichert wird - so wie es die GmbH inzwischen auch in klein gibt in Deutschland. Es geht nicht um Liebe, schon gar nicht um Hochzeit, es geht um das Vertragswesen und Vertretungsvollmachten. Buschmann gefällt sich in der Rolle des Modernisierers.

Vor allem Auskunftsansprüche bei Ärzten und Krankenhäusern benennt er explizit. Und tatsächlich ist dies eine recht weit verbreitete Sorgen sogar in „wilden Ehen", dass dem Partner etwas zustößt und man nicht einmal ans Krankenbett vordringt - insbesondere bei Auslandsreisen.

Großartige Kritik gibt es keine, eher einzelne Bedenken

Grundvoraussetzung aus Sicht des Justizministers ist ein notariell substantielles Dokument unter Volljährigen. Schön für den Berufsstand! Aus der Sicht der CDU ein weiterer neuer „Kostenfaktor für die Bürger", wobei grundsätzliche Kritik sich üblicherweise anders anhört. Die SPD befürchtet neue Formen der Ausbeutung. In Frankreich seien nicht nur Latin lover unterwegs, sondern auch Bezugspersonen weit verbreitet, die das „unbezahlte Kümmern" ausnutzen - die sogenannte Care-Arbeit. „Das darf in Deutschland nicht passieren", warnt der SPD-Abgeordnete Jan Plobner.

Farbenfrohe Ampel: Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, ist jedenfalls diesmal ganz bei der FDP. Eine Verantwortungsgemeinschaft bedeute Fortschritt für homosexuelle Menschen, auch sie könnten so endlich ihre Wahlfamilie rechtlich absichern. die sie in Alltag und Notfällen absichere.

Zum Autor:

Peter Schubert ist stellvertretender Chefredakteur. Seit dem 1. November schreibt er bei den DWN über Immobilien, Politik und Wirtschaft.


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